Vom Wahn zur Tat
Unterhose bis zu den Fußgelenken herunter und peitschte ihn aus. Er misshandelte ihn schließlich mit einem Plastikpenis. Nach dem Übergriff blieb N. gefesselt auf der Couch liegen. Erst als sich Josef F. aus der Wohnung entfernte, gelang es dem Opfer, sich von der Couch zu erheben, das Klebeband von seinem Mund zu entfernen und das Fenster trotz Fesselung zu öffnen. Er rief um Hilfe.
Der Verfahrensgutachter meint zu dieser Tat: „In der ersten Vernehmung war Josef F. grundsätzlich und vorbehaltlos geständig, N. in der geschilderten Art und Weise misshandelt zu haben. Lediglich hinsichtlich des Vorwurfs der gefährlichen Drohung schränkt er ein, falsch verstanden worden zu sein. Es sei wohl richtig, dass er den Kopf des Opfers mehrmals ins mit Wasser gefüllte Waschbecken getaucht hatte, dies jedoch nicht verbunden mit der Drohung, ihn umbringen zu wollen. Zum Motiv befragt, gab Josef F. an, in keinster Weise zur Befriedigung seiner sexuellen Lust gehandelt zu haben, vielmehr sei ihm das seelische Wohlbefinden des N. ein Anliegen gewesen. F. selbst habe lange gebraucht, seine homosexuellen Neigungen einzugestehen. Bis dahin sei er von Ängsten und Zweifeln geplagt gewesen und habe psychisch sehr darunter gelitten, seine Neigungen verborgen gehalten zu haben. Seiner Meinung nach sei auch N. homosexuell geneigt, er habe geglaubt, bei diesem dieselben Ängste und psychischen Spannungen zu erkennen, die aus dem Nicht-eingestehen-Können dieser Neigungen erwachsen seien. Er habe sich daher entschlossen, N. zu ‚therapieren‘, wobei es von Josef F. geplant und gewollt gewesen sei, die Therapie als eine sogenannte Schocktherapie durchzuführen, daher das verängstigende Erniedrigen und Einschüchtern seines Opfers.“
In der Haft gewann Josef F. zunehmend die Erkenntnis, dass er zu einer Art Messias oder zumindest aber für die Rolle eines Propheten bestimmt sei. Es war ihm bewusst, dass er, so er eines Tages mit seinen Ideen an die Öffentlichkeit treten würde, sofort Amnesie bekommen und die ihm gebührende Anerkennung erfahren werde. Er meinte, dass sich durch seine Ideen die Welt von Grund auf ändern werde. Seit Ende 2001 sind weitere psychotische Phänomene dazugekommen. So habe er etwa ein Gefühl von Macht in sich erlebt, habe die Gedanken von anderen lesen und Gedanken und Gefühle anderer beeinflussen können. Dies habe allerdings nur bei Personen funktioniert, die er zumindest eine Zeit lang gekannt hätte. Auch andere hätten in seinen Gedanken lesen können, ansonsten habe er keine speziellen Kräfte und Fähigkeiten gehabt. Diese Kräfte seien teilweise angeboren, sie hätten sich jedoch auch im späteren Leben weiterentwickeln können. Seit einem halben Jahr habe er begonnen, mit seinen Gedanken in die Öffentlichkeit zu treten. Er habe an Zeitschriften und politische Stellen Schriften geschickt. In der Folge sei ihm aufgefallen, dass er vermehrt beobachtet werde. Es habe in der Justizanstalt Wien-Mittersteig, wo Josef F. ursprünglich behandelt wurde, Spitzel unter den Mitpatienten gegeben, die ihn ausspionieren sollten. Zuletzt habe er den Eindruck gehabt, dass in den Fernsehgeräten Überwachungskameras installiert seien, um sein Tun ständig beobachten zu können. Diese Daten würden im ORF abgespeichert. Hinter diesen Aktionen stehe die CIA, weil die amerikanische Regierung Angst habe, dass durch das Bekanntwerden seiner Ideen Amerika seine hegemoniale Weltherrschaft einbüßen könne. Erst in einem Gespräch im März 2002 gab er an, er sei erschüttert, dass er in den letzten Jahren zum Gutteil in einer irrealen Welt gelebt habe.
In der Justizanstalt Göllersdorf wurde Josef F. zweimal als Passant behandelt, er wurde auf die Akutstation zur Betreuung überstellt. Seine Straftat hatte zwar einen sexuellen Hintergrund, aber auch hier war der Wahn – in F.s Fall ein kosmologischer – das bewegende Moment. Die Körperverletzung war sekundär, er wollte durch die Straftat einen Akt der Überzeugung setzen.
Der Fall Stefan M. – Der hebephrene Räuber
Im März 1998 versuchte Stefan M., in einem Geschäft eine Packung Schwedenbomben zu stehlen. Bei dieser Gelegenheit bedrohte er die Verkäuferin. Es gab jedoch zu diesem Vorfall keine Anzeige. Am 10. August 1998 fragte M. eine in Wien Mitte auf die S-Bahn wartende Frau, ob sie ihm eine kleine Geldspende geben könne. Als sie das verneinte, ergriff er die Frau am Handgelenk und versuchte, ihr die Handtasche, welche sie über der rechten
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