Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
Fällen dauert es Jahre, sie zu entschlüsseln. Allerdings habe ich das Gefühl, dass es bei dir schneller gehen wird als bei den meisten.«
»Aber ich dachte, du hättest gesagt, ich soll meine Visionssuche beginnen, und jetzt redest du von einer Reise auf dem Weg des Geistes, und, na ja, das verwirrt mich ein bisschen. Was denn nun? Und was ist der Unterschied?«
»Es ist alles Teil desselben, und es wird sich alles bald klären.« Ihre Schultern heben und senken sich und signalisieren mir, dass dies das Ende der Erklärung war, obwohl sie mich damit nur noch mehr durcheinandergebracht hat.
Sie bedeutet mir, mich zu setzen, während sie eine Schublade durchwühlt und mit einem kleinen Wildlederbeutel zurückkehrt, der ganz ähnlich aussieht wie der, den sie selbst trägt. Sie hängt ihn mir um den Hals und sagt: »Suchende haben viele Werkzeuge, aber das hier ist wahrscheinlich das wichtigste von allen. Du musst es immer tragen. Du darfst es zum Schlafen und zum Duschen abnehmen, wenn du möchtest, aber du musst es immer griffbereit und in Sichtweite
haben. Niemals darfst du ohne es das Haus verlassen. Und niemals darfst du jemand anders erlauben, es zu tragen oder hineinzusehen, nicht einmal kurz, sonst verliert es seine Kraft.«
Ich halte es vor mich – ein weiches, gelbliches Stück Leder, das ganz und gar nicht so bedeutend aussieht, und bin mir nicht sicher, ob das wirklich zu mir passt. Nicht ganz sicher, wie ich es in meine gewohnt minimalistische Uniform von engen Jeans, Armeejacke und Tanktop einbauen soll. Ich hab’s gern schlicht. Accessoires sind nicht so mein Ding.
Paloma geht zur Arbeitsfläche und hantiert mit irgendetwas herum, ehe sie mit dem Topf zurückkehrt und ihn vor mich hinstellt. Zu zweit starren wir auf den Raben mit den violetten Augen, der auf einem Bett ausgekochter Kräuter liegt.
»Da Rabe sich als dein Geisttier offenbart hat, muss dieser Talisman für alle Zeit bei dir bleiben. Steck ihn in den Beutel, dann hast du stets Zugang zu seiner Weisheit und findest Orientierung, wenn du sie brauchst. Was er will, leuchtet einem vielleicht nicht immer unmittelbar ein, aber du musst lernen, ihm zu vertrauen. Mit der Zeit wirst du noch andere Gegenstände hinzufügen – Dinge, die sich dir auf dem Weg offenbaren. Fürs Erste bist du aber allein mit dem Raben. Verstehst du, nieta ? Verstehst du, wie ernst das alles ist?«
Ich nicke, als verstünde ich es, aber, ehrlich gesagt, verstehe ich es nicht. Doch es entspricht ihren Erwartungen, und sobald ich den Raben hineingesteckt habe, scheint sie sich zu entspannen.
Im nächsten Moment schnappt sie sich die schwarze Tasche und bedeutet mir, ihr zu folgen, während sie in den Hof hinausgeht und auf den alten Jeep zusteuert, den sie in der angebauten Garage stehen hat.
»Wohin fahren wir?«, frage ich, während ich vom Geruckel des Jeeps auf der holperigen, ungeteerten Straße gegen den Sicherheitsgurt gepresst werde. Ich blinzele in die Dunkelheit und versuche mich zu orientieren, doch es hat keinen Zweck – diese Stadt ist mir ein Rätsel.
»Zu deiner Visionssuche«, antwortet sie und umfasst das Lenkrad fester, als die Straße noch schlechter wird. »Bitte nutze die Zeit, um dich auszuruhen«, fährt sie fort. »Du wirst all deine Kraft brauchen, wenn du durchhalten willst.«
»Wenn?« Ich drehe mich auf meinem Sitz herum, bis ich ihr direkt ins Gesicht sehen kann. Meine Augen treten praktisch aus den Höhlen, während ich auf ihre Erklärung warte.
»Es gibt keine Garantien«, antwortet sie mit ruhiger, fester Stimme. »Aber ich zweifle nicht daran, dass du es überstehen wirst.«
Ich drehe mich zurück zum Fenster und habe keine Ahnung, was ich darauf sagen soll. Ihre Worte haben mich viel zu sehr aufgewühlt, um auch nur an Ausruhen zu denken.
Wir fahren viele Meilen weit. Es geht durch mir unbekanntes Gelände, das immer holperiger wird, je weiter wir kommen. Und als wir schließlich anhalten, als Paloma nur wenige Meter vor dem Wasser bremst, sehe ich, dass wir nicht allein hier sind – Chay holt soeben zwei Pferde aus dem Anhänger, Kachina und seinen Appaloosa.
»Ich muss dich jetzt leider verlassen«, sagt Paloma mit traurigem Unterton. »Zu diesem Teil deiner Reise gehört ein langer Ritt, und meine alten Knochen eignen sich nicht für den Sattel.« Sie versucht zu lächeln, doch da ist noch etwas dahinter, etwas, das ich nicht ganz greifen kann. Im nächsten Moment wendet sie sich ab, zückt ein Taschentuch, das
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