Vom Regen in die Traufe
gestellt hatte, war dem angemessen gew e sen. Aber jetzt, da sich das Jahr seinem Ende n ä herte, hatte sich ihre finanzielle Situation wegen der Schwierigkeiten in ihrer Reederei radikal verschlechtert, und somit war ihr Leben nicht mehr so ungeheuer viel wert wie noch vor einem halben Jahr. Da der Wert ihres Lebens gesu n ken war, war auch die daf ü r zu zahlende Belohnung nicht mehr so hoch, fand sie. Diese Tats a che sollten die beiden leichtlebigen Herren gef ä lligst beachten. Lena schloss ihren Brief mit dem Wunsch nach R ü ckkehr der beiden und mit lieben Gr üß en an Hermanni wie auch an Ra g nar.
Mit ernstem Blick rollte Ragnar das Fax zusammen. Die be i den schwiegen eine Weile. Dann meinte der Oberst: » Um diese Jahreszeit fallen in Finnland Graupelschauer. «
» Ja, g e nau. «
Ragnar gab zu, dass er im letzten halben Jahr f ü r Hermanni und sich selbst die besten und zugleich auch teuersten Hotels gew ä hlt hatte. Sie hatten die leckersten Delikatessen der Welt genossen. Sie hatten edle Sportarten betrieben, in der Tat. Sie hatten sich unter der Anleitung f ä higer Lehrer mit kultivierten Dingen besch ä ftigt. Sie waren mit den Maschinen der besten Fluggesellschaften geflogen und weit gekommen. All das war Fakt. Lena beklagte nicht zu Unrecht die hohen Ausgaben.
Auch Hermanni musste zugeben, dass man Lena nicht wir k lich kleinlich nennen konnte, selbst wenn sie sich ü ber die Kosten aufregte. Zweifellos hatte er in letzter Zeit mehr Geld verbraten als in seinem ganzen bisherigen Leben. Sogar viel mehr, als ein alter fliegender Holzf ä ller in zwei oder auch drei Leben ausgeben kann.
» Wir m ü ssen wohl nach Europa zur ü ckkehren « , meinte er gedankenverloren, denn immerhin war er der Br ä utigam und somit am festesten an Lena gebunden.
» Tja … Europa. Das ist nat ü rlich auch ein Erdteil « , seufzte Ragnar ohne allzu gro ß e Begeisterung.
Hermanni stellte Ü berlegungen an, welche europ ä ischen L ä nder besonders preiswert waren, wo der Tourist also am meisten f ü r sein Geld bek ä me. Er z ä hlte auf:
» Bulgarien, Rum ä nien, Polen? Albanien? «
Ragnars Gesicht f ä rbte sich grau. Regenschauer auf einer schmutzigen polnischen Dorfstra ß e verlockten wahrlich nicht dazu, eine Reise dorthin zu planen. Und auch Hermanni erspa r te sich Reklamefloskeln von moderner bulgarischer Architektur oder rum ä nischer Esskultur. Auch der neue freie Lebensstil in Albanien war beiden kein Anlass zu echter B e geisterung. Von den billigen L ä ndern Europas kamen event u ell noch die T ü rkei oder Portugal infrage, f ü r den Fall, dass Lena sie allen Ernstes aus Tahiti zur ü ckbeordern w ü rde.
» Am besten, ich setze mich hin und entwerfe einen Antwor t brief an Lena « , entschied Oberst und Butler Ragnar Lundmark. » Ich kenne n ä mlich meine Nichte. Sie ü bertreibt wahrscheinlich bei ihren finanziellen Schwierigkeiten, weil sie Sehnsucht hat und ihren Br ä utigam bei sich haben will. «
Ragnar verfasste noch am selben Abend einen sorgf ä ltig fo r mulierten, eindringlichen Brief, den er als Fax nach Maaria n hamina schickte.
» Liebe Lena! Ich danke dir sehr f ü r deine sehnsuchtsvollen Worte, die dein Br ä utigam und ich lange und and ä chtig st u diert haben. Und so beeilen wir uns, dir gleich zu antworten, damit du dir keine Sorgen um uns machst.
Wir haben also hier auf dieser Insel, die zu Frankreich g e h ö rt, flei ß ig die verschiedensten Kavalierssportarten trainiert. Hermanni Heiskari ist heutzutage bereits ein vollendeter Gentleman. Was das betrifft, k ö nnten wir sehr wohl in billig e re Gegenden Europas und sp ä ter auch nach Finnland zur ü ckke h ren. Im Grunde genommen hatten wir uns sogar schon die Tickets f ü r den R ü ckflug besorgt, als eine ü berraschende und an sich traurige Wende eintrat. Hoffentlich bist du nicht allzu ersch ü ttert, aber ich muss dir gestehen, dass wir in letzter Zeit nicht ganz gesund waren. Hermanni hat bereits seit einer W o che Fieber, und wir bef ü rchten, dass er an Malaria erkrankt ist. In diesem Zustand kann er auf keinen Fall reisen. Unser hies i ger Arzt hat vorsichtig prognostiziert, dass die Krankheit nach intensiver Chininbehandlung vielleicht innerhalb von drei Wochen oder einem Monat abklingt, sodass wir dann wieder bereit w ä ren, unsere wenigen Sachen zu packen und die Reise nach urspr ü nglichem Plan fortzusetzen.
Hermannis Erkrankung muss durchaus ernst genommen werden, und leider
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