Vom Umtausch ausgeschlossen
geguckt. Und... ich glaube, Jess hat der Film auch gefallen. Obwohl sie nicht jedes Lied auswendig mitsingen konnte, so wie wir.
Und neulich abends, als Suze irgendwelche Verwandten besuchen war, die nur dreißig Kilometer entfernt wohnen, waren Jess und ich unter uns. Jess hat mir ihre Steine gezeigt und mir alles Mögliche über sie erzählt. Als Gegenleistung habe ich ihr viel über meine Schuhe erzählt und sie zur Veranschaulichung gezeichnet. Ich glaube, dabei haben wir beide eine Menge gelernt.
»Du meinst wohl, was wäre der Protest bloß ohne dich«, erwidert Suze und zieht die Augenbrauen hoch. »Seien wir doch mal ehrlich, Bex. Wenn du nicht wärst, würde bei dieser Aktion doch maximal eine Hand voll Leute mitmachen.«
»Na ja. Ich weiß nicht.« Ich zucke mit den Schultern und bemühe mich, bescheiden zu wirken. Aber im Grunde meines Herzens freut es mich, dass alles so gut läuft. Seit ich aus dem Krankenhaus heraus bin, war ich für die Publicity der Protestveranstaltung verantwortlich, und das Medieninteresse ist riesig! Die Kundgebung findet heute Nachmittag statt, und heute Morgen haben mindestens vier lokale Radiosender darüber berichtet! Wir sind in sämtlichen Lokalzeitungen, und sogar ein Fernsehteam hat sich angekündigt!
Das alles ist allerdings der glücklichen Verkettung diverser Umstände zu verdanken... Erstens stellte sich heraus, dass der Nachrichtenchef bei Radio Cumbria Gux Wroxley ist, den ich noch aus meiner Zeit als Finanzjournalistin in London kenne. Gux hat mir nicht nur die Telefonnummern von allen möglichen Menschen hier in der Gegend gegeben, die sich für unseren Protest interessieren könnten, sondern gestern Nachmittag in Cumbria Heute auch noch einen richtig langen Beitrag über uns gesendet.
Aber das Allerbeste ist ganz klar die menschliche Seite unseres Protests. Meine erste Amtshandlung als PR-Chefin bestand darin, ein Treffen der Umweltschutzgruppe einzuberufen, bei dem mir jeder alles erzählen musste, was er über den potenziellen Bauplatz zu erzählen hatte - ganz gleich, wie unwichtig die Geschichten ihm auch vorkommen mochten. Und dabei stellte sich heraus, dass Jim Elizabeth vor zwanzig Jahren genau an der Stelle, die durch ein Einkaufszentrum verschandelt werden soll, einen Heiratsantrag gemacht hat!
Dann wurde an der Stelle ein Fototermin arrangiert, bei dem Jim genauso niederknien musste wie damals (obwohl er mir verraten hat, dass er damals gar nicht niederkniete - aber ich habe ihm gesagt, er solle das mal lieber für sich behalten) und ein gequältes, trauriges Gesicht machen sollte. Der Scully and Coggenthwaite Herald hat das Bild gestern auf der Titelseite abgedruckt und dazu die Schlagzeile:
»ABSCHIED VOM ORT DER ERINNERUNG«.
Seitdem rufen die Leute unentwegt auf unserer Protest-Hotline (Robins Handy) an und versichern uns ihrer Unterstützung!
»Wie lange noch?«, fragt Suze und setzt sich auf ihre Fersen.
»Drei Stunden. Hier.« Ich reiche ihr eine Tasse Kaffee.
»Ach ja.« Suze verzieht das Gesicht. »Ist das dein toller Sparkaffee?«
»Ja!« Leicht pikiert sehe ich sie an. »Stimmt was nicht damit? Ich finde ihn köstlich!«
Es klingelt an der Tür, und ich höre Jess durch den Flur eilen, um aufzumachen.
»Vielleicht ist das ja noch ein Blumenstrauß«, kichert Suze. »Von deinem Verehrer.«
Seit dem Unfall werde ich förmlich mit Blumensträußen bombardiert. Die Hälfte davon kommt von Nathan Temple, der Karten mitschicken lässt, in denen Sachen stehen wie »In tiefster Dankbarkeit« und »Eine kleine Aufmerksamkeit als Dank für Ihre Unterstützung«.
Na ja. Er hat wohl auch allen Grund, dankbar zu sein. Luke wollte nämlich sobald es irgend möglich war, wieder nach Hause fliegen - aber ich habe ihm gesagt, er soll auf Zypern bleiben und das Projekt abschließen, weil ich solange bei Jess wohnen könnte. Also ist er geblieben - aber heute kommt er wieder! Sein Flugzeug müsste jeden Augenblick landen.
Und ich bin mir ganz sicher, dass zwischen Luke und mir jetzt wieder alles in Butter ist. Wir haben ein paar Höhen und Tiefen durchgemacht... Wir haben stürmische Zeiten hinter uns, aber von jetzt an werden wir uns nur noch durch ruhiges Wasser bewegen. Denn schließlich habe ich mich ja verändert. Ich bin jetzt ein durch und durch erwachsener, umsichtiger Mensch. Und ich werde eine solide Beziehung mit Luke führen. Ich werde alles mit ihm besprechen. Ich werde ihm alles erzählen. Es wird keine unguten Situationen mehr
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