Von Der Kunst, Hindernisse Zu ueberwinden
es. Was bedeutet das eigentlich genau? Während meiner Ausbildung im Reisebüro lernte ich zwei Kollegen kennen, Norbert und Walter, beide waren damals 33 Jahre alt und hatten schon viele Jahre Erfahrung in der Tourismusbranche, sie kannten viele Länder, waren ausgezeichnete Verkäufer und charismatische Persönlichkeiten. Nach über 13 Jahren im Reisebüro am Verkaufsschalter waren sie nicht mehr richtig glücklich mit dem, was sie taten. Beide wollten etwas Neues ausprobieren. Sie hatten beide dieselbe Ausbildung, einen Pflichtschulabschluss, eine abgeschlossene Lehre im Reisebüro und viele erfolgreiche Berufsjahre. Als unsere bundeslandweite Reisebürogruppe von einer deutlich größeren Firma übernommen wurde und sich die Arbeitsumstände verschlechterten, kam Walter auf die Idee, dass sie beide kündigen und neue Wege einschlagen könnten. Norbert fand die Idee gar nicht gut, und ich erlebte viele Diskussionen zwischen den beiden. Walter war der Meinung, dass das Risiko zum Scheitern gering sei, denn mit ihrer Ausbildung könnten sie jederzeit in einen anderen kaufmännischen Beruf einsteigen, wenn ihre Pläne in der Touristikbranche nicht funktionieren sollten. Norbert hingegen hatte Angst vor Arbeitslosigkeit und wollte die seiner Meinung nach sichere Anstellung nicht verlieren. So kam es, dass Walter seinen Job kündigte und sich bei einer Fluglinie bewarb und Norbert im Reisebüro blieb. Bei der Fluglinie hatte Walter Erfolg, durch seine ausgezeichneten Fachkenntnisse konnte er sich schnell hocharbeiten und hat heute eine verantwortungsvolle Position als Abteilungsleiter mit über 30 Mitarbeitern, er ist glücklich. Norbert wurde zwei Jahre später gekündigt, weil sein Chef mit seiner Motivation unzufrieden war, er ist momentan arbeitslos.
Was genau ist ein Risiko? Mathematisch betrachtet ist Risiko die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines negativen Ereignisses. In vielen Situationen im Leben müssen Sie sich entscheiden. Das bedeutet, dass man zwei oder mehr Möglichkeiten hat und sich eine oder mehrere davon aussucht bzw. eine oder mehrere davon nicht wahrnimmt. Bei jeder Entscheidung gibt es auch ein Risiko. Risiko bedeutet in diesem Fall die Möglichkeit, dass sich die Entscheidung im Nachhinein nicht bestmöglich oder sogar negativ für Sie oder andere auswirkt.
Ein Traceur steht ständig vor Entscheidungen. Welchen Weg wähle ich? Welche Technik hilft mir über dieses Hindernis? Ist das Risiko tragbar oder lasse ich es besser bleiben? Diese Entscheidungen muss er im Bruchteil einer Sekunde treffen, darum wird er mit der Zeit ein Meister darin, Risiken abzuschätzen. Trifft er eine falsche Entscheidung, und der Risikofall tritt ein, bleibt er auf der Strecke. Wählt er beispielsweise eine Mauer als Hindernis aus, die sich als zu hoch herausstellt, wird er nicht oben ankommen und stattdessen herunterfallen. Wie er sich entscheidet, hängt vom Risiko und der Chance ab. Sollte er nur im Training sein, wird er anders agieren, als wenn er beispielsweise von einem aggressiven Hund verfolgt würde, denn dann wäre das Risiko nicht mehr tragbar, herunterzufallen. Der Traceur stellt sich die Frage: Wie schlimm sind die Folgen der Entscheidung? Was ist größer, das Risiko herunterzufallen und die möglichen Folgen zu tragen oder die Chance, es zu schaffen und die Erfahrung dessen nutzen zu können?
Was aber hat Risiko mit der Optimierung der Einstellung zu tun? Machen Sie sich bewusst, dass viele Situationen, die ein gewisses Risiko bergen, vom Gehirn automatisch als negativ eingestuft werden, gerade weil das Wort »Risiko« für uns sehr negativ belastet ist. Dabei lassen wir die sich bietende Chance, die ebenso besteht, oft außer Acht. Dies ist ein wichtiger Punkt. Überall, wo ein Risiko besteht, besteht auch eine Chance. Und genau deshalb ist es wichtig, eine solche innere Einstellung zu optimieren. Es lohnt sich also nicht, vor geringen und kleinen Risiken Angst zu haben. Im Gegenteil: Das Gehirn arbeitet dann wegen der negativen Belastung von »Risiko« sogar gegen eine realistische Einschätzung der Situation.
Wovor hatte Norbert Angst? Er hatte Angst, arbeitslos zu werden. Natürlich war dieses Risiko gegeben, auch wenn es mit seiner Ausbildung und Berufserfahrung in der damals noch florierenden Touristikbranche nicht sonderlich groß war. Dennoch ließ er sich dadurch abhalten, einen neuen Schritt zu wagen. Er schätzte die Situation aus Angst unrealistisch ein, ließ außer Acht, dass er
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