Von den Sternen gekuesst
Wahrscheinlich fügt er ein epochales Ereignis zu den Aufzeichnungen der Flammenfinger hinzu , dachte ich.
Mr Gold und Papy standen am Fenster und unterhielten sich. »Während wir warten, bis Vincent genesen ist, würde ich Sie gern ausführlich und in Ruhe mit der Sammlung im Museum vertraut machen. Jetzt, da die dringliche Angelegenheit abgehakt ist«, sagte Mr Gold gerade, als ich zu ihnen stieß.
»Das wäre mir eine große Ehre, die ich unmöglich abschlagen kann, Mr Gold«, entfuhr es Papy.
»Bitte, nennen Sie mich doch Theo. Überhaupt wäre dies der richtige Augenblick, zum Du überzugehen, nicht wahr? Was meint ihr? Kate?«, fügte er mit einem Zwinkern in meine Richtung hinzu, ich konnte nur perplex nicken.
»Nur, wenn du mich Antoine nennst«, sagte Papy und drückte warm Theos Hand.
»Es sieht gut aus, Sie werden sich vollständig regenerieren«, hörte ich, wie der Arzt Vincent informierte. »Trotzdem rate ich Ihnen dringend, noch ein paar Tage im Bett zu verbleiben.«
»Zwei Tage?«, fragte Theo, während er die Couch ansteuerte.
»Zwei, besser drei«, stellte der Arzt klar und packte derweil seine Instrumente wieder in den Koffer.
Vincent wartete, bis Theo die Tür hinter dem Arzt geschlossen hatte, und sagte dann, bemüht, sich aufzusetzen: »Das wird leider nicht möglich sein.«
»Wieso nicht?«, fragte Theo überrascht.
Vincent gab den Versuch auf, lehnte sich wieder zurück in die Kissen und sagte mit schwacher Stimme: »Weil in Paris der Krieg ausgebrochen ist.«
W ie bitte?« Theo klang entsetzt. Er lief zu Vincent und setzte sich ans Ende der Couch.
»Gaspard hat berichtet, in Paris treffen gerade Numa in großer Zahl ein. Unsere Anverwandten aus allen Teilen Frankreichs haben beobachtet, wie sie ihre Städte verlassen und Richtung Hauptstadt ziehen. Es gibt nach wie vor keine Spur von Violette, aber niemand zweifelt daran, dass sie einen Angriff auf die Bardia vorbereitet.« Je länger Vincent sprach, desto schwächer wurde seine Stimme.
»Ich werde Gaspard sofort noch einmal anrufen, um mehr Details zur derzeitigen Situation in Paris zu bekommen, aber wir alle sind uns doch darüber einig, dass du in deiner derzeitigen Verfassung niemandem eine Hilfe bist. Du musst dich ausruhen, bevor ich überhaupt nur daran denke, dich in ein Flugzeug zu setzen.« Vincent bemühte sich nicht einmal, etwas dagegenzuhalten. Dazu fehlte ihm einfach die Kraft.
Jules hatte sich aufgesetzt, als Vincent von den neuen Ereignissen sprach. Theo fragte: »Und dir? Geht es dir besser?«
»Ich fühle mich noch schwach, aber sobald ich ein gutes Sandwich verdrückt habe, bin ich wieder der Alte«, sagte Jules, obwohl er immer noch einen sehr benommenen Eindruck machte. Theo griff erneut zum Telefon. Erst bestellte er etwas zu essen für uns alle und dann rief er erneut Gaspard an, um sich nach der Lage in Paris zu erkundigen. Eine Viertelstunde später verschlangen wir schweigend riesige Sandwiches, eingelegte Gurken und salzige Kartoffelchips.
Vincent hielt nach ein paar Bissen inne. »Ich bin zu erschöpft zum Essen«, sagte er. »Obwohl ich meine Augen gar nicht mehr von dir lösen möchte, mon amour , muss ich sie leider mal schließen, um mich auszuruhen.« In seinen Augen leuchtete es, als er mit den Fingerspitzen meine Wange berührte.
Ich spielte mit einer Strähne seines pechschwarzen Haares und lächelte ihn an. Es war, als hätten sich siebzehn Weihnachten, Geburtstage und sämtliche Sternschnuppenwünsche zu diesem magischen Moment verwoben. Ich war das glücklichste Mädchen der Welt.
»Du kannst dich gern in mein Schlafzimmer legen«, bot Theo an.
»Zu k. o., mich zu bewegen. Die Couch reicht völlig«, antwortete Vincent. Er drehte sich mit dem Gesicht zur Rückenlehne und schloss die Augen. Ich breitete eine Decke über ihm aus und ließ ihn dort auf der Couch zurück, um mich den anderen an einem Tisch in der Nähe des Fensters anzuschließen.
»Jetzt möchte ich bitte alles über Violette wissen«, bat Theo Jules, der die Geschehnisse seit ihrem und Arthurs Einzug in La Maison bis zu dem Moment zusammenfasste, an dem ich aufdeckte, dass sie die Pariser Bardia von Anfang an belogen und betrogen hatte und längst die neue Anführerin der Numa geworden war.
»Sie hat Kate erzählt«, sagte Jules und nickte mir zu, »sie will Jean-Baptiste und meine Anverwandten stürzen, und zwar mithilfe der Numa und der Kräfte des Meisters, die sie auf sich übertragen wollte. Sie war
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