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Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Titel: Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nicht weiter so herumalbern. Wir sollten ihn alle gemeinsam auflockern, er ist total verkrampft. Nennen wir ihn G. für den Fall, dass ich richtig geraten habe. Ich werde mit ihm über Mozart reden, das wird ihn bestimmt entspannen. Wir hatten ja schon auf Deck damit angefangen, als wir dummerweise unterbrochen wurden. Er sagt, warum nicht, spuck aus, was du zu sagen hast. G. wiederholt sich gern, ein weiterer Hinweis, dass er bestimmt ein Gewissen ist. Also Mozart, so heißt es, bringt Hühner zum Eierlegen. Seine Musik soll eine euphorisierende Substanz enthalten. Nein, nichts Patellenähnliches, etwas anderes, viel Komplizierteres als Napfschnecken. So etwas zu wissen schien mir interessant. Aber die Geschichte sagt ihm nicht zu, er will Beweise und keine Gerüchte. Unser Bild von dem Mann nimmt immer konkretere Züge an, er ist sehr hellhörig, verzeichnet den geringsten Verstoß. Er verlangt ein konkretes Beispiel, was diesen seltsamen Mix aus Musik und Hühnerverhalten angeht. Na wunderbar, ich stehle ihm eins von einem Freund (nein, nicht jenem einen, auch nicht dem anderen, einem dritten):Dieser Freund befand sich an einem zerstörten Ort, der von beiden verfeindeten Seiten Tag und Nacht unter Beschuss lag. Es ist eine wahre Geschichte, sie spielt im Krieg, es war im Libanon.
    G. bedeutet mir fortzufahren. Eine neue Erkenntnis für uns: Er wartet, bevor er urteilt. Er ist also tatsächlich ein Gewissen, das steht jetzt fest. Und ich fürchte sogar, er ist meins, was hätte er sonst hier zu suchen? In meinem Boot? Er scheint sich hier auszukennen, scheint sich sehr wohlzufühlen, trinkt die Flasche aus, nimmt sich Zucker, Honig, ohne um Erlaubnis zu fragen, weder ein Dankeschön noch ein Guten Tag noch sonst was. Forschen wir weiter, bleibt bei mir. Ich soll ihm die Geschichte in kurzen, klaren Sätzen erzählen, ich weiß, wir werden uns langweilen, aber G. zu erzürnen, können wir uns nicht leisten.
    Es war Krieg. Dieser mein Freund hört die Rolling Stones grölen. Stand nur noch kleines Haus auf dem Platz, Bewohner nicht geflohen, wegen seiner Hühner. Aber die Hühner legten nicht mehr, wegen Krach, Maschinenpistolen. (Stellt euch nur mal kurz vor, was wir auf der odysseischen Triere aus dieser Geschichte gemacht hätten, ein regelrechtes Feuerwerk. Während wir uns hier langweilen. Obwohl das Sujet einfach großartig ist, aber reinweg vergeudet.) Alter Mannbesaß Rolling-Stones-Platte, noch lauter als Detonationen. Hatte aber nur die eine, legte sie den ganzen Tag auf: Hennen legten (legte/legten – was machen wir nur mit diesen leidigen Schnitzern?). Woraus folgt: Musik fördert Eierlegen, Maschinenpistolen stören Ausgeglichenheit. Wir haben die Geschichte schlichtweg vergeudet, es regt mich richtig auf. Aber ihm sagt sie zu, sie ist knapp und bündig, und sie ist wahr, alle haben die Idee nun verstanden, damit hören wir auf, kein überflüssiger Kommentar mehr.
    G. ist eine totale Nervensäge. Es ist der letzte noch fehlende Beweis: Dass er ein Gewissen ist, das wussten wir. Aber jetzt steht fest, dass er mein Gewissen ist, denn er ist eine totale Nervensäge. Alles deutet darauf hin. Und ich sage euch, seit ich ihn beobachte, registriere ich, dass sein TI geradezu unangreifbar ist. Ach, ich hätte euch so viele Dinge zu sagen. Ich würde euch gern von der Härte des Alltags erzählen und wie man sie mildern kann, ich würde euch gern vom Sein und vom Scheinen erzählen und vom Wasser auf der Haut, vom zu Unrecht verachteten Gemüse, außer der Tomate, ich weiß, aber die Tomate ist kein Gemüse, sondern eine Frucht, Herrgott, seht bloß mal auf euren Karteikärtchen nach, von der Liebe, vomNeandertaler, von den Ameisen und den Wohltaten der zu Unrecht verschrienen Lüge.
    Er ist gegen die Lüge. Ganz eindeutig, da spricht mein Gewissen.
    Ich gehe ihm auf den Geist. Erinnert ihr euch, wie wir auf der Triere im kleinen Kreis miteinander plauderten? Bevor mein Gewissen mich fatalerweise einholte und mir diesen Prozess aufhalste? Haben wir uns nicht gut amüsiert an der Villette, als ihr noch Zehntausend wart und dort in den Anlagen machtet, was ihr wolltet? Und als ich eingeschlafen bin und es nicht hätte tun dürfen? Wie Siebentausend von euch auch? War das ein Spaß.
    Sein Geschmack ist das nicht. Ich wünschte, ihr könntet sein Gesicht sehen, wirklich schade, dass ihr abgehauen seid. Aber wenn ihr nicht gegangen wärt, wäre er nicht hier, man kann nicht beides gleichzeitig haben. Entweder ihr

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