Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vom Regen in die Traufe

Vom Regen in die Traufe

Titel: Vom Regen in die Traufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
Bursche seine Geschichte wieder und wieder erz ä hlte, musste er notgedrungen aufw a chen. Mit dem Schlaf war es f ü r diese Nacht vorbei. Gegen f ü nf Uhr erschien ein Sanit ä ter der franz ö sischen Marine, um den K ö rper des brabbelnden Patienten von der Ö lschicht zu befre i en. Ein strenger Geruch nach L ö sungsmi t teln und schwerem Heiz ö l verbreitete sich im Raum.
    Doktor Sorjonen gewann den Eindruck, dass besagter Pat i ent vor einiger Zeit auf einem philippinischen Viehtranspor t schiff als Decksmann angeheuert hatte. In Auckland war das Schiff mit achtzigtausend Schlachtl ä mmern beladen worden, die nach Jordanien gebracht werden sollten. Nach zweit ä giger Fahrt war das Schiff schon mitten im Stillen Ozean gewesen, und alles hatte bis dahin gut geklappt, lediglich zweihund ert Schafe waren in den Verschlä gen eingegangen. Die Kadaver hatte man ohne viel Federlesens ü ber Bord geworfen. Dann war im M a schinenraum ein Feuer ausgebrochen, und viele philippinische Maschinisten waren im siedenden Ö l verbru t zelt.
    Der Rest der Mannschaft hatte eine Weile ü berlegt, was mit den armen Viechern zu tun sei. Der Kapit ä n hatte erkl ä rt, dass Schafe seines Wissens nicht schwimmen konnten, auf jeden Fall aber nicht in der Lage w ä ren, Tausende Kilometer bis ans Festland zu paddeln. Und sie zu t ö ten war ein hoffnungsloses Unterfangen, es gab nicht gen ü gend Beile oder Pistolen, auch war nicht die Zeit, auf einem brennenden Schiff achtzigta u send Schafe zu schlachten. Nichts zu machen, jetzt ging es um das Leben der Mannschaft, sie musste das Schiff verlassen.
    Jener Patient in Sorjonens Nachbarbett hatte immerhin noch aus Barmherzigkeit hundert Schafe geschlachtet, ehe auch er einsehen musste, dass sein eigenes Leben wichtiger war als das Schicksal der Schafe. Das Schiff hatte bereits starke Schlagseite gehabt, und so war er am Fallreep hinuntergekle t tert, um sich schwimmend zu retten, und im Meer hatte er sich dann ü ber und ü ber mit Ö l beschmiert. Sechzehn Stunden sp ä ter hatte ein indisches Frachtschiff die Mannschaft aufg e nommen. Ein Teil der Leute war anschlie ß end zur medizin i schen Behandlung auf die Cookinsel Rarotonga geflogen worden, einzig ihn, den Neuseel ä nder, hatte eine Maschine der franz ö sischen Luftwaffe an Bord genommen.
    Um den Mann zu beruhigen, erz ä hlte Doktor Sorjonen ihm seine eigene Geschichte, die k ü rzer und nicht ganz so dram a tisch war. Gemeinsam kamen sie zu dem Schluss, dass ein t ü chtiger Drink gut t ä te, wenn nur erst der Morgen k ä me. Der schwer gebeutelte Seemann wurde allerdings noch vor dem Morgen zu weiteren Untersuchungen abgeholt.
    Alarmiert durch ein Fax von Lena, begaben sich Hermanni und Ragnar am n ä chsten Morgen ä ngstlich zum Flugplatz, um Sorjonen abzuholen, aber er tauchte nicht auf. War der Doktor vielleicht schon vergangene Nacht angekommen, als eine fr ü h e re Maschine aus S ü dostasien gelandet war? So blieb ihnen nichts weiter ü brig, als die Kliniken von Papeete zu durchk ä m men. Sie fragten im allgemeinen ö rtlichen Krankenhaus, ob ein Finne dort aufgetaucht sei. Nein, aber es war jemand geko m men und hatte nach Finnen gefragt. Auch im Privatkranke n haus hatte man Sorjonen nicht gesehen, das Personal fragte allerdings verwundert, was die Finnen eigentlich f ü r Leute waren, da sie sich gegenseitig in Krankenh ä usern suc h ten. War es in Finnland ü blich, sich in Kliniken zu verabreden?
    Im Hospital der franz ö sischen Marine wurden sie f ü ndig, Doktor Seppo Sorjonen lag allein f ü r sich in einem Zimmer, schl ä frig und an den Tropf angeschlossen. Auf dem Nach t schrank stand ein franz ö sisches Fr ü hst ü ck bereit: Kaffee und Croissants sowie ein Glas Calvados. Der Mann, der da im Bett lag, war in den Vierzigern, er hatte blondes Haar und einen blonden Bart und sah so finnisch aus, dass Hermanni Heiskari ihm ohne zu z ö gern die Hand reichte und fragte:
    » Doktor Sorjonen, nehme ich an? «
     

30
     
    Am n ä chsten Tag war Doktor Seppo Sorjonen so weit von seinem Reisefieber genesen, dass man ihn zu Hermanni Heisk a ri und Ragnar Lundmark ins Hotel entlassen konnte. Nun galt es, die Situation zu er ö rtern.
    Sorjonen war ä u ß erst verwundert, dass beide Reisende mu n ter wie die Fische im Wasser waren. Benommen aber hatten sie sich wohl eher wie Esel, ohne dass er damit irgen d etwas gegen Esel sagen wollte. Ragnars Bein war nicht gebr o chen, war es nie gewesen, und

Weitere Kostenlose Bücher