Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vom Tod verführt: Roman (German Edition)

Vom Tod verführt: Roman (German Edition)

Titel: Vom Tod verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kalayna Price
Vom Netzwerk:
genauer anschaute, stellte ich fest, dass er durchaus Colemans jüngerer Cousin hätte sein können. Sein ungekämmter Cousin. Die Größe stimmte, und wenn er sich die Haare hätte schneiden lassen, hätte auch dieses Detail gepasst. Auch die Augen waren gleich. Es machte Sinn, sich jemanden als Ersatz auszusuchen, der einem ohnehin schon ähnlich sah. Also war dieser arme Kerl nur wegen dieser vagen Ähnlichkeit ermordet worden?
    Roy schüttelte den Kopf. » Zwei Wochen? Versuch es mal mit zwölf Jahren!«
    » Moment mal, was war das?«
    » Zwölf Jahre lang ist dieser Bastard mit meinem gestohlenen Körper herumgelaufen. Und dann geht er hin, lässt sich erschießen und wirft meinen Körper weg wie Müll. Wird also jemals irgendjemand erfahren, was mit mir passiert ist? Nein. Sie werden mich unter seinem verdammten Grabstein beisetzen, und meine Familie, meine Freundin werden ewig im Ungewissen bleiben.«
    In meinem Kopf drehte sich alles. Ich trat einen Schritt zurück. Stieß gegen mein Bett und ließ mich auf die Matratze sinken.
    Zwölf Jahre? Das passte. Ungefähr zu der Zeit war Coleman in der politischen Szene von Nekros City aufgetaucht. Wenn es stimmte, was Roy sagte, dann war alles, was Coleman zu sein vorgegeben und woran er zu glauben behauptet hatte, eine einzige Lüge gewesen. Immer vorausgesetzt, ich glaubte dem Geist.
    » Beweis es mir!« Meine Stimme klang sachlich, beherrscht, und ich war stolz darauf angesichts meiner Verwirrung.
    Roy starrte mich an. » Und wie, bitte, soll ich das beweisen?«
    Gute Frage. » Wie hat er diesen Körpertausch bewerkstelligt?«
    » Keine Ahnung. Ich bin… war doch nur ein Mensch. Coleman– damals nannte er sich Aaron– schob mich in einen Kreis und riss ein Loch in die Wirklichkeit. Und dann trat dieses grausige Gespenst von einem Mädchen hindurch, und gemeinsam führten sie das Ritual aus. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, nur an dieses grässliche Gefühl, zerbrochen und auseinandergerissen zu werden, als ich aus meinem Körper gezerrt wurde. Aaron sank zu Boden, und mein Körper stand auf, lief ohne mich herum. Dieser Bastard ist ein Körperdieb.«
    Während Roy gesprochen hatte, war er auf und ab gegangen. Ich sah in meiner Schattensicht, wie sich die Luft um ihn herum zusammenzog und Funken sprühte. Ich war froh, dass ich ihn in den Kreis gesperrt hatte. Er war ein starker Geist.
    Meinem Verstand kam es vor, als würde ich unserer Unterhaltung immer einen Schritt hinterherhinken. Jede Antwort, die mir Roy auf eine meiner Fragen gab, warf neue Fragen auf. Wer war Coleman? Nein, streicht das: Was war Coleman? Und was, um Himmels willen, mochte das für ein Zauber sein, der eine Seele aus einem Körper riss und eine andere hineinzog?
    Ich atmete tief ein, versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Alles, was Roy gesagt hatte, erschien unmöglich oder zumindest höchst unwahrscheinlich. Und vor dem Magischen Erwachen sind Wissenschaft und Logik immerhin die einzigen Wahrheiten gewesen. Nicht einmal die Kinder haben damals mehr an Zauberei geglaubt. Ich stieß erneut die Luft aus.
    » Okay, nehmen wir mal an, ich glaube dir. Was ist dann mit Coleman? Ist er nun endgültig tot, oder hat er einen neuen Körper?«
    Roy blickte auf seine Füße. » Er hat einen anderen Idioten ausgetrickst und um seinen Körper betrogen.«
    » Wen?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    » Na ja, wie hat er ausgesehen?«
    Roy verzog das Gesicht, als würde es ihm schwerfallen, sich zu erinnern. Dann zuckte er erneut mit den Schultern. » Mittleres Alter. Ein Typ mit braunen Haaren.«
    Na wunderbar. Diese Beschreibung traf auf die Hälfte der männlichen Bevölkerung in dieser Stadt zu. Ich wandte den Kopf, und mein Blick fiel auf den Fernseher. Es war nicht einfach, das Bild zu erkennen, weil meine Schattensicht darauf bestand, dass der Bildschirm geborsten war. Doch ich stand immer noch fest genug im Land der Lebenden, dass ich das verzerrte Gesicht von Vizegouverneur Caine– pardon, Gouverneur Caine–, meinem Vater, erkennen konnte.
    Ich hatte schon vor Stunden den Ton abgestellt, aber nun lief ich hinüber und stellte ihn wieder an. Ich konnte kaum abwarten, was mein allerliebster Daddy zu meinem Filmdebüt zu sagen hatte.
    Aber ich verpasste es. Als der Ton wieder einsetzte, hatte mein Vater gerade aufgehört zu reden. Das Gesicht des Nachrichtensprechers erschien auf dem Bildschirm. Und von meinem Daddy war nur noch ein Foto im Hintergrund zu sehen.
    Der Nachrichtensprecher

Weitere Kostenlose Bücher