Von den Sternen gekuesst
anderen. »Natürlich nicht. Wenn ich also gefragt werde, ob ich lieber sterben möchte, während ich ihr diene, oder mich euch anschließen, um sie zu besiegen, ist meine Antwort ganz klar …«
Seine Hand fährt so schnell unter seinen Mantel und wieder hervor, dass ich erst verstehe, was passiert ist, als das Messer schon tief in Genevièves Hals steckt. Ein Gurgeln dringt aus ihrer Kehle und schon bricht sie zusammen. Ambrose stürzt sich brüllend auf Nicolas, der bereits wieder das Schwert in den Händen hält.
Während sie den Kampf aufnehmen, rennt Vincent zu Louis, wirft ihn zu Boden und pinnt ihn dort mit dem Fuß fest. Mit beiden Armen hält er das Schwert über den Rücken des Jungen, bereit, es ihm jederzeit in den Oberkörper zu rammen. »Dann wollen wir doch mal sehen, ob du aus der Position einen ähnlichen Trick auf Lager hast«, knurrt er.
Charlotte ist derweil zu Geneviève geeilt, ich schiebe mich an ihr vorbei zu Vincent. »Tu’s nicht«, schluchze ich und fasse ihn am Arm.
Für einen kurzen Moment wackelt mein Entschluss, weil ich beobachte, wie Charlotte Genevièves Leichnam auf dem Boden ausstreckt. Dann schaue ich wieder zurück. »Vincent, du musst mir vertrauen, ich weiß, dass ich das Richtige tue.«
Er kneift die Augen zusammen. Arthurs Einheit kommt angerannt. In Sekundenschnelle entscheidet Vincent sich und schreit: »Den hier nehmen wir lebend mit.«
»Was?« Arthur ist völlig fassungslos.
Vincent nimmt seinen Fuß von Louis’ Rücken, und Arthur wuchtet den Jungen auf die Füße. »Wer ist noch oben?«, will Vincent wissen.
»Nur noch … ein weiterer Numa«, stammelt Louis. »Wir haben ihm Waffen geliefert, weil er dafür zuständig ist, die Neuankömmlinge aufzurüsten.«
Vincent und Arthur reißen die Tür auf und rennen die Treppe hoch. Aus dem Apartment dringt ein Schrei. Dann setzen Kampfgeräusche ein, die genauso schnell wieder verklingen.
Ich schaue mich um. Nicolas liegt am Boden, sein Körper ein lebloser Fleischberg unter einem Pelzmantel umgeben von einer tiefroten Blutlache.
Oben fliegt ein Fenster auf und Vincent lehnt sich hinaus. »Den hier haben wir, aber er war am Telefon. Sag den anderen Einheiten Bescheid, dass sie sich auf Verstärkung der Numa einstellen müssen.«
»Die Verstärkung ist bereits da«, tönt eine Stimme hinter uns. Ein Dutzend Numa wartet drohend am Eingang der Passage.
I ch habe sie nicht kommen sehen. Ich könnte mich selbst dafür schlagen, dass ich nicht besser aufgepasst habe. Aber mein Fokus lag darauf, Louis zu beschützen, nicht meine Anverwandten. Schnell verschaffe ich mir einen Überblick darüber, wie viele wir sind. Ambrose, Charlotte, Vincent, Arthur und die vier Revenants aus Arthurs Einheit. Wenn ich mich mitzähle, sind wir zu neunt. Zu zehnt, wenn Louis bei uns mitkämpft.
Die anderen Einheiten, zusammengelegt fünfzehn Bardia, sind irgendwo da draußen. Oder zumindest waren sie da draußen. Entweder wurden sie bereits von den Numa ausgeschaltet oder können uns immer noch zu Hilfe kommen. Gerade sind wir jedenfalls in der Unterzahl und stehen doppelt so vielen Numa gegenüber. Aber aus irgendeinem Grund macht mir das keine Angst, es macht mich sogar umso entschlossener.
Ich atme tief ein, ziehe das Schwert, federe leicht auf den Vorderfüßen und spüre, wie mir das Adrenalin durch die Adern rauscht. Ich bin bereit , denke ich, sprinte zum nächstgelegenen Numa und greife ihn an, womit er nicht rechnet. Ich treffe seinen Arm, bevor er das Schwert gegen mich erheben kann. Meine Klinge dringt tief in den Oberarm ein, sein Schwert fällt zu Boden. Schnell beugt er sich danach, und als er sich wieder aufrichtet, springe ich auf ihn zu. Diesmal durchbohrt die Klinge seine Brust. Ich steche fest zu und ziehe das Schwert sofort wieder heraus.
Er starrt mich an, seine Augäpfel quellen leicht hervor. Seine Hände schnellen zur Wunde, er hustet Blut und kippt dann vornüber. Sein Schwert fällt scheppernd zu Boden.
Ich kann es nicht fassen. Ich habe da gerade wirklich jemanden getötet. Irgendwie rechne ich damit, dass mir wieder schlecht wird wie am Flussufer. Doch nichts, eher bin ich aufgeregt, fast berauscht. Hier stehen sich Bardia und Numa gegenüber, kämpfen einen fairen Kampf. In diesem Fall dient der Tod einem übergeordneten Ziel , sage ich mir. Und dann wird mir plötzlich bewusst, dass dieser Gedanke die alte Kate trösten soll. Auf die neue Kate warten noch ein paar Numa.
Charlotte kämpft wie eine
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