Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
Vom Netzwerk:
keine Blutspende braucht, schätze ich, ihr könnt auf meine Anwesenheit verzichten. Ich bleibe auch lieber hier«, sagte er und schloss die Augen.
    Nachdem die drei verschwunden waren, setzte ich mich eine Weile zu Vincent und betrachtete ihn. Er atmete schwach. Obwohl er nicht schlief – nicht schlafen konnte bis zu seiner nächsten Ruhephase –, wirkte er nicht gerade anwesend. Um ihn nicht zu stören, machte ich mich auf die Suche nach einer Beschäftigung. In einem von Theos Bücherregalen stieß ich auf einen Bildband über Edith Wartons New York. Wenig überrascht las ich darin, dass Theodore Gold zum engsten Kreis um Warton gehört hatte. Ich entdeckte ihn sogar auf einer Aufnahme, auf der Gäste eines Balls abgebildet waren. Theo trug einen Frack und Zylinder, worüber ich unwillkürlich lächeln musste.
    Immer mal wieder sah ich nach Vincent, doch nach ein paar Stunden, in denen er nicht mal gezuckt hatte, legte ich das Buch beiseite und stellte mich ans Fenster. Ich hörte, wie sich jemand am anderen Ende des Wohnzimmers bewegte. Als ich mich umdrehte, bemerkte ich, dass es Jules war, der mich von der Couch aus beobachtete.
    »Was ist denn?«, fragte ich verunsichert.
    »Ach, nichts«, antwortete er. »Jetzt bist du schon mal wieder in deiner alten Heimat und dann hockst du die ganze Zeit hier drin herum. Findest du das nicht irgendwie deprimierend?«
    »Immerhin habe ich mir eine geheime Kunstsammlung anschauen können, deren Thema übernatürliche Wesen sind und die sich in einem versteckten Teil des Metropolitan befindet. Das ist doch schon mal nicht schlecht, oder?«, erwiderte ich und legte übertrieben die Stirn in Falten.
    »Wollen wir eine Runde spazieren gehen?«, schlug Jules vor, erhob sich und schlenderte zu mir herüber. »Ich bin schließlich zum ersten Mal in New York. Und bevor ich wegen Blutmangels ohnmächtig werde, möchte ich wenigstens ein bisschen was gesehen haben. Erweist du mir die Ehre, mir ein paar Ecken zu zeigen?«
    »Aber ich sollte Vincent nicht allein…«, setzte ich an.
    Er nahm meine Hand und zog mich Richtung Tür. »Mal unter uns, ich glaube, Vincent kann sich viel besser ausruhen, wenn du nicht die ganze Zeit besorgt um ihn herumschwirrst. Oder, Vince?«, stellte er in den Raum, während er sich unsere Jacken schnappte.
    Vincent murmelte: »Kate, wenn du Jules diesen Wunsch nicht erfüllst, wird er mir das bis in alle Ewigkeit vorhalten.« Dann zog er sich die Decke bis unters Kinn.
    »Siehste«, sagte Jules zu mir und öffnete die Tür zum Flur. »Erhol dich gut, mein Freund«, rief er über die Schulter. Und fügte dann mit ernster Stimme hinzu: »Wir haben dich gerade erst wieder. Jetzt musst du nur noch zu Kräften kommen.«

W ir lassen Vincent aber nur ein paar Stunden allein, oder?«, fragte ich, als wir den Lift betraten, plötzlich voller Sorge, er könnte einfach verschwinden, während wir unterwegs waren.
    »Bleibt dann genug Zeit fürs Empire State Building?«, fragte Jules.
    Forschend sah ich ihn an, um zu erkennen, ob das ein Witz sein sollte. »Du willst wirklich aufs Empire State Building?«, wollte ich wissen. »Das ist so ziemlich das Tourimäßigste, was man in New York City machen kann.«
    Er nickte fast schüchtern. »Ja, ich weiß. Aber wie kann ich denn da nicht hinwollen? 1933 habe ich King Kong im Kino gesehen und will seitdem unbedingt mal da hoch.«
    »Dein Interesse ist also rein filmhistorisch?«, zog ich ihn auf.
    Die Lifttüren öffneten sich wieder und Jules bedeutete mir mit einer galanten Geste, dass ich zuerst hinaustreten sollte. »Das könnte man so sagen«, mit einem Mal klang er wieder selbstbewusst. »Abgesehen natürlich von meinem innigsten Wunsch, einmal mit einer wunderschönen Frau auf dem Empire State Building zu stehen.«
    Als Jules und ich wieder in Theos Apartment eintrafen, hatten sich die anderen bereits zum Abendessen eingefunden. Vincent hatte sich ein paar Kissen hinter den Rücken geschoben und saß nun aufrecht auf der Couch. »Für dich!«, sagte ich und zeigte ihm eine riesige Einkaufstüte von Macy’s, wo wir neben Schuhen auch eine Menge Klamotten für Vincent gekauft hatten, nachdem der Touri-Part abgehakt gewesen war.
    »Ein paar bedeutungsvolle Mitbringsel für einen bedeutungsvollen genesenden Toten«, stichelte Jules, der ganz augenscheinlich extrem erleichtert darüber war, wie viel gesünder sein bester Freund nach diesen paar Stunden Erholung schon aussah. »Wir haben uns gedacht, dass du

Weitere Kostenlose Bücher