Vom Umtausch ausgeschlossen
Füße brennen, und die Sonne knallt mir auf den ungeschützten Kopf, aber ich renne weiter, bis ich den Bergkamm erreicht habe. Dort bleibe ich keuchend stehen und sehe mich suchend um.
Das glaube ich nicht. Er ist weg. Wie vom Erdboden verschluckt.
Ich verharre ein Weile, während ich versuche, wieder zu Puste zu kommen, und blicke in alle Richtungen. Er ist nirgends zu sehen.
Leicht deprimiert drehe ich mich schließlich wieder um und kehre bergab zurück zu meiner Yoga-Gruppe. Als ich mich ihnen nähere, bemerke ich, dass sie alle rufen und mir wie wild winken. Oh Gott. Ob ich jetzt Ärger kriege? »Du hast es geschafft!«, kreischt die Rothaarige. »Du hast es geschafft!«
»Was geschafft?«
»Du bist über die glühenden Kohlen gerannt! Du hast es geschafft, Becky!«
Wie bitte?
Ich gucke auf meine Füße... Und ich fasse es nicht! Sie sind über und über mit grauer Asche bedeckt! Benommen blicke ich zu der Kohlengrube - und auf den Kohlen sind ganz klar und deutlich Fußabdrücke zu sehen!
Oh mein Gott. Oh mein Gott! Ich bin über die Kohlen gerannt! Ich bin über die glühend heißen Kohlen gerannt! Ich habe es geschafft!
»Aber... aber... Ich habe überhaupt nichts gemerkt!«, stelle ich verwirrt fest. »Und meine Füße sind auch nicht verbrannt!«
»Wie hast du das gemacht?«, will die Rothaarige wissen. »Woran hast du gedacht?«
»Das kann ich beantworten.« Chandra tritt vor und lächelt. »Becky hat die höchste Form karmischer Glückseligkeit erlangt. Sie hat sich auf ein Ziel konzentriert, auf ein ganz klares Bild, und das hat ihren Körper in einen übernatürlichen Zustand versetzt.«
Die anderen glotzen mich alle an, als wenn ich plötzlich der Dalai Lama wäre.
»Ach, alles halb so wild«, winke ich bescheiden ab. »Ich hatte bloß... na, ihr wisst schon. Die Erleuchtung.«
»Kannst du das Bild beschreiben?«, fragt die Rothaarige aufgeregt.
» »War es weiß?«, fragt jemand anders.
»Nein, weiß war es eigentlich nicht...«, sage ich.
»War es so eine Art glänzendes Blau-Grün?«, höre ich Lukes Stimme von ganz hinten. Abrupt sehe ich auf. Luke hält meinem Blick völlig cool stand.
»Ich weiß es nicht mehr«, gebe ich kühl zurück. »Die Farbe war auch nicht wirklich wichtig.«
»Hat es sich so angefühlt wie...« Luke tut, als würde er scharf nachdenken, »...als wenn die Glieder einer Kette dich magnetisch anziehen und hinter sich herziehen würden?«
»Das ist ein ausgezeichnetes Bild, Luke«, freut sich Chandra.
»Nein«, antworte ich knapp. »So hat es sich nicht angefühlt. Weißt du was, ich glaube, um das zu begreifen, braucht man doch ein gewisses Minimum an Verständnis für spirituelle Phänomene.«
»Verstehe.« Luke nickt ernst.
»Du kannst ja so stolz sein, Luke.« Chandra strahlt Luke an. »Hast du deine Frau schon jemals etwas so Außergewöhnliches tun sehen?«
Plötzlich herrscht Stille. Luke sieht von mir zu den glühenden Kohlen, zur schweigenden Yoga-Gruppe und schließlich zu Chandra, der immer noch strahlt.
»Chandra«, sagt er. »Glaub mir. Das war gar nichts.«
Als der Unterricht vorbei ist, gehen alle auf die Terrasse, wo gekühlte Getränke bereitstehen. Aber ich bleibe auf meiner Matte und meditiere noch ein bisschen weiter, um deutlich zu machen, wie sehr ich mich den höheren geistigen Sphären hingebe. Die eine Hälfte meines Geistes konzentriert sich gerade auf das weiße Licht meines Wesens, während ich mir mit der anderen Hälfte vorstelle, wie ich vor Trudies und Stings Augen durch die glühenden Kohlen renne und die beiden mir begeistert applaudieren - als ich einen Schatten auf meinem Gesicht wahrnehme.
»Sei gegrüßt, oh du Erleuchtete«, sagt Luke, und als ich die Augen öffne, steht er vor mir und hält mir ein Glas Saft hin.
»Du bist doch bloß neidisch, weil du keinen schönen Geist hast«, kontere ich und streiche mir die Haare aus dem Gesicht, so dass der rote Punkt auf meiner Stirn sichtbar wird.
»Oh ja, und wie«, stimmt Luke zu. »Hier.«
Er reicht mir das Glas und setzt sich neben mich auf den Boden. Ich trinke einen Schluck köstlichen, eisgekühlten Passionsfruchtsaft, und dann sitzen wir einfach da und genießen den fantastischen Blick über die Berge, die in der Ferne im Nebel verschwinden.
»In Sri Lanka könnte ich wirklich ohne Probleme leben«, seufze ich. »Hier ist es doch perfekt. Das Wetter... die Landschaft... die Menschen hier sind so nett...«
»Das hast du in Indien auch gesagt«, stellt
Weitere Kostenlose Bücher