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Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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nur ein paar Tage in der Stadt ist. Deine Großmutter ist zu ihm ins Hotel gefahren, um ein Gemälde zu begutachten, das ihm ein Pariser Kunsthändler angeboten hat.«
    »In ein Hotel?«, fragte ich ungläubig und nahm einen gläsernen Briefbeschwerer in die Hand, der für immer das Gefängnis eines bunt schillernden Käfers bleiben würde. »Irgendwie kann ich mir nur schwer vorstellen, dass Mamie einen Kunden in einem Hotel trifft.«
    »Es ist ja nicht irgendein Hotel, meine Liebe. Dieser Kunde wohnt im Crillon, deshalb hat Emilie auch gedacht, dass sich ein Besuch lohnen wird«, antwortete Papy und widmete sich dann wieder seinem Buch.
    Der Briefbeschwerer fiel klirrend zu Boden, zersplitterte dort und gab so seinen Häftling frei, der glänzend im Lampenschein liegen blieb.
    Papy sprang aus dem Sessel, der Schrecken auf seinem Gesicht spiegelte meinen. »Kate, was ist los?«
    »Im Crillon? Bist du dir sicher?«
    »Ja, Kate. Was ist denn nur los?«
    »Violette wohnt gerade im Crillon«, sagte ich und erkannte meine Stimme nicht wieder. So dumpf klang sie, als ob sie jemand anderem gehören würde und ich sie nur von außen hören würde.
    »Violette?«, fragte mein Großvater irritiert.
    »Violette. Die Frau, die Vincent verbrannt hat.«
    »Nein«, keuchte Papy und sah auf einmal so alt aus, wie er war. Zweiundsiebzig.
    Plötzlich war ein Streichquartett zu hören, Papys Klingelton. Vorsichtig ging er über die Splitter zu seinem Schreibtischstuhl und suchte nach dem Handy. Seine Hand zitterte, während er prüfend auf das Display schaute. Er nahm den Anruf an, presste sich das Telefon ans Ohr und ließ sich mit einem erleichterten Seufzer auf den Stuhl sinken. »Oh Emilie, wie gut, dass du anrufst. Kate und ich haben uns schon …«
    Schlagartig änderte sich seine Miene. Er lauschte und alles Blut verschwand aus seinem Gesicht. »Wie bitte? Nein! Aber wie …«
    Selbst ich konnte die Stimme meiner Großmutter aus dem Handy hören. Sie sprach bedächtig – wohlüberlegt und langsam. Dann legte Papy auf und schaute mich an.
    Ich erschauderte, als wäre gerade eine kalte Brise durch das Büro gezogen und hätte mich mit frostigen Fingern gestreift.
    »Violette möchte mit dir und Vincent sprechen. Dort im Hotel. Emilie ist quasi ihre Garantie, dass ihr auch wirklich auftauchen werdet.«

W ir diskutierten eine geschlagene Minute. Papy wollte nicht, dass ich hingehe. Ich wollte nicht, dass er hingeht. Was dazu führte, dass wir beide losrannten. Unterwegs schnappten wir die Mäntel und zogen sie auf der Treppe an, während wir die Stufen hinunterpolterten, weil keiner von uns auf den alten Aufzug warten wollte.
    Wie immer war kein Taxi zur Hand, wenn man eins brauchte. »Wieso nehmen wir nicht die Metro, Papy?«, fragte ich ihn.
    »Und wenn keine Bahn kommt? Nein, nein, da sind wir ja zu Fuß schneller«, sagte er. Also verfielen wir in Laufschritt, die Rue du Bac hinunter. Die kühle Märzluft und das sanfte Licht der Straßenlaternen gaben uns ein falsches Gefühl von Sicherheit, so als wäre auf der Welt alles in Ordnung – dabei waren wir gerade unterwegs zu einem Treffen, bei dem nicht ausgeschlossen war, dass jemand zu Schaden kam. Oder Schlimmeres.
    Mein Handy klingelte. Ich zog es aus der Tasche und das Display verriet, dass Vincent anrief. »Wohin geht ihr?«, kam aus dem Hörer. Ich fuhr herum, doch niemand folgte uns. »Ich habe gefragt, wohin ihr geht? Ohne Revenantbegleitung?«
    »Vincent, ich würde dir das lieber nicht sagen.«
    »Was soll das denn heißen?«, entfuhr es ihm. Er klang eher wütend als verletzt. »Zwei Bardia folgen dir und deinem Großvater. Sie haben sich bei mir gemeldet und berichtet, dass ihr beide geradezu überstützt das Haus verlassen und nicht mal auf sie gewartet habt.«
    »Na, wenn sie uns folgen, können sie uns ja beschützen. Wieso rufst du dann an?«
    »Kate, was ist passiert?« Nun klang er beunruhigt.
    »Violette hat … Sie hält Mamie im Crillon fest. Papy und ich … Wir sind unterwegs dorthin.« Ich wollte mich klar ausdrücken, aber das hohe Schritttempo gepaart mit der Angst um Mamie ließ mich nur zusammenhanglos stammeln.
    »Warum hast du mir nicht Bescheid gesagt? Ich wäre doch sofort mitgekommen.«
    »Nein, Vincent! Du darfst auf keinen Fall hinfahren. Wir brauchen dich nicht«, sagte ich und erstickte fast an meiner Panik.
    Für den Bruchteil einer Sekunde herrschte schockiertes Schweigen, dann fragte Vincent: »Violette will, dass ich mitkomme, nicht

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