Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten - wie Sie Konflikte kreativ lösen
Dann kann es sein, dass wir uns grämen und uns selbst nicht vergeben können. Bei vermeintlichen Fehlern unseres Gegenübers verhalten wir uns ebenfalls in dieser Weise – sehen also in ihm einen »Schuldigen«.
Lösungen suchen statt Schuldige
Für unser Konfliktverhalten ist es hilfreich, wenn wir von der Schuldfrage Abstand nehmen. Denn sie leistet meist keinen positiven Beitrag zur Klärung und Lösung. Stattdessen entstehen bei der Suche nach einem Schuldigen weitere Verletzungen, die zu Selbstschutz, Abwehr, Gegenangriff und Sturheit führen. Am Ende sind beide Streitparteien noch mehr verletzt, die Fronten haben sich verhärtet, jeder fühlt sich unverstanden und im Recht.
Manchmal sehen wir einen Fehler, den wir gemacht haben, ein. Dann zeugt es von innerer Größe, wenn wir zu unserem Fehler stehen und uns dafür entschuldigen. Es wird dem anderen helfen, emotional zur Ruhe zu finden. Die Schuldfrage ist dann geklärt, und wir können über Lösungen nachdenken. Wenn wir lernen, unser eigenes Denken und Handeln kritischer zu hinterfragen, wird es immer häufiger der Fall sein, dass wir zumindest erkennen, dass wir auch einen Teil zum Konflikt beigetragen haben. Wenn unser Konfliktpartner nicht in der Lage ist, seinen Teil der Verantwortung zu übernehmen, sollten wir das erkennen. Es macht dann keinen Sinn, dafür zu kämpfen, dass er seinen Beitrag zum Konflikt erkennt und eingesteht. Wenn es uns emotional möglich ist, weil es sich nicht um wirklich Wesentliches handelt, können wir die Schuld auch bewusst auf uns nehmen, um im Klärungsprozess voranzukommen. Das sollten wir dann aber aus einer friedfertigen Grundhaltung heraus tun und nicht aus einer überheblichen Position.
Einfach »dumm gelaufen«?
Eine andere wichtige Frage: Gibt es überhaupt immer einen Schuldigen, einen »Verantwortlichen«? Dazu ein Beispiel:
Das Malheur mit der roten Soße
Vor einiger Zeit kochte ich mit meinem zehnjährigen Patenkind Spaghetti. Wir hatten dabei eine Menge Spaß – wir haben gealbert und gelacht. Der Einfachheit halber richtete ich die Teller mit Spaghetti, Tomatensoße und etwas Parmesan darüber bereits in der Küche an. Ich griff zwei Gläser, das Besteck und einen Krug mit Apfelsaftschorle. Mein Patenkind trug die beiden Teller an den Esstisch. Beim Abstellen der Teller machte der Junge eine gespielte Verbeugung vor mir: »Voilà«, und stellte die Teller schwungvoll auf den Tisch. Ein Teller hatte etwas zu viel Schwung mitbekommen und rutschte über den Tisch hinweg. Die Spaghetti landeten auf meinem hellen Wollteppich.
Sie erfahren gleich, wie die Geschichte weiterging. Doch bitte überlegen Sie vor dem Weiterlesen, welche Antworten Sie geben würden:
Hat jemand Schuld?
Gab es eine böse Absicht?
Wollte der Junge den Teppich der Tante ruinieren?
Wollte die Tante einen Anlass finden, den Jungen ordentlich zu schimpfen?
Gab es etwas zu lernen?
Sollte man beim Kochen überhaupt herumalbern und Spaß machen?
Ist es sinnvoll, einen hellen Wollteppich unter den Esstisch zu legen?
Sollte man das Essen bereits in der Küche auf dem Teller anrichten?
Muss der Junge seinen Schwung, den er dem Teller mitgibt, besser dosieren?
Welche Reaktion wäre angemessen?
So ist es uns ergangen:
Wir standen erst mal ziemlich schockiert vor dem Malheur. Ich sagte, dass ich keine Ahnung hätte, wie wir die Flecken überhaupt wieder aus dem Wollteppich herausbekommen könnten. Und fragte den Jungen, ob er eine Idee hätte. Gemeinsam überlegten wir eine Lösung und setzten diese erfolgreich um. Anschließend teilten wir die Spaghetti vom verbliebenen Teller. Wir hatten jedoch noch immer Hunger. So gingen wir noch einmal in den gegenüberliegenden Supermarkt, kauften noch einmal Spaghetti und Tomatensauce ein, kochten ein weiteres Mal und genossen den zweiten Teil unseres Abendessens. Der Fleck ist inzwischen tatsächlich wieder vollkommen verschwunden. Geblieben ist uns eine nette Geschichte, an die wir uns gern erinnern und über die wir auch im Nachhinein noch herzhaft lachen.
Es gibt manchmal ein Problem, und dafür gilt es eine Lösung zu finden. Wenn wir uns mit der Klärung der Schuldfrage abmühen, belastet das nur die Beziehungsebene, weil es zu Verletzungen führt. Es bringt letztendlich keinen Nutzen zur Lösung des Problems. Hier können wir darauf achten, dass wir unsere Energien sinnvoll und fair einsetzen.
Lernen statt urteilen
Am besten ersetzen Sie im Konfliktfall die Suche nach
Weitere Kostenlose Bücher