Von den Sternen gekuesst
kann ich nur noch dafür sorgen, dass dir nichts passiert.
Ich presste mir eine Hand an die Brust, als könnte ich damit den Schmerz lindern. Mit der anderen Hand umschloss ich fest das Medaillon. Nein , dachte ich. Ich weigere mich, diese Zukunftsvision von Vincent anzunehmen: Ich werde nicht weiterleben, als gäbe es ihn nicht mehr, während er über mich wacht wie ein stalkender Schutzengel. Da mach ich nicht mit.
Und dann, ganz plötzlich, tauchten meine Eltern in meiner Erinnerung auf – und die tiefe und innige Liebe, die sie beide verbunden hatte. Fast sichtbar war sie gewesen und hatte auf jeden in ihrer Nähe abgefärbt, alle glücklich und hoffnungsfroh gemacht.
Genau das hätte ich mit Vincent haben können. Ich hatte es so deutlich gespürt. Irgendetwas hatte einfach gestimmt: Wir waren mehr als nur zwei Verliebte. Zusammen wurden wir etwas Neues, etwas durch und durch natürlich Schönes. Vielleicht konnte man es mit einem einzelnen Sonnenstrahl vergleichen, der durch ein Meer tiefschwarzer Wolken bricht und ein kleines Fleckchen Erde in sattes Gold taucht. Vincent und ich ergaben zusammen etwas Wunderschönes.
Dieser Gedanke stählte mich innerlich. Ich spürte, wie mein Körper sich verweigerte. Jede Zelle in mir wehrte sich gegen das Schicksal, das mir aufgedrängt worden war. Selbst wenn ich nicht den Funken einer Ahnung hatte, wie, aber: Ich würde einen Ausweg finden. Denn es musste einen Ausweg geben.
Ich presste das Medaillon gegen meine Lippen. Dann angelte ich das signum an seinem schwarzen Band unter meinem Oberteil hervor, öffnete den Knoten, fädelte den neuen Anhänger auf, verknotete die Enden wieder fest und ließ alles unter meiner Kleidung verschwinden.
Es klopfte an der Tür und Jeanne und ich drehten uns gleichzeitig zu Gaspard um, der hereinlinste. Seine Haare standen ihm auf die übliche Weise zu Berge. »Ähm, entschuldigt bitte die Störung.« Höflich wandte er den Blick ab, wohl damit wir unbeobachtet zu einem Ende kommen konnten.
»Ist schon in Ordnung, Gaspard. Ich habe Kate nur die Kästchen gezeigt, mehr wollten wir gar nicht.«
»Jaja. Schön, schön.« Gaspard nickte und zupfte derweil nervös am Saum seiner Jacke, um zu glätten, was schon perfekt gebügelt war. »Kate, deine Großmutter möchte jetzt gehen und wünscht, dass du und deine Schwester sie begleitet.«
Ich gab Jeanne einen Kuss und folgte Gaspard hinunter in die Waffenkammer, um Georgia einzusammeln. Zusammen gingen wir langsam durch den langen Korridor, der zur Eingangshalle führte.
»Auf zur Kreuzigung«, sagte Georgia. »Die wird uns sicher nie mehr aus der Wohnung lassen.«
»Darüber würde ich mir keine Sorgen machen«, nuschelte Gaspard, mehr aber nicht.
Mamie erwartete uns an der Haustür, ihre Laune war augenscheinlich um ein Vielfaches besser. »Verraten Sie mir noch eins«, fragte sie an Jean-Baptiste gerichtet. »Das Gemälde, das ich für Sie restauriert habe … War das ein Porträt von Ihnen?«
»Qui, madame« , bestätigte dieser.
Mamie nickte, während sie sein Gesicht genau betrachtete. »Ich muss schon sagen, selbst wenn ein bisschen Magie im Spiel ist, bin ich sehr davon beeindruckt, wie gut Sie sich gehalten haben.« Bewunderung lag in ihrer Stimme.
Als sie uns kommen hörte, wandte sie sich um. »Da seid ihr ja, mes enfants «, sagte sie und schon kehrte der strenge Ausdruck auf ihr Gesicht zurück. »Dann wollen wir mal. Alles Weitere besprechen wir mit eurem Großvater, sobald wir zu Hause sind.«
Gaspard hielt uns die Tür auf und Mamie scheuchte uns vor sich her wie eine Henne ihre Küken. Im Hof hakte sie sich bei uns unter und verabschiedete sich von den Herren des Hauses.
»Ich freue mich schon darauf, eines Tages Ihren Mann kennenzulernen«, sagte Jean-Baptiste.
»Ich bin mir nicht sicher, ob er diese Freude erwidern wird«, erwiderte Mamie, ihre Augen funkelten amüsiert. »Aber ich spreche mit ihm, dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Bis dahin möchte ich mich schon einmal herzlich für Ihr Angebot bedanken, uns zu beschützen. Ich werde mich bei Ihnen melden.«
»Wie Sie wünschen, madame «, antwortete Jean-Baptiste. »Sie haben das letzte Wort, Sie bestimmen, wie Ihre und meine Familie interagieren. Geben Sie mir einfach Bescheid, ich tue alles, was in meiner Macht steht.«
»Merci, cher monsieur.« Mamie nickte ihm noch einmal elegant zu und schon steuerten wir gemeinsam das Tor an.
Ich wusste, dass wir aus dem Schneider waren, als Mamie auf
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