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Vom Tod verführt: Roman (German Edition)

Vom Tod verführt: Roman (German Edition)

Titel: Vom Tod verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kalayna Price
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Trieben, ihre rot gefärbten Widerhaken waren eine deutliche Warnung.
    Die Finger des Geistes glitten durch mein Handgelenk und trieben Grabeskälte in meine Knochen. Seine schimmernde Gestalt wurde durchscheinend. Stirnrunzelnd betrachtete er seine Hand. Er griff erneut nach mir, und wieder glitten seine Finger durch meinen Arm.
    Ich lächelte. Und danach zu urteilen, wie erschrocken er zurückwich, war es wohl nicht mein herzlichstes Lächeln.
    Er hob die Hände, formte Worte, die alles bedeuten konnten zwischen » Tut mir leid« und » Bitte hilf mir«.
    Eines Tages würde ich Lippen lesen lernen. Aber nicht jetzt.
    Ich verschränkte die Arme und machte einen Schritt nach hinten. » Lass uns ein paar Grundregeln festlegen. Also, ich helfe umherirrenden Seelen weder dabei, Rache zu nehmen, noch übermittele ich Grüße aus dem Grab an die zurückgebliebenen Lieben. In dem Geschäft bin ich nicht. Kapiert?«
    Sein Stirnrunzeln vertiefte sich, doch er nickte.
    » Gut. Du folgst mir, seit ich im Leichenschauhaus war. Weißt du etwas über eine der Leichen?«
    Seine Lippen öffneten sich, und er nickte so heftig, dass er seine schimmernde Brille wieder die Nase hochschieben musste.
    Okay, also kamen wir nun doch weiter. » Über welche der beiden?«
    Seine Lippen bewegten sich; mit lebhaften Gesten unterstrich er seine Antwort.
    Ich hob eine Hand, um seinen stillen Wortschwall zu stoppen. Seine Schultern sanken nach unten, er stieß einen lautlosen Seufzer aus.
    Denk dran, Alex, mahnte ich mich selbst . Lediglich Fragen, die man mit Ja oder Nein beantworten kann!
    Ich räusperte mich. » Weißt du etwas über den Tod von Gouverneur Coleman?«
    Er legte den Kopf schief, als müsse er über meine Frage nachdenken. Dann nickte er, senkte langsam den Kopf und hob ihn wieder.
    Nun, das war weder eine beruhigende noch eine alarmierende Antwort, aber besser als gar nichts.
    Schweißperlen traten mir auf die Stirn. Sehr lange konnte ich meinen so eng geschlossenen Schild nicht mehr aufrechterhalten. Ich deutete mit dem Kopf auf eine Ecke des Raums und machte dem Geist ein Zeichen, dass er mir folgen sollte. Dorthin, wo ein Kreis in den Boden geätzt war. Die Begrenzung enthielt noch einen summenden Nachhall magischer Energie, auch wenn die Barriere im Moment nicht aktiv war.
    » Hinein mit dir!«, forderte ich den Geist auf.
    Er zögerte an der eingeätzten Linie und schob die Fäuste in die Taschen seiner ausgebeulten Jeans.
    » Hey, du willst mit mir reden? Dann ab mit dir in den Kreis! Wenn nicht, such dir gefälligst eine andere Schattenhexe, die du belästigen kannst.«
    Natürlich hoffte ich, dass er mich nicht beim Wort nahm und verschwand. Ich meine, für den Fall, dass er wirklich etwas über Coleman wusste. Er hatte ja bereits gespürt, dass er mich berühren konnte, und wenn ich meinen Schild weit genug sinken ließ, um ihn hören zu können, dann würden wir sehr real füreinander sein. Ohne vor ihm geschützt zu sein, war mir das jedoch zu riskant.
    Er brummte irgendetwas, seine Schultern sanken noch tiefer, doch dann trottete er in den Kreis.
    Bevor er es sich anders überlegen konnte, leitete ich Magie aus meinem Ring in die Barriere. Als sich eine durchscheinende blaue Wand zwischen uns materialisierte, lächelte ich und öffnete meinen Schild. Die Ranken entwirrten sich, und ich ließ sie größere Durchlässe schaffen als sonst. Groß genug, dass ich mit meinem Geist weit ins Reich der Toten greifen konnte, aber nicht so groß, dass ich den Abgrund zwischen den Lebenden und den Toten in der Weise überwand, wie ich es tat, wenn ich Schatten beschwor.
    Ich blinzelte, als meine Schattensicht einsetzte und sich der Zerfall des Totenreichs über meine Wohnung legte. Bröckelnder Putz und ein schwaches graues Licht überlagerten meine soliden beigefarbenen Wände, und beides war real.
    Ich konzentrierte mich auf den Geist.
    Sein Haar war von einem tiefen Kastanienbraun, das Gestell seiner Brille aus dickem schwarzem Plastik, wie es immer mal wieder in Mode kam, sowohl bei den Superschicken als auch bei Emo-Kids. Sein Flanellhemd jedoch war fast so langweilig und blass, wie es erschien, wenn ich ihn durch meinen geschlossenen Schild betrachtete, während die ausgebeulte Jeans ein dunkles Blau zeigte.
    » Wie heißt du?«, wollte ich wissen.
    Der Geist sah mich stirnrunzelnd an, und zunächst dachte ich, dass er mir nicht antworten würde– was schon ziemlich komisch gewesen wäre, wenn man bedachte, wie er mich

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