Vom Tod verführt: Roman (German Edition)
Fragen prasselten auf den Wagen ein.
Wir kamen kaum voran, und als wir auf die Einfahrt fuhren, wäre Hollys Auto fast zum Mordwerkzeug geworden. Wenigstens hielten sich die Reporter an die Regeln und blieben auf dem Bürgersteig. Aber sie brauchten das Grundstück auch nicht zu betreten, um uns ihre Fragen zuzubrüllen und die Kameras auf uns zu richten.
» Du verschwindest nach drinnen, ich lenke sie ab«, entschied Holly, als sie den Motor abstellte. Dann schaute sie schnell noch mal in den Rückspiegel und überprüfte, ob die Jacke ihres tadellosen Hosenanzugs auch ordentlich saß.
Ich nickte nur. Holly war Anwältin. Klappern gehörte zu ihrem Handwerk. Gleichzeitig öffneten wir die Türen. Ein Ansturm von Fragen hagelte auf uns ein. Hollys Lächeln erstrahlte in voller Wattstärke, während ich mich wegduckte und auf meine Wohnung zuhielt.
» Miss Craft, können Sie uns eine Erklärung…«
» …zuerst über Coleman erfahren…«
» …Sie haben das Muster beschrieben, das Sie sahen…«
» …das Feenvolk verantwortlich für den Zauber…«
Ich blieb abrupt stehen. Ich hatte nur einzelne Wörter und Satzfetzen mitbekommen, doch es hatte ganz den Anschein, als wüssten sie Bescheid über…
Ich wirbelte herum, entdeckte Lusas Gesicht in der Menge und deutete auf sie. » Was haben Sie gerade gefragt?«
Lusa trat vor, schob sich aus dem Meer der Mikrofone nach vorne. » Wissen Sie, woher der Zauber auf Colemans Leiche stammt? Ist es Feen- oder Hexenmagie?«
Die Welt schien für einen Moment aus ihrer Bahn zu geraten. Mit offenem Mund starrte ich die lächelnde Lusa an und spürte, wie mein Kinn herabsackte.
» Alex, geh rein!«, schrie Holly.
Ich klappte den Mund wieder zu. Woher, zum Teufel, weiß sie von dem Zauber? Mein Blick glitt über die Menge. Woher wusste auch nur irgendeiner von ihnen davon?
Die Aufzeichnung.
Ich drehte mich auf dem Absatz um, rannte am Haus entlang und wäre fast über Fred, unseren freundlichen hauseigenen Gargoyle gestürzt.
Er hieß nicht wirklich Fred, aber wie die meisten Feenwesen mochte er seinen richtigen Namen nicht preisgeben. Vor ein paar Jahren hatte ich angefangen, ihn Fred zu nennen, in der Absicht, ihn damit so zu ärgern, dass er mir verriet, wie ich ihn stattdessen ansprechen sollte. Zu meinem Erstaunen schien ihm der Name aber zu gefallen. Oder es interessierte ihn einfach nicht, wie ich ihn nannte, jedenfalls nicht genug, um sich darüber aufzuregen.
Obwohl ich nie gesehen hatte, dass sich Fred bewegt hätte, wanderte er über das Grundstück, entfernte sich allerdings nie weit von der Garage.
Meistens stellte ich ihm eine Schale Milch hin, die er offensichtlich mochte. Ich hatte den Eindruck, dass er den Garten bewachte und gegen andere Gargoyles verteidigte, weil unser Grundstück ein äußerst begehrtes Territorium war. Magie zog eben Magie an, und Caleb gebrauchte eine Menge davon. Elfen, die ungebunden waren und nicht im Feenhügel lebten, wohnten nun mal im Glen.
» Dem grünen Mann wird all dieser Rummel nicht gefallen«, erklang Freds Gedankenbotschaft in meinem Kopf. Er nannte Caleb stets nur den » grünen Mann«.
» Erzähl mir was, was ich nicht weiß«, maulte ich. Ich machte einen Bogen um ihn, dann lief ich die Treppe hinauf und nahm immer zwei Stufen auf einmal.
PC sehnte sich nach Aufmerksamkeit. Er sprang an mir hoch– was er besser nicht getan hätte, obwohl sein Bein gut heilte–, als ich in meine Wohnung stürzte. Doch ich rannte gleich weiter, blieb nur kurz stehen, um den Zeigefinger so lange in das Loch zu bohren, wo der Einschaltknopf des Fernsehers hätte sein sollen, bis der Bildschirm zu summen begann und sich mit Farbe füllte.
Lusa Duncan erschien, im Hintergrund unser Haus. » Alex Craft ist gerade zurückgekehrt. Bis jetzt haben wir noch keine Antworten erhalten auf all die Fragen, die das Video aufwirft, das erst vor ein paar Stunden im Internet auftauchte und Alex’ schockierende Enthüllung über den vor Kurzem verstorbenen Gouverneur enthält.« Sie verschwand, und mein Gesicht war zu sehen. In meinen Augen glühte Schattenmagie, während ich auf Colemans Kopf und seine nackte Brust starrte.
Dann richtete sich mein Blick auf jemanden, der nicht im Bild zu sehen war.
Ich verstand meine eigenen Worte nicht, nahm das, was ich am vergangenen Tag im Leichenschauhaus gesagt hatte, nicht wahr. Denn Panik erfüllte mich, rauschte in meinem Kopf, übertönte jeden anderen Laut.
Das Bild wechselte erneut. Nun
Weitere Kostenlose Bücher