Vom Umtausch ausgeschlossen
Ärzte haben sie durchgecheckt, und dann hat Tarkie sie nach Hause gefahren. Dich wollen sie aber noch ein bisschen hier behalten. Zur Beobachtung.«
»Aha.« Ich reibe mir das Gesicht und wünschte, ich hätte eine Feuchtigkeitscreme dabei. Dann fällt mein Blick auf Suzes Armbanduhr.
»Zwei Uhr!« Entsetzt sehe ich auf. »Sag mal, Suze, was machst du denn hier? Du gehörst ins Bett!«
»Ich wollte nicht weg.« Sie beißt sich auf die Lippe. »Ich wollte dich hier nicht alleine lassen.«
»Pscht!«, macht da jemand von jenseits des Vorhangs. »Könnten Sie bitte etwas leiser sein?«
Suze und ich sehen uns überrascht an - und auf einmal muss ich grinsen. Suze streckt die Zunge in Richtung Vorhang raus, und ich unterdrücke ein Lachen.
»Hier, trink noch mehr Wasser«, flüstert Suze. »Ist gut für deine Haut.« Sie schenkt mir noch ein Glas ein und setzt sich dann auf die Bettkante. Es vergeht eine Weile, in der keiner etwas sagt. Ich trinke noch ein paar Schlucke. Das Wasser ist lauwarm und schmeckt nach Plastik.
»Das hier erinnert mich an damals, als Ernie geboren wurde«, sagt Suze. »Weißt du noch? Damals bist du die ganze Nacht bei mir geblieben.«
»Oh, ja.« Ich sehe Ernie wieder ganz klar vor mir, wie er so winzig klein und rosa in Decken gehüllt in Suzes Armen lag. »Das war vielleicht eine Nacht.« Ich sehe ihr in die Augen und lächele.
»Weißt du, als die Zwillinge geboren wurden, das war richtig seltsam, weil du nicht da warst.« Suze lacht verunsichert. »Klingt ganz schön blöd, was?«
»Nein. Klingt gar nicht blöd.« Ich senke den Blick auf die weiße Krankenhausbettwäsche, die ich nervös falte. «Ich habe dich so vermisst, Suze.«
»Ich habe dich auch vermisst.« Ihre Stimme ist ein bisschen heiser. »Und ich ... ich muss dir noch etwas sagen. Es tut mir Leid, wie ich mich benommen habe, als du wieder da warst.»
»Nein«, wehre ich sofort ab. »So ein Quatsch. Ich habe einfach überreagiert. Ist doch klar, dass du andere Freunde gefunden hast, während ich weg war. Ist doch ganz natürlich. Ich war... echt blöd.«
»Du warst nicht blöd.« Suze schluckt. »Ich war blöd. Und ich war neidisch.«
»Neidisch?« Entsetzt blicke ich auf. Suze sieht mich nicht an.
»Ja. Du warst braun gebrannt und hattest so etwas Glamouröses an dir... Und dann auch noch die Engel-Tasche...« Ihre Stimme bebt ein wenig. »Und ich saß irgendwo in der Walachei fest mit drei Kindern. Du kamst hereingerauscht mit den vielen tollen Geschichten von eurer Hochzeitsreise um die Welt. Da kam ich mir total... fade vor.«. Entgeistert sehe ich sie an.
»Aber Suze, wie kannst du denn jemals fade sein?? Das geht doch gar nicht!«
»Und darum dachte ich mir -« Entschlossen sieht sie mich an. »Sobald es dir besser geht, fahren wir zusammen übers Wochenende nach Mailand. Nur du und ich. Was meinst du?«
»Und was ist mit den Babys?«
»Das wird schon gehen. Tarkie kann sich um sie kümmern. Sozusagen als verspätetes Geburtstagsgeschenk.«
»Und was ist mit dem Wellnesstag?«, frage ich vorsichtig. »Ich dachte, das war dein Geburtstagsgeschenk?«
Suze schweigt zunächst.
»Ach, der Wellnesstag war okay«, sagt sie schließlich. »Aber ganz anders als mit dir. Keiner ist wie du, Bex.«
»Heißt das, dass du Lulu jetzt nicht mehr leiden kannst?«, frage ich natürlich naiv hoffnungsvoll.
»Bex!« Suze muss kichern. »Nein, das heißt nicht, dass ich sie jetzt nicht mehr leiden kann. Aber...« Sie sieht mir in die Augen. »Dich mag ich lieber.«
Ich weiß nicht recht, was ich darauf erwidern soll, und greife stattdessen wieder nach meinem Wasserglas. Dabei fällt mein Blick auf ein kleines Päckchen auf dem Nachtschrank.
»Das hat Jess für dich dagelassen«, erklärt Suze und sieht etwas verwirrt aus. »Sie meinte, du wolltest vielleicht davon essen.«
Ich muss lächeln. Kendal Mint Cake.
»Das ist so eine Art... Insider-Witz«, sage ich. »Ich glaube nicht, dass sie ernsthaft erwartet, dass ich die aufesse.«
Die nachfolgende Stille wird nur von den Geräuschen vom Gang gestört: Ein Krankenbett wird vorbeigerollt. Die automatischen Doppeltüren öffnen und schließen sich.
»Und du... hast jetzt tatsächlich eine Schwester«, merkt Suze dann irgendwann an, und ich kann eine gewisse Wehmut aus diesen Worten hören. Ich betrachte eine Weile ihr vertrautes, besorgtes, wunderbares Gesicht mit den hohen Augenbrauen.
»Suze... mein Seelenschwester bist nur du«, sage ich dann. Und nehme sie fest
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