Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
Sie betrachtet die Steinskulptur. »Nur leider führen die meisten Leute lange, erfüllte Leben, ohne ihres jemals zu erkennen. Verschiedene Tiere bringen verschiedene Zwecke, verschiedene Bedeutungen mit sich. Und zufälligerweise ist deines, der Rabe, ein viel Glück bringendes Tier. Er steht für Magie, Bewusstseinswandel und eine verblüffende Verwandlungskraft.« Sie sieht mich an, und ihre Augen strahlen vor Stolz, während sie weiterspricht. »Er fliegt hoch in die Dunkelheit, nur um mit dem Licht zurückzukehren. Er flüstert dir die Geheimnisse der Magie zu, aber diese Geheimnisse dürfen nie verraten werden. Die Ankunft des Raben kündigt die
Erfüllung der Prophezeiung an.« Sie presst sich die Hand auf den Mund, von Gefühlen überwältigt, die ich nicht ganz nachvollziehen kann. »Außerdem scheint der Wind dein Element zu sein. Oh, nieta !«, ruft sie mit gepresster, heiserer Stimme. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass du es so schnell entscheidest, deshalb habe ich es noch nicht erwähnt. Solche Dinge kommen meistens erst viel später in der Ausbildung. Das ist wirklich sehr unerwartet, ganz im Ernst.«
»Äh, ist das … gut ?«, frage ich und versuche immer noch, mit dem Anblick des Steins – und ihren Worten – zu Rande zu kommen, doch ich bin verwirrter als je zuvor.
»Das ist mehr als gut!« Sie lächelt und schlägt die Hände zusammen. »Es ist wunderbar! Aber eigentlich hätte ich es mir denken können. Du stammst von einer sehr kräftigen Blutlinie ab – einem Stammbaum, der auf beiden Seiten starke Magie birgt. Und darüber hinaus steckt in dir auch Djangos ungenutztes Potenzial, es musste ja irgendwo hin, und so hat es den Weg zu dir gefunden.« Ihre Worte lassen eine Frage in mir aufsteigen, die ich bisher nicht zu stellen gewagt habe.
»Wenn du sagst, ein kräftiger Stammbaum, der auf beiden Seiten starke Magie birgt … «
Paloma wirft mir einen besorgten Blick zu, als spürte sie bereits, was für eine Frage nun kommt, was – so wie ich sie kenne – vermutlich auch der Fall ist.
»Was heißt das? Wer ist Djangos Vater – mein Großvater?«
Sie seufzt, und ihre Stimme spiegelt die Resignation auf ihrer Miene wider, als sie mir antwortet. »Er heißt Alejandro.«
»Ist er – dann lebt er also noch?« Ich freue mich über die Vorstellung, zwei lebende Großelternteile zu haben.
»Nein, nieta . Leider lebt er nicht mehr in der Art, die du
meinst. Aber genau wie Django ist er überall gegenwärtig, und deshalb lehne ich es ab, von ihm in der Vergangenheit zu sprechen. Alejandro und ich wurden aus einem Grund zusammengebracht. Seine Familie stammt von einer langen Linie mächtiger Schamanen ab – Alejandro war als Jaguarschamane der höchsten Ordnung bekannt. Unsere Verbindung wurde von unseren Eltern in der Hoffnung arrangiert, dass daraus eine Nachkommenschaft hervorgeht, die jene Gaben in sich trägt, die ich in dir sehe. Doch es hat nicht lange gedauert, da haben wir auch gelernt, einander zu lieben, und deshalb war ich am Boden zerstört, als er wegen eines Notfalls in der Familie nach Südamerika gerufen wurde und sein Flugzeug kurz nach dem Start abgestürzt ist. Kurz danach merkte ich, dass ich schwanger war – ganz ähnlich wie bei Jennika und Django. Ich fürchte, Suchende sind nicht gerade für ihre glücklichen langjährigen Beziehungen bekannt, nieta . Das ist ein Teil des Erbes, dem du hoffentlich entkommen wirst.«
Ich brauche einen Augenblick, um das zu verdauen – dass ich zwei Großväter und eine Großmutter jeweils bei einem Flugzeugabsturz verloren habe und dass Paloma kurz nach Alejandros Tod von ihrer Schwangerschaft erfahren hat. Wie seltsam sich doch die Geschichte wiederholt.
»Es ist kein Zufall, nieta .« Sie spricht die Worte aus, die ich mir verkniffen habe. »Die dunklen Mächte sind verantwortlich für diese Tragödien. Es ist ihr Versuch, uns daran zu hindern, Nachwuchs zu zeugen, der sich eines Tages dem Kampf gegen sie anschließen wird. Aber sie sind beide Male zu spät gekommen, es war bereits ein Kind unterwegs – eines davon warst du.«
»Deshalb glaubst du also, dass ich so rasche Fortschritte mache, weil das ganze ungenutzte Potenzial jetzt endlich freigesetzt wird?«
Palomas Miene wird heiterer. »Auf seiner ersten Reise gleich das Lied des Windes zu vernehmen …« Sie schüttelt den Kopf und lässt den Blick in die Ferne schweifen. »Das ist praktisch noch nie vorgekommen. Weißt du, dass dich das zu einer
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