Vom Regen in die Traufe
Schweden, Finnland, dem Baltikum und Deutschland. Nun ja, sp ä ter dann, als die Inselgruppe in den Zwanzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts auf Beschluss des V ö lkerbundes an Finnland angeschlossen worden war, hatte sie ein Dasein am Rande des neuen Mutterlandes gefri s tet.
Hermanni konnte sich den Hinweis nicht verkneifen, dass Lappland erst recht eine bedeutende Lage hatte. Im S ü den grenzte es an Gro ß -Finnland, im Westen an den Atlantik, im Osten an das riesige Russland und im Norden ans Eismeer und den Nordpol.
Lena gab zu, dass Lappland im Sommer zauberhaft war, aber die winterliche Dunkelheit bedr ü ckte vermutlich die Leute. Hermanni wusste jedoch zu entgegnen, dass man den Winter im Schein des Polarlichtes verbrachte.
» Als Taschenlampe benutzen wir den Polarstern. «
Bevor sie einschlief, m ü de nach dem Tag an der frischen Luft, stellte sich Lena vor, wie es wohl f ü r sie w ä re, wenn es Hermanni tats ä chlich gel ä nge, einen Krieg zu entfachen. Die M ö glichkeit war durchaus gegeben, verr ü ckt genug waren die Leute hier oben im Norden. Und wenn er den Krieg gewinnen w ü rde, dann … Lena malte sich aus, dass sie die Geliebte eines Guerillachefs und sp ä ter die Ehefrau des Mannes w ä re, der f ü r die Bildung der Ü bergangsregierung zust ä ndig sein w ü rde. Sie k ö nnte w ä hrend der internationalen Friedensverhandlungen, warum nicht auch generell, Dolmetscher- und Diplomatenau f gaben ü bernehmen. Sie w ü rde sich an die Spitze einer Stiftung zugunsten von Kriegswaisen und -witwen stellen und in der Welt herumreisen, um vom heldenhaften Kampf des tapferen Volkes zu berichten und so finanzielle Mittel und diplomatische Anerkennung f ü r den neuen Staat der kleinen Leute zu sa m meln. Lena schlief mit dem Gedanken ein, dass sie unter diesen Umst ä nden wom ö glich zur m ä chtigsten Reederin Europas w ü rde, zu einer Frau, die mehr Einfluss hatte, als sie zu nutzen imstande sein w ü rde. Lena liebte ihre kindlichen Tr ä ume, und sie z ö gerte sie hinaus, bis sie gl ü cklich einschlief.
Am Morgen erwachte Lena frisch und munter. Hermanni schlief neben ihr noch seinen tiefen Holzf ä llerschlaf, sein Brus t korb hob und senkte sich in einer Art, die Sicherheit ausstrah l te. Lena bemerkte, dass sie nackt war, wie praktisch. Sie ging nach drau ß en ans Flussufer und glitt langsam in das k ü hle Wasser, um sich zu waschen. Zun ä chst jedoch stand sie bis zum Hals im Fluss, die Zehen im Grund vergraben, und betrachtete die Sonne, die im Osten aufgegangen war.
Am Ufer des Junttijoki lauerten Scharen seltsamer M ä nner, die sich ganz still verhielten. Sie hatten auf der B ö schung Stative aufgestellt, um Feldstecher und Kameras darauf zu befestigen. Die Teleobjektive starrten mit unversch ä mten Glotzaugen auf die nackte Frau im Fluss. Lena Lundmark hatte ü ppige Br ü ste, einen schmucken Nabel und eine bildh ü bsche Bauchrundung, alles was recht war. Aber wenn man ganz genau hinsah, stellte man fest, dass die Kameras und Feldst e cher an der weiblichen Sch ö nheit vorbei und auf die B ü sche am gegen ü berliegenden Flussufer gerichtet waren, wo das zarte Fl ö ten eines H ä hers zu h ö ren war. Verdutzt und w ü tend rannte Lena ins Zelt, um Hermanni zu wecken.
Es zeigte sich, dass sich in der Nacht und am Morgen mi n destens f ü nfzig Ornithologen ans Flussufer geschlichen hatten, echte Freaks, die den hei ß en Tipp bekommen hatten, dass ein ü beraus seltener Gr ü nschwanzh ä her aufgetaucht war. St ä ndig trafen weitere M ä nner und auch ein paar Frauen ein. Die we i teste Anfahrt hatten die Leute aus Oulu gehabt, aber es war zu erwarten, dass am Vormittag noch Ornithologen aus He l sinki und Turku dazuk ä men, dass die Esten und S ü dschweden bis Mittag und die D ä nen gegen Abend eintreffen w ü rden. Die mit Tarnanz ü gen und Gummistiefeln bekleideten Vogelfans liefen mit gl ü henden Blicken herum und fragten, wann jener H ä her zuletzt gesichtet worden sei und wo er sich jetzt verst e cke.
Da blieb dem Paar nichts anderes ü brig, als aufzustehen und sich anzuziehen. Nach einem leichten Feldfr ü hst ü ck bestellte Lena ein Taxi und fuhr mit Hermanni ins Hotel zur ü ck. Dort traf ein endloser Strom von Autos aus dem S ü den ein, andere Ank ö mmlinge hatten sich vom Flughafen Ivalo aus ein Taxi genommen, denn dort waren mit der Fr ü hmaschine hundert weitere Freaks gelandet.
Frau Lena Lundmark konstatierte, dass der
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