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Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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spendeten sanftes Licht.
    Am Ende des Korridors stand ein Numa mit grau meliertem Haar in einem teuren Anzug und seidener Krawatte vor einer Doppeltür. Es war Nicolas. Als er sah, wie viele wir waren, versteifte er sich. »Es dürfen nur diese beiden zu ihr«, sagte er und nickte bestimmt zu Vincent und mir.
    »Wir konnten in der Lobby schlecht eine Show abziehen«, sagte einer unserer Begleiter.
    »Aber hier oben im Flur können wir wohl auch kaum stehen bleiben, oder?«, fragte Ambrose mit einem bösen Grinsen. »Ist schließlich ein öffentlicher Ort, ihr wisst schon.«
    »Bringt sie ins Vorzimmer der Suite und lasst sie nicht aus den Augen«, zischte Nicolas und bedeutete den beiden Numa mit einem Blick, dass ihnen gewaltiger Ärger drohte, wenn die Angelegenheit durch war.
    »Sag mal, Nicolas«, sagte Vincent lässig, während wir ihm durch die Tür folgten. »Erst warst du Luciens Vize, jetzt musst du wieder den Vertreter mimen, diesmal von einer augenscheinlich Minderjährigen. Wie ist das so?«
    Nicolas blieb stehen, um uns in ein Zimmer durchzuwinken, das mit seiner Garderobe, Hutablage und diversen Sesseln den Anschein einer kleinen Diele erweckte. Er lächelte Vincent säuerlich an. »In meiner Welt bedeutet Vertretung wirklich nur Vertretung. Weniger Verantwortung, weniger Risiken. Ich meine, sieh dich mal an. Du bist schon wieder mittendrin, musst diesmal eine alte Dame retten, während Jean-Baptiste gesund und munter von seinem Schloss aus die Fäden zieht.«
    Charlotte und Ambrose tauschten einen vielsagenden Blick. Die Numa wussten also noch nichts von JBs Abreise. Das konnte durchaus ein Vorteil für uns sein. Violette wollte Vincent also, weil sie ihn noch immer für den Meister hielt. Sollte sie herausfinden, dass er obendrein das neue Oberhaupt der französischen Bardia war – wer konnte ahnen, auf welche Ideen sie dann erst noch kommen würde.
    »Hinsetzen«, verlangte Nicolas. »Ihr nicht«, sagte er zu Vincent und mir. Er öffnete eine Tür, die zu einem weiteren langen Flur führte, und ließ uns den Vortritt.
    »Ich bleibe hier nicht einfach so sitzen, während meine Frau da drin ist«, wehrte Papy sich.
    »Und ob«, sagte einer der Numa und zog seinen Mantel aus, wodurch ein Gürtel zum Vorschein kam, an dem neben mehreren Messern auch noch ein Schwert hing. Abgerundet wurde sein kleines Waffenarsenal von einem Schulterholster, in dem sich eine Pistole befand. Mein Großvater legte die Stirn in tiefe Falten.
    »Wenn alles gut geht, ist Ihre Frau in wenigen Augenblicken bei Ihnen«, sagte Nicolas.
    »Und meine Enkelin?«, fragte Papy und reckte dabei das Kinn, um zu zeigen, dass er wenig beeindruckt war.
    »Mir wird schon nichts passieren, Papy«, drängte ich. »Mach du bitte nichts Unüberlegtes.«
    Nicolas folgte dicht hinter uns durch die Tür. Ich hörte, wie Papys weitere Proteste von einem barschen »Setz dich endlich, alter Knabe!« abgewürgt wurden.
    Und das machte mich so unendlich wütend, dass ich am liebsten zurückgegangen wäre, um den Numa in seine Schranken zu verweisen. Die Wut vertrieb meine Angst, zumindest vorübergehend. Ich fuhr zu Nicolas herum. »Ihr werdet meinen Großeltern nichts tun«, sagte ich. Das war ein Befehl, keine Feststellung.
    »Sie sollten als Köder dienen, mehr wollten wir von ihnen nicht.« Nicolas schubste mich vor sich her. »Die erste Tür links«, erklärte er.
    Vincent drehte den Türknauf und betrat, statt mir wie sonst den Vortritt zu lassen, als Erster das Hotelzimmer.
    »Ah, da seid ihr ja«, hörte ich Violettes Mädchenstimme, noch bevor ich sie sah. Sie saß mit meiner Großmutter an einem gedeckten Tisch. Vor Mamie standen eine volle Tasse Kaffee und ein Teller mit Gebäck, die sie offenbar nicht angerührt hatte.
    »Kate!«, keuchte sie. Ich sah, dass sie zitterte, doch sie stand nicht auf. Ihre Hände hatte sie zu Fäusten geballt, scheinbar wollte sie so das Zittern unter Kontrolle bekommen. Meine sonst so starke Großmutter in eine schlotternde Geisel verwandelt zu sehen, ließ meine Wut erneut aufflammen. Am liebsten hätte ich mich auf Violette gestürzt, um sie auf der Stelle zu erwürgen. Doch als ich bemerkte, wer noch im Hotelzimmer war, hielt ich mich mit Mühe zurück. Zwei große Numa standen wie Leibwächter hinter uns an der Wand, die Arme vor der Brust verschränkt beobachteten sie uns.
    Violette trank einen Schluck Tee und stellte die Tasse wieder ab. »Wie schön, dich wiederzusehen, Kate«, sagte sie und erhob sich.

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