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Von den Sternen gekuesst

Von den Sternen gekuesst

Titel: Von den Sternen gekuesst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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lass das klappen. Komm zurück, Vincent. Du musst einfach zurückkommen«, flüsterte ich flehend.
    Der rote Ton wandelte sich in sonnengebräunte Haut, auf dem glatten Kopf erschien pechschwarzes, gewelltes Haar. Das Gesicht, bei dem Jules sich so viel Mühe gegeben hatte, bekam eine echte Nase, einen Mund und Augen, die wie im Schlaf geschlossen waren. Er lag dort, reglos und still, bis Bran sich auf eine Stelle in der Luft über dem Thymiaterion konzentrierte und rief: »Los, Bardia-Seele, belebe diesen Körper!« Er machte eine letzte schwungvolle Geste, als würde er den Geist hinunterziehen, und berührte dann Vincents Brustkorb.
    Vincents Augen flogen auf und er atmete so tief ein, als würde er mit einem einzigen Atemzug den gesamten vorhandenen Sauerstoff aus der Luft holen wollen.
    »Vincent«, sagte ich, das Herz war mir in die Hose gerutscht.
    Sein Blick landete auf mir, er streckte den Arm aus und ich nahm seine Hand und legte sie mir an die Wange. Er fühlte sich kochend heiß an, so als hätte er Fieber. Ich küsste seine Finger. Er roch nach Feuer und regennasser Erde. Und wie der Junge, von dem ich gedacht hatte, ich würde ihn nie wieder berühren.

E rst als Jules und Mr   Gold dem schwachen Vincent aus der Schale des Thymiaterions halfen, fiel uns etwas ganz Wesentliches auf, das wir in dem ganzen Wirbel darum, Vincent wieder einen Körper zu verschaffen, vergessen hatten. Klamotten.
    Und selbst wenn Vincent mich doch schon einmal nackt gesehen haben sollte, konnte ich das umgekehrt nicht behaupten. Doch da ich bemerkte, dass Papy mich demonstrativ fixierte, wandte ich mich ab und wartete mit verschränkten Armen, bis die anderen Vincent provisorisch in eine Transportdecke gewickelt hatten. Dann warf ich mich ihm um den Hals.
    »Kate«, sagte er, taumelte etwas, zog mich dann ganz nah an sich heran und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Ich wandte ihm meinen Mund zu, wollte einen richtigen Kuss und seine Lippen waren eine Offenbarung. Ganz wie bei unserem ersten Kuss, nur hundertmal besser. Er lächelte mich schwach an, dann schlossen sich seine Augen, er kippte um und fiel mir in die Arme. Nun taumelte ich, weil ich plötzlich sein ganzes Gewicht halten musste.
    Jules rannte herbei und half mir, Vincents bewusstlosen Körper langsam auf den Boden zu legen. Ich nahm seinen Kopf auf den Schoß, während Mr   Gold seinen Puls fühlte. »Wie dumm von uns«, sagte er ein bisschen fassungslos. »Wieso haben wir denn nicht daran gedacht, Wasser und Lebensmittel für ihn mitzubringen? Wahrscheinlich befindet sich sein Körper in einer ähnlichen Verfassung wie nach einer Ruhephase, er wird unglaublich schwach und unterversorgt sein. Wir müssen ihn so schnell wie möglich zu mir nach Hause bringen.«
    »Wir können ihn doch nicht nackt nach draußen bringen«, sagte Papy.
    Jules zog sich das T-Shirt aus und ich half ihm dabei, es Vincent über Kopf und Arme zu ziehen. Er selbst schnappte sich den Pullover, den er vor seiner Blutspende weggelegt hatte. Dann bat er: »Geben Sie mir Ihren Schlüssel, Theodore. Ich habe oben in der Restaurationswerkstatt Arbeitskleidung gesehen, als wir den Ton geholt haben.«
    Schon zehn Minuten später verließen wir die große Ausstellungshalle und liefen durch viele kleine Gänge bis zu einem abgelegenen Seiteneingang, wo es kein Wachpersonal gab, das den bewusstlosen Vincent hätte bemerken können, dessen Arme sich Jules und Mr   Gold umgelegt hatten, um ihn zwischen sich zu tragen. Es gelang uns, ihn über die Straße zu Mr   Golds Apartment zu bringen, ohne mehr als ein paar neugierige Blicke von Passanten zu ernten, die zu dieser frühen Stunde schon unterwegs waren.
    In der sicheren Wohnung angelangt, legten Jules und Mr   Gold Vincent auf eine der Couches im Wohnzimmer. »Oh, ich blute wieder«, stellte Jules tonlos fest, während er auf das Blut starrte, das ihm aus dem Arm strömte. Unser Gastgeber verschwand sofort und kam kurz darauf mit einer Bandage wieder, mit der er Jules’ Wunde straff verband, bevor er ihn davon überzeugte, sich auf die andere Couch zu legen.
    Vincent atmete, aber er war nach wie vor bewusstlos. Bran setzte sich zu ihm und betrachtete sein kreideweißes Gesicht. »Seine Aura ist ziemlich schwach«, sagte er.
    »Schnell, holt etwas Essbares für Vincent. Zur Küche geht’s da lang«, orderte Mr   Gold, der nicht von Jules’ Seite gewichen war. Papy und ich eilten durch den Flur und durchstöberten die tadellos saubere, komplett

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