Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten - wie Sie Konflikte kreativ lösen
nimmt das Leben unumstritten Einfluss auf uns. Jeder von uns findet bestimmte Bedingungen bei seinem Start ins Leben vor. Hier gibt es keine Gerechtigkeit, denn die Startbedingungen sind äußerst unterschiedlich. Der eine wird in eine Welt hineingeboren, in der seine Eltern seit Jahren sehnsüchtig auf die Geburt ihres ersten Kindes gewartet haben. Er ist erwünscht, ersehnt, liebevoll geborgen. Ein Mädchen in Indien dagegen ist das auch heute noch in vielen Fällen keineswegs.
Auch die Umstände zur Zeit unserer Geburt wirken auf unser Leben ein: Werden wir in ein reiches oder armes Umfeld hineingeboren, mit gebildetem oder ungebildetem, großem oder kleinem Familienkreis? Sind wir Einzelkind oder haben wir Geschwister, sind alle gesund oder ist jemand schwer krank?
Hinzu kommt, dass wir unsere körperliche und psychische Ausstattung, unser Temperament sowie unsere Persönlichkeitseigenschaften, unsere Intelligenz, Talente und Interessen auf diese Welt mitbringen. Man geht heute davon aus, dass unsere Persönlichkeit zu etwa 40 bis 50 Prozent angeboren ist. (Häusel 2006, S. 70)
Der individuelle Lebensweg
Und mit diesen Faktoren machen wir uns auf unseren einzigartigen Lebensweg.
Jeden Tag nehmen wir Eindrücke auf, machen unsere Erfahrungen und lernen etwas über das Leben dazu. Jeder Tag prägt uns. Wir werten unsere Erlebnisse aus. Was ist gut, was ist schlecht? Wovon wollen wir mehr, was wollen wir meiden? Wir bilden daraus Überzeugungen und Meinungen, Werte, Gefühle, Bedürfnisse – es entsteht unsere ganz persönliche Wirklichkeit aus gelebter Erfahrung. Das ist unsere kleine Welt.
Das Ergebnis aus diesen unterschiedlichen Lebenswegen ist, dass es zu jeder Meinung fast immer eine Gegenmeinung gibt – das ist sogar in der Wissenschaft so.
Jeder Mensch hat seine eigene kleine Welt, in der er lebt und die für ihn richtig und wichtig ist. Sie ist seine Wirklichkeit.
Die Welt des anderen verstehen lernen
Als Ergebnis haben wir genauso viele kleine Welten wie Menschen auf dieser Erde. Um uns ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen, versuchen wir möglichst viele Gemeinsamkeiten in unseren kleinen Welten herzustellen. Dafür haben wir uns auf Menschenrechte, Grundgesetze, wissenschaftliche Beweise, moralische und ethische Grundwerte, kulturelle und religiöse Zugehörigkeiten und endlos viele Regeln je nach Gruppenzugehörigkeit geeinigt. Doch wer entscheidet, was wirklich Wirklichkeit ist?
Das Problem: Jeder entscheidet für sich, dass seine Welt und seine Wirklichkeit die einzig richtige ist. Jedem ist seine Welt »heilig«– schließlich ist sie das Ergebnis seines Seins. Wird sie angegriffen, sind wir bereit, dafür zu kämpfen, sie zu verteidigen und zu rechtfertigen – denn wir werden mit unserer Welt ja selbst infrage gestellt.
Je besser wir die Welt eines anderen verstehen oder einfach nur respektieren können, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für eine friedliche Ko-Existenz.
Aber sind wir denn überhaupt in der Lage, die Welt eines anderen kennenzulernen und vielleicht sogar zu verstehen? Aus unserem Glasglockenmodell (siehe Seite 36 ff.) wissen wir, dass das zumindest im Konfliktfall nicht mehr so einfach ist. Und vorher?
Stellen Sie sich einmal Ihre eigene kleine Welt als kleine Weltkugel vor, mit der Sie fest verschmolzen sind. Sie können sie nicht verlassen. Deshalb ist es auch nicht möglich, einfach mal eine Zeit lang auf der Weltkugel eines anderen zu leben. Sie können lediglich ein Fernglas holen und damit die Welt des anderen aufmerksam studieren. Ohne sie gleich mit Ihrer eigenen Welt abzugleichen und somit zu bewerten, können Sie einfach wahrnehmen, was Sie beobachten. Das führt Sie zu der Erkenntnis: Wie ein anderer auftritt, denkt, spricht und handelt, ist das Ergebnis seiner Weltsicht. Aus seiner Wirklichkeit heraus ist das schlüssig und richtig.
Mit diesem Wissen können Sie sich ganz entspannt zurücklehnen und darüber staunen, wie andere so ticken und was es so alles gibt. Auf diese Weise können wir alle jeden Tag unseren Horizont erweitern, indem wir andere Wirklichkeiten kennenlernen und respektieren.
»Interessant, was es so alles gibt … «
Die eigene Welt erkunden
Doch bevor Sie die Welt eines anderen erforschen, sollten Sie unbedingt Ihren eigenen Planeten bereisen und ausgiebig erkunden. Sie werden dabei bislang unbekannte Plätze entdecken und bereits bekannte Stellen noch besser kennenlernen.
»Jetzt bin
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