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Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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entfernen sich und ich verliere erneut das Bewusstsein.
    Ich höre Wasser plätschern und schlage die Augen auf. Über mir befindet sich eine Holzdecke. Ich kann wieder sehen. Ich will mich aufsetzen, doch irgendetwas hindert mich daran. Mit Mühe kann ich den Kopf heben und erkennen, dass ich an ein Bett gefesselt bin. Ich trage schwarze Sachen … nein, sie sind nicht schwarz, sie sind tiefrot. Tiefrot und – ich berühre mit der Fingerspitze mein Bein – steif getrocknet. Mit Entsetzen begreife ich, dass die Klamotten mit meinem eigenen Blut getränkt sein müssen.
    Panik steigt in mir auf, ich versuche, mich zu orientieren. Die Wände sind allesamt aus gestrichenem Metall. Ich lasse den Blick durch den spärlich möblierten Raum gleiten. Direkt gegenüber von mir liegt ein Fenster, durch das ich in einiger Entfernung das Ufer ausmachen kann, bis dahin nur sich kräuselndes Wasser.
    Ich bin auf einem Boot. An ein Bett gebunden.
    »Ach, sie ist wach«, sagt eine Stimme. Ich drehe den Kopf und sehe, wie Violette die Kajüte betritt. Hinter ihr bückt sich gerade Louis durch die niedrige Tür.
    Als sie sich nähern, zucke ich zurück. Irgendetwas ist mit meiner Wahrnehmung passiert. Ich sehe nicht mehr die farblose Unschärfe, die ich bei den Numa gewohnt bin, stattdessen umgibt ein blutroter, nebliger Glorienschein ihre Köpfe. In mir schreit plötzlich etwas Neues, Unbekanntes warnend, dass Numa in der Nähe sind. Als ob ich das nicht längst wüsste. Eine übelkeiterregende Wut überkommt mich, ich erschaudere und schmecke Galle.
    Sie bleiben am Kopfende stehen, schauen auf mich hinunter. Louis sieht besorgt aus, Violette siegestrunken. »Willkommen auf der anderen Seite«, sagt sie.
    Ich höre auf, gegen die Fesseln zu kämpfen, und starre sie mit offenem Mund an. Ich versuche zu sprechen, doch aus meiner Kehle kommt nichts als ein Krächzen.
    »Das ist alles so unglaublich faszinierend!«, jubelt sie und klatscht in die Hände. »Ich habe noch nie eine Auferstehung miterlebt. Wobei mich das auch nie wirklich interessiert hat. Bis jetzt.«
    Für einen Moment verstehe ich nicht, wovon Violette da spricht. Und dann – plötzlich und schwindelerregend – doch. Sie hat mich erstochen, erinnere ich mich. Aber bin ich dadurch gestorben? Nein, das konnte nicht sein. Violette hat mich am Leben erhalten, schwer verletzt und am Rande des Todes, damit sie mich weiter quälen kann.
    Ich reiße wieder an den Fesseln, zapple mit Armen und Beinen, obwohl das völlig zwecklos ist, das weiß ich. Aber ich fühle mich dadurch besser. Ich blicke zu Violette und versuche, mit meinem knochentrockenen Mund ein paar Worte zu formen. »Du … bist …«, krächze ich.
    »Ja, meine Liebe?«, fragt sie, fast strahlend. »Was bin ich?«
    »Eine … hochgradig verrückte … Scheißkuh«, presse ich hervor und lege in jedes einzelne Wort all meinen Hass und meine Angst, will sie mit jedem noch so winzigen bisschen Kraft verletzen, das ich noch habe.
    »Oh, wie niedlich«, schwärmt sie, lacht entzückt und verlässt die Kajüte, dicht gefolgt von Louis. »Passender könnten Kates erste Worte als Revenant wohl kaum sein«, höre ich sie noch, bevor sich die Tür hinter ihnen schließt. »Das Mädel hat echt Mumm! Die Angelegenheit wird noch viel lustiger, als ich gedacht hatte.« Ihre Stimme verliert sich, je weiter sie sich entfernen.
    Ich bleibe allein zurück, perplex. Wovon spricht sie da? Ich, ein Revenant? Das ist unmöglich. Doch nach einer Weile schiebe ich alle Zweifel beiseite und denke darüber nach.
    Mal abgesehen davon, dass ich dafür diese merkwürdige Revenantveranlagung in den Genen oder sonst wo aufweisen müsste, hätte ich für jemand anderen sterben müssen. Aber Violette hatte versucht, mich umzubringen. Ich habe mich für niemanden geopfert.
    Dann überfällt mich mit einem kalten Schauer die Erinnerung an die Szene im Crillon. Ich hatte angeboten, ihr erstes sterbliches Opfer zu sein. Mich zu nehmen statt Vincent. Was hatte sie darauf noch mal erwidert?
    Ich höre ihre Antwort so deutlich, als stünde sie im Nebenzimmer: »Na, ist das nicht eine rührende Geste? Man könnte sogar fast von Selbstaufopferung sprechen. Wie gütig von dir, Kate.«
    Violette hatte uns reingelegt. Sie hatte das alles inszeniert, damit ich für Vincent sterben würde. Aber wozu?
    Ich spüre tief in mich hinein, ob ich mich anders fühle – und ja, das tue ich. Mein Herz schlägt langsamer und pumpt das Blut fast gemächlich durch meine

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