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Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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Gruppierung spricht. »Wir bleiben, solange ihr unsere Hilfe braucht«, sagt sie mit deutschem Akzent. Sie könnte locker Lisbeth Salanders taffe kleine Schwester sein. Ihr drahtiger Körper ist überwiegend tätowiert, im Gesicht prangen silberne Piercings, ihr blau gefärbtes Haar ist kurz und steht so extrem ab, als hätte sie zum Stylen in eine Steckdose gefasst.
    »Wir haben nicht genug Platz in La Maison, um jedem von euch ein Zimmer zu stellen, aber in der Innenstadt …«, setzt Vincent an.
    »Wir brauchen keine Betten«, erwidert sie. »Diese Woche muss niemand ruhen.«
    »Und einen Ort, an dem ihr eure Sachen unterbringen könnt …«
    »Wir teilen alles, auch unsere Privatsphäre.« Vincents Umsicht amüsiert sie offenbar. »Davon mal ganz abgesehen, ist es doch besser, wenn wir alle am selben Ort sind. Schließlich steigt die große Schlacht bald, hast du gesagt. Betrachte uns einfach als unzertrennlich«, sagt sie und legt den Mittel- über den Zeigefinger.
    »Wir sammeln uns im Haus der Pariser«, ruft sie ihren Leuten erst auf Englisch und dann auf Deutsch zu, die damit beschäftigt sind, die Passage zu säubern. Sie sammeln verwaiste Waffen ein und wischen mit ihren T-Shirts das vergossene Blut auf, die sie dann allesamt in Abfalleimern außerhalb der Passage entsorgen. Als wir aufbrechen, sieht es so aus, als wäre hier nie etwas vorgefallen. Die neuen Kumpels von Charles tragen ihren nackten, tätowierten Oberkörper wie Medaillen unter den Lederjacken, rempeln einander scherzhaft an und machen Witze auf Deutsch.
    Auf dem Rückweg nach La Maison halten wir zweimal an, damit die anderen Einheiten zu uns stoßen können. Auch sie sind von Numa angegriffen worden, haben aber keine Verluste vorzuweisen. Die Numa hatten sie schnell attackiert und sich dann wieder verdünnisiert. Ob das daran lag, dass sie unsere Verstärkung vom Nachrücken abhalten oder auf offener Straße einfach nicht so lange kämpfen wollten, können wir nur raten.
    Während Vincent unsere kleine Truppe nach Hause führt, läuft die deutsche Anführerin direkt neben mir her. Sie mustert mich völlig ungeniert.
    »Irgendwie hab ich deinen Namen nicht mitbekommen«, sage ich und schaue ihr dabei direkt in die Augen.
    Sie blinzelt nicht mal, absolute Aufmerksamkeit scheint ihr weder fremd noch unangenehm zu sein. »Uta«, antwortet sie. »Und du bist die Meisterin.«
    »Sieht so aus. Obwohl uns das heute auch nicht viel genutzt hat«, gebe ich zu. »Ich bin einfach nur froh, dass Charles noch alle Nachrichten von Charlotte bekommen hat, sonst wären wir jetzt erledigt.«
    »Charles hat keine Nachrichten von Charlotte bekommen«, sagt Uta und hebt eine ihrer gepiercten Brauen. »Oder vielleicht als wir längst hierher unterwegs waren. Wir kommen gerade von einer Motivationstour in den Bergen. Da gab’s keinen Handyempfang.«
    »Aber … Woher wusstet ihr dann, dass ihr hier gebraucht werdet?«, frage ich verwirrt.
    Sie grinst breit. »Ich bin Seherin. Deine Aura stand plötzlich am Himmel, heller als alles, was ich bisher je zu Gesicht bekommen habe. Dabei waren wir zig Kilometer entfernt. Aber mir war klar, dass wir dem nachgehen müssen. Hat bloß eine Weile gedauert, bis wir es hergeschafft haben.« Uta lacht über meine verdutzte Miene.
    »Muss ganz schön krass sein, so als Meisterin«, sagt sie. »Was hast du für besondere Fähigkeiten?«
    Irgendwie macht mich das verlegen. So, als hätte sie gefragt, was ich an mir selbst am liebsten mag. Deshalb fange ich bei den Dingen an, die mich am meisten beunruhigen. »In der Prophezeiung steht, dass ich außergewöhnlich stark sein soll. Ich weiß nicht, wie viel du dahinten mitbekommen hast, aber ganz offensichtlich bin ich nicht stärker als andere Revenants.«
    Uta nickt und denkt kurz nach. »Vielleicht ist damit ja nicht körperliche Stärke gemeint. Mir scheint, bei dir sitzt die mehr so hier«, sagt sie und schlägt sich mit der Faust gegen die Brust. »Stärke hat ja nicht immer nur mit Muskelkraft zu tun.«
    Ich muss daran denken, dass Charlotte Charles’ neue Familie »durchgeknallte Hippie-Leute« genannt hatte. Daraufhin muss ich mir ein Grinsen verkneifen.
    »Wir hatten mal einen Meister in Deutschland«, fährt sie fort. »Ist schon ein paar Hundert Jahre her. Damals war die Situation im Land politisch und sozial total instabil – bester Nährboden für Betrüger. Es kam zu einer regelrechten Numaschwemme. Dann tauchte der Meister auf und führte uns in der Schlacht

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