Vom Umtausch ausgeschlossen
auf die hohe Kante legen sollte. Aber ich hätte nie gedacht, dass das tatsächlich jemand machen würde!
Jess betrachtet mich mit neu gewecktem Interesse.
»Heißt das, du machst das auch, Becky?«
Mir verschlägt es für einige Sekunden die Sprache.
»Ah... na ja.« Ich räuspere mich. »Vielleicht nicht immer ganz die Hälfte und vielleicht nicht unbedingt jeden Monat...«
»Mir geht‘s genauso!« Jess lächelt mich entspannt an. »Manchmal schaffe ich auch nur ein Fünftel!«
»Ein Fünftel!«, wiederhole ich mit wackeliger Stimme. »Na ja... macht ja nichts. Kein Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben.«
»Habe ich aber!« Jess lehnt sich über den Tisch zu mir. »Das verstehst du doch bestimmt.«
Ihr Gesichtsausdruck ist jetzt so offen, wie ich ihn noch nie an ihr gesehen habe.
Oh mein Gott. Sie öffnet sich mir! Wir knüpfen zarte Bande!
»Ein Fünftel wovon?«, erkundigt sich Luke, der gerade zusammen mit Gary und sichtbar gut gelaunt die Küche betritt.
Ooh.
»Äh... nichts«, beeile ich mich zu sagen.
»Wir sprachen bloß gerade über Geld«, erklärt Jess Luke. »Weil wir unsere jeweilige Buchführung für den letzten Monat gemacht haben.«
» Buchführung?« Luke lacht auf. »Und welche Bücher genau hast du geführt, Becky?«
»Na, du weißt schon«, erwidere ich fröhlich. »Die Bücher, in denen ich meine Einnahmen und Ausgaben notiere.«
»Aha.« Luke nickt und holt eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank. »Und... hast du schon das Sondereinsatzkommando angerufen? Und das Rote Kreuz?«
»Was meinst du denn damit?«, fragt Jess verwirrt.
»Die werden doch normalerweise immer als Erste in irgendwelche Katastrophengebiete geholt, oder?« Er grinst mich an.
Ha, ha. Sehr witzig.
»Aber... Becky hat doch früher als Finanzjournalistin gearbeitet!« Jess klingt reichlich schockiert.
»Finanzjournalistin?« Luke scheint sich prächtig zu amüsieren. »Möchtest du mal eine Geschichte aus der Zeit deiner Schwester als Finanzjournalistin hören?«
»Nein«, sage ich schnell. »Möchte sie nicht.«
»Die Geschichte mit der Cash-Karte«, schwelgt Gary bereits in Erinnerungen.
»Die Geschichte mit der Cash-Karte!« Luke haut vor Freude mit der flachen Hand auf den Tisch. »Die stammt aus der glorreichen Zeit, in der Becky als Finanzexpertin beim Frühstücksfernsehen die Zuschauer beriet«, erklärt er Jess. »Sie wollte einen Filmbeitrag über die Gefahren von Bargeldautomaten machen und hat zu Demonstrationszwecken ihre eigene Cash-Karte in den Automaten gesteckt...« Luke muss wieder lachen. »Und das Ding wurde bei laufender Kamera vom Automaten geschluckt. «
»Der Ausschnitt wurde neulich in einer dieser Spaß-Shows gezeigt « , erzählt Gary mir. »Vor allem der Teil, wo du anfängst, den Automaten mit dem Schuh zu malträtieren, ist inzwischen Kult «
Ich werfe ihm einen wütenden Blick zu.
»Aber wieso hat der Automat die Karte denn eingezogen?«, fragt Jess perplex. »Hattest du... dein Konto überzogen?«
»Hatte Becky ihr Konto überzogen?« Luke holt in Hochstimmung einige Gläser aus dem Schrank. »Ist der Papst katholisch?«
Jess sieht ziemlich verwirrt aus.
»Aber Becky, du hast mir doch gerade erzählt, dass du jeden Monat die Hälfte deines Einkommens sparst.«
Mist.
»Wie bitte?« Luke dreht sich ganz langsam zu uns um. »Becky hat was gesagt?«
»Das... das habe ich so nicht gesagt«, verteidige ich mich mit rotem Kopf. »Ich habe gesagt, es wäre eine gute Idee, die Hälfte des Einkommens zu sparen. Im Prinzip. Und das ist es auch! Wirklich, das ist eine hervorragende Idee!«
»Und wie wäre es mit: Keine riesigen Kreditkartenrechnungen verursachen, die man seinem Mann verheimlicht?«, fragt Luke mit hochgezogener Augenbraue. »Ist das auch im Prinzip eine gute Idee?«
»Kreditkartenrechnungen?« Jess sieht mich entsetzt an. »Das heißt... du hast Schulden?«
Mein Gott, muss sie das so dramatisch ausdrücken? Schulden. Hört sich ja fast an wie die Pest. Als würde ich morgen ins Armenhaus einziehen. Ich meine, hallo? Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Da hat doch jeder Schulden.
»Hast du schon mal die alte Weisheit gehört, dass Ärzte die schlimmsten Patienten sind?«, antworte ich mit einem leichten Lachen. »Na ja, analog dazu sind Finanz Journalisten eben die schlimmsten... äh...«
Ich warte eigentlich darauf, dass Jess jetzt auch lacht oder zumindest mitfühlend lächelt. Aber sie sieht mich einfach nur vollkommen fassungslos an.
Das
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