Von der Liebe verschlungen
es kostete, befürchten, dass er es widerlich finden könnte. Nach einigen weiteren Schlucken entspannte er sich und ließ sich in die Polster sinken.
»Ich sagte dir, dass Hunger dich reizbar macht«, meinte ich, und er lachte leise.
»Ist schon komisch, wie es einen entspannt. Beinahe wie Alkohol, aber ohne das Verschwommene. Ich fühle alles genauso scharf, nur nicht so, als sei alles, was du sagst, eine Herausforderung. Viel besser.«
Er lehnte sich zurück, einen Knöchel auf seinem Knie, und genoss sein Blut, als versuche er, einen seltenen Jahrgang zu bestimmen.
»Ich möchte schwören, dass es nach Butter schmeckt«, meinte er zwischen zwei Schlucken. »Wie ist das möglich?«
»Verusha bevorzugt gute Produktion vom Land«, erklärte ich. »Diese Pinkies haben Zugang zu frischen Milchprodukten und Butter, und vielleicht ist es das, was du schmeckst. Ich schmecke Sahne, Sonnenschein und Frische. Ziemlich rund und vollmundig.«
Verusha ließ sich in ihre Kissen sinken, mit einer Hand voll gezuckerter Leberstückchen auf ihrer gewaltigen Oberweite platziert. Ein angenehmes Leben im Haus, extra Phiolen mit Blut vom Lande und jede Menge Süßigkeiten hatten sie verweichlicht, und sie genoss es.
»Gut für die Konstitution«, sagte sie.
»Und was ist das da, in der Schachtel?«, fragte Casper, setzte seine leere Teetasse ab und beugte sich vor, um ein Stück Leber aus der Schachtel auf dem Tisch zu nehmen.
Sie fauchte und tat so, als wolle sie nach ihm schlagen. »Lass die Finger von den Süßigkeiten einer alten Frau«, brummte sie. »Das ist zu teuer, um es an jemanden zu verschwenden, der das Besondere nicht zu schätzen weiß.«
Er wich ihrer Hand aus und schnupperte an dem tiefroten Stück Leber, das, überzogen mit Zuckerkristallen, einem glänzenden Juwel ähnelte. Er hatte gerade den Mund geöffnet, als plötzlich die Tür aufschwang und Keen hereinkam. Sie war deutlich sauberer als sonst, und ihr Haar war unter dem traditionellen Kopftuch rangniederer Pinkiedienstboten nach hinten gebunden.
»Sind das Bonbons?« Sie grinste, als sei sie nie weg gewesen, huschte an seine Seite und ließ sich dort auf den Diwan plumpsen. »Das ganze Essen hier ist fade. Kein Salz. Wo bleibt da der Spaß?« Doch bevor sie ihre behandschuhten Finger in die Schachtel stecken konnte, ließ er sie zuklappen.
»Das gehört Verusha«, sagte er. »Bitte versuche, dich etwas zu benehmen.«
»Was zur Hölle ist denn mit dir los, Maestro? Wer ist gestorben und hat dich zum Gott gemacht?« Sie legte die Füße in Stiefeln auf den kleinen Tisch, holte ihre immer noch kugelförmige Uhrwerkschildkröte heraus und warf sie zwischen ihren Händen hin und her. Casper bebte neben ihr und fing an, durch den Mund zu atmen, und mir wurde klar, dass er sich zum ersten Mal seit seiner Verwandlung in einem kleinen Zimmer ohne Fenster mit einer Pinkie aufhielt.
»Wir sollten gehen.« Ich stand auf und streckte die Hand nach Casper aus, unsicher, was ich tun sollte, falls er mein Angebot ablehnte. Doch er nahm meine Hand und umrundete eilig den Tisch, weg von Keen, die nun nach einem ausgiebigen Bad weniger abstoßend roch.
»Wohin gehen wir denn?«, fragte sie sichtlich verwirrt. »Und wo wart ihr beiden überhaupt letzte Nacht? Und wo wart ihr den ganzen Tag?« Dann fiel ihr Blick auf den offenen Kragen von Caspers Hemd, und ihre Augen wurden schmal und sie musterte ihn von oben bis unten. »Lach mal«, befahl sie mit finsterem Blick.
»Ich glaube, ich kann nicht.«
Sie ließ ihre Schildkröte zu Boden fallen und ging auf mich los, die Hände zu Fäusten geballt, so klein und böse wie das Bludwiesel, das wir im Zoo gesehen hatten. »Was hast du gemacht?« Sie kam so nahe auf mich zu, dass ich den Veilchenduft von Verushas Shampoo riechen konnte. »Was hast du mit ihm gemacht?«
»Das, was getan werden musste«, antwortete Casper müde und zog sie an den Schultern von mir weg, wobei er sein Gesicht nachdrücklich abgewandt hielt. »Wir hatten keine Wahl. Es tut mir leid.«
»Es tut dir leid? Es tut dir verdammt noch mal leid?« Keen wich vor uns zurück, einen Schritt nach dem anderen in Richtung Tür. Sie kämpfte mit den Tränen, und ihre Schultern bebten. »Es ging dir gut, Casper. Wieso musstest du alles kaputt machen?«
»Ich habe es dir nicht erzählt. Ich konnte nicht. Aber es ging mir schlecht, in London schon. Auf der Maybuck wurde es noch schlimmer. Ich war dabei durchzudrehen. Du verstehst nicht –«
»Ich verstehe
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