Vom Wahn zur Tat
Kind zur Welt. Der Vater war Beamter, die Mutter Lehrerin, er hat zwei ältere Geschwister. Zum Vater habe er nach eigenen Angaben ein kompliziertes Verhältnis gehabt, das sich jedoch in den letzten zwei Jahren vor der Verhaftung gebessert habe. Josef F. besuchte zwei Jahre Kindergarten, danach die Volksschule, kam ins Gymnasium, wechselte in der 3. Klasse wegen Problemen in Latein in die Hauptschule. Er schloss letztendlich mit HAK-Matura ab, vom Bundesheer war er wegen eines Wirbelsäulendefekts befreit. Er wurde später Lehrer und unterrichtete in der Steiermark.
Josef F. beschreibt seine Kindheit als bürgerlich, katholisch und im Wesentlichen „normal“. Er sei nie sexuell belästigt oder missbraucht worden und könne sich an keine sexuellen Erlebnisse in seiner Kindheit erinnern. Mit 15 Jahren sei er in die Pubertät gekommen. Mit 17 habe er seine homosexuellen Neigungen entdeckt. Er habe damals aber mit niemandem darüber sprechen können und habe geglaubt, er sei der Einzige mit diesem Problem. Erst mit 25 Jahren habe er mit einem 35-jährigen Mann erstmals Sex gehabt. Dabei habe er eine Erleichterung gefühlt, gleichzeitig aber enorme Schuldgefühle. Er habe Schwulenlokale in Innsbruck besucht, jedoch keinen dauerhaften Partner gefunden. Er sei gerne nach München gefahren, weil dort die Homosexuellenszene größer und interessanter sei.
Josef F. sieht den Erkrankungsbeginn im Zusammenhang mit seinem Outing als Homosexueller. Er habe sich damals erleichtert gefühlt, sei in einem „euphorischen Zustand“ gewesen. Kurze Zeit darauf habe er allerdings bemerkt, dass sich seine Schüler in ihrem Verhalten ihm gegenüber geändert hätten. Er habe überall Zeichen wahrgenommen, im Speziellen bei den männlichen Schülern homosexuelle Bereitschaft erkannt. In der Folge hätten sich die Zeichen auch außerhalb der Schule vermehrt. Ein Gespräch mit einem Bekannten, erzählt er, habe seine Vermutung bestätigt, dass in Wirklichkeit jeder zweite Mann homosexuell sei. Eine Art Zahlenmystik begann erhebliche Bedeutung für ihn zu haben. Er errichtete auf diesen Eindrücken basierend ein ganzes Gedankengebäude, das er als eine Art Weltformel betrachtete. Kurz zusammengefasst: In jedem Mann und in jeder Frau sind gleichgeschlechtliche Anteile in unterschiedlicher Quantität vorhanden, die ihrerseits mit speziellen Fähigkeiten und Talenten verbunden sind; die Homosexualität kann diese verborgenen Eigenschaften und Talente zutage fördern. Er habe sich zunehmend über diese Thesen Gedanken gemacht, wobei der Einfluss von Angelesenem (Platons
Symposion
; Bücher über Initiationshomosexualität der Papuas) unverkennbar ist. Josef F. meint, dass alte Stammesstrukturen auch in unserer Kultur latent noch immer angelegt seien. Diese Stammesstrukturen seien mit Homosexualität verbunden. Er verweist auch auf die im antiken Griechenland gebräuchlichen Beziehungen zwischen älteren Männern und Knaben. F. verband dieses Gedankensystem mit einer Rassentheorie. Seine Sexualität-Rassen-Theorie gipfelte letztendlich in einem weltpolitischen Konzept.
Das Delikt steht in unmittelbarem Zusammenhang mit seinen Ideen. Er habe sich mit einem Kollegen befreundet, der sich in eine 16-jährige Schülerin verliebt habe. Der Patient habe versucht, ihm diese Liebe auszureden, und den Eindruck gewonnen, dass dieser Freund ein Fall von latenter Homosexualität sei. Das spätere Delikt sei als eine Art von „Schocktherapie“ für diesen Freund gedacht gewesen. Er habe ihn geschlagen, gefesselt, den Kopf unter Wasser getaucht und habe ihn mit den Fingern und einem Dildo anal penetriert.
In der ersten Befragung meint das Opfer, er und der Täter seien Freunde. Es sei jedoch zu keinen intimen Beziehungen gekommen, da das Opfer nach eigenen Angaben überhaupt nicht homosexuell veranlagt sei. Am Abend des Delikts rief Josef F. bei Hermann N. an und lud ihn zu sich ein. N. kaufte nach dem Anruf zwei Bier und ging zu Josef F. in die Wohnung. Josef F. bat ihn herein und legte ihm sogleich Handschellen an. „Dies ist so schnell gegangen, dass er sich nicht dagegen zur Wehr setzen konnte“, erinnert sich F. gegenüber der Polizei. F. zerrte N. danach in die Küche, legte ihm dort ein weiteres Paar Handschellen an den Fußgelenken an. Mit einer Kette fixierte er das Opfer so auf dem Küchentisch, dass N. mit dem Oberkörper bäuchlings auf dem Tisch auflag. Den Mund verklebte er ihm mit einem Isolierband. Danach zog er ihm die Hose und die
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