Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben
Wust von Weltknäuel aus beschissenenuniversellen Problemen siegreich hervorgehen. Ihr werdet sehen. Steht am Samstag früh auf, um euch das Schauspiel anzusehen, wie die Sturmwogen der Probleme zurückweichen und die ruhigen Wasser der befriedeten Welt heranströmen, das ist die Sache wert, so was erlebt man nicht zehnmal (zehn). Wir zusammen, ihr und ich, sind dabei, das einzigartige Instrument dafür zu schmieden, ich glaube, ihr seid euch dessen nicht mal wirklich bewusst.
Ihr seht also, ich habe einen Plan, ich springe nicht wie eine Heuschrecke im Heu geschwätzig von einem Thema zum andern. Dieser Eindruck ist nur eine List, das sagte ich schon weiter oben, eine List, damit euch das Buch leicht verständlich, eingängig und harmlos erscheint. Während ich euch gleichzeitig die unverdaulichsten Grundbegriffe in den Schädel hämmere. Aber ganz unauffällig. So, als würde ich bloß gemütlich mit euch plauschen, ohne mich zu bekümmern, worauf es hinausläuft. Alles Berechnung. Wenn ich euch dieses Opus nach alphabetisch geordneten Schwerpunkten, mit Index und Fußnoten präsentiert hätte, hättet ihr es wohl bald in eure blaue Bucht gefeuert und die Hoffnungen, die die Welt in euch setzt, damit zunichtegemacht. (Nun lasst doch mal endlich diese Napfschnecken in Ruhe, habt ihr Angst, dasseiner sie euch wegnimmt, oder was?) Wenn ihr den Plan nicht bemerkt, dann, weil ich ihn absichtlich entschärft habe, um euch nicht wehzutun, was mir dank jahrelanger literarischer Erfahrung ein Leichtes ist. Denn den Bauplan eines Buches zu spüren ist sehr schmerzhaft, ein bisschen so, als würde man auf einem Sack Nüsse schlafen. Dass ihr ihn nicht bemerkt, dass ihr den Eindruck habt, eine Fahrt ins Blaue zu machen, heißt nicht, dass es diesen Plan nicht gibt , ihr könnt beruhigt sein, ich weiß, wohin ich gehe. Macht euch den Kopf frei, zeichnet Enten. Nein, nicht »Das sterbende Griechenland auf den Ruinen von Athen«, einfach Enten, wir sind ja noch Anfänger.
Ich merke, euch steht nicht der Sinn danach, diese simple kleine Ente zu zeichnen, also bedrückt euch irgendwas. Es ist der Zweifel. Ihr zweifelt an den Wohltaten dieses kleinen Werks, ihr zweifelt an der Existenz eines Plans, ihr zweifelt an einem Inhalt und einem Gefäß. Na toll. Ihr meckert gern, wie’s scheint, ihr kritisiert, bevor ihr wisst, ihr urteilt, ohne zu kennen. Und da sage ich: Halt! Gebt acht, ihr zweifelt zu viel, ihr werdet euch verletzen. Dreht eure Zunge siebenmal im Mund herum, bevor ihr über andere und ihre Themen urteilt und dieses Opus ins Meer werft,das wäre schon ein großer Schritt hin zum Frieden in der Welt. Ich weiß, sonderlich ästhetisch sieht das nicht aus. Aber es gibt seltene Augenblicke, wo man auf die Ästhetik pfeifen muss. Kühnheit!, sagte Danton (aber sicher, es war Danton, ihr müsst nicht alles im Lexikon nachschlagen, es ist schon neun Uhr vormittags). Nörgelt nicht an jedem Satz dieses Werkes herum, überlasst ihm euch vielmehr in friedlicher, maßvoller Lektüre, einmal monatlich, zwölfmal pro Jahr. Diese Frequenz gilt für alle außer für meine Mutter. Ich weiß nicht mehr, ob ich euch schon von meiner Mutter erzählt habe, oder meiner Schwester, die, wie’s der Zufall will, auch mein Zwilling ist, mit zehn Minuten Vorsprung (zehn), die paar Minuten werde ich ihr nicht streitig machen. Meine Mutter braucht niemanden, um sich ihr Leben zu organisieren, bei ihr ist es von Amts wegen organisiert, schon von Anfang an. Ein in der Weltgeschichte einmaliger Fall, und ausgerechnet meine Mutter, es gibt schon seltsame Zufälle. Nun stellt keine sinnlosen Vermutungen an, geht mir nicht mit meiner Mutter auf den Geist, dreht eure Zunge siebenmal im Mund herum, ich will kein Wort des Protestes hören. Ich persönlich sage nichts über eure Mutter, ich achte sie in einem Maße, wie ihr euch kaum vorstellen könnt.
Ihr zweifelt zu sehr, es ist meine Pflicht, euch zu bremsen, denn es gibt zwei Arten von Zweifel, den guten und den schlechten Zweifel. Das hat die Natur sich so ausgedacht, um uns zu nerven. Der positive Zweifel, gemeinhin vorwärtsdrehend genannt, unterscheidet sich vom negativen Zweifel, im Volksmund rückwärtsdrehend genannt (weil er nach hinten losgeht), durch die simple Tatsache, dass der erste uns beherzt zum Leben hinführt wie das zwitschernde, weitblickende Vöglein, während der zweite uns zu Boden drückt, ja uns regelrecht zermalmt wie die Dampfwalze, ihr seht, in welche gedanklichen Tiefen
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