Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben
oder er. Ich kenne den Typ. Ich kenne ihn auswendig. So einer wie der ist in der Lage, eine Party zu sprengen, der kann euch wegen ein paar Verhaltensfehlern für drei Wochen die Stimmung vermiesen und wegen einer Handvoll Utopisten mitten auf dem Meer das Schiff in die Luft jagen. Da kennt er gar nichts. Bleibt bei mir. Wir werden uns mal ein bisschen entspannen, da wir ja nun wissen, woran wirbei ihm sind. Wir werden ihm von den unermesslichen Tugenden der Langsamkeit, des Nichtstuns, der Nutzlosigkeit erzählen, damit reizen wir ihn ein bisschen. Außerdem ist die Geschichte wahr, sie handelt von meinem Sohn: einem kleinen Jungen, der zwischen den Beinen seines Vaters auf einem Kieselstrand hockt. Es ist Winter, es gibt nichts zu sehen, keine einzige Möwe, keinen Spaziergänger, nichts. Nach einer Stunde erhebt sich sein Vater, da sagt der Junge zu ihm: »Warte, ich hab noch nicht alles gesehen.«
G. ist nicht sehr begeistert, er schlägt einen lauteren Ton an, bezichtigt mich kategorisch der Selbstgefälligkeit: poetischer Quatsch sei das, Träumerei, Gefasel, zu nichts zu gebrauchen, kein Thema, keine Konzeption, keine Konklusion, ein einziger Brei, ich bluffte die Leute mit verschwommenen Andeutungen, täuschte sie mit verlöschenden Bildern, überlistete sie mit Unvollendetem, der bequemsten Lösung, Komfort des Nicht-Gesagten, des Nicht-zu-Ende-Geführten, alles Schwachsinn, Pappmaché, wertloses Material, Amateurarbeit das Ganze. Grober Betrug.
Ich wusste es, ich hatte nichts anderes von ihm erwartet.
Stellt euch nur mal eine Sekunde vor, was wir auf der Triere aus dieser Anekdote gemacht hätten ohnedieses Pfaffengesicht vor uns, das einem jeden Spaß vergällt? Wir hätten sie unter Fanfarenklängen großzügig ausgeschmückt, unter großem Tamtam darüber reflektiert, wir hätten Metaphern gesponnen und die klügsten Dings – Ideen daraus abgeleitet. Und dann hätten wir, beflügelt von unserem unschlagbaren Elan, sämtliche Fäden unseres Werks miteinander verknüpft, das Ganze in einem kurzen Abriss zusammengefasst, um ihm schnell noch so etwas wie eine innere Einheit zu geben, wir hätten unsere Leitern unfallsicher aufgestellt und ein gewaltiges Fest veranstaltet, genau bevor, da ja ein Ding das andere nach sich zieht, genau bevor an einem von roten Sonnen überflammten Samstag die Morgenröte der Menschheit aufgegangen wäre.
Habt ihr bemerkt, wie gleichmütig er diesen ungebührlichen Wortschwall über sich ergehen lässt, verstockt wie ein Stein, was beweist, dass er ihm missfällt, ja ihn geradezu anwidert?
So ist er eben, mein G.
Triere des Sieges, Weisheit der Erkenntnisse, von Konzepten gesättigt, Looping zwischen dem unendlich Kleinen und Großen, wir haben alles an uns gerissen, nichts haben wir ausgelassen, Nagel umNagel sind wir von Dach zu Dach gesprungen, von Stern zu Stern, die Sache war klar, Ankunft, Frieden, Brot, Patellen, Melborps. Das alles in nur fünf Tagen Arbeit. Hochseilakrobatik, Musik, Wissen und Leidenschaft, Hoffnung und Experiment, die vier Reiter der … ihr wisst schon, wir ritten geradewegs auf sie zu. Und da musste dieser Typ aufkreuzen, mitten im schönsten Schwung hat er uns die Beine weggehauen. Er versteht absolut nichts, er nennt das alles pure Hochstapelei. Ein Dogmatiker, ein Korinthenkacker.
Er ist gegangen, was für eine Erlösung! Endlich kann man wieder atmen, man erstickt ja hier geradezu. Wenn ich sage »gegangen«, dann mache ich mir allerdings keine Illusionen. Dieser intolerante Kerl wird mir immer auf den Fersen bleiben. Bei der ersten Abweichung habe ich ihn wieder auf dem Hals, darauf kann ich mich verlassen. Von wegen Schiffe chartern, um einer Utopie entgegenzusegeln, ein bisschen ins Schlingern geraten, sich irgendwas erzählen, sich für irgendwen halten, alles nicht mehr drin. Schade, denn wir haben uns echt amüsiert. Erinnert ihr euch noch, wie das gestunken hat auf Deck, als wir die Schafe aus Edinburgh verbrannten? Und als ihr ausgerechnet in den Windungen des Schneckengehäusesrebellieren musstet? Erinnert ihr euch? Was haben wir gelacht.
Er nicht. Er ist ein ganz Scharfer, Redlicher. Ein Dogmatiker des Authentischen, ein Fanatiker des reinen Denkens, in der Wolle gefärbt, mit der Spitzhacke aus dem Steinbruch des menschlichen Gehirns herausgeschlagen. Er ist ein Gegner jedes Kunstgriffs, überall wittert er Betrug, er ist ein Besessener, ein ewiger Richter, ein Blödmann.
Da hilft kein Jammern, und auch wenn ich meinen Frust
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