Von der Liebe verschlungen
waren schärfer als vorher, als habe ein Zeichner eine Skizze noch einmal überarbeitet und perfektioniert.
»Der Ball des Zuckerschnees ist morgen Abend. Morgen früh bereiten wir uns vor und kleiden uns an. Bei Sonnenuntergang besteigen wir die Kutsche und fahren durch den Wald zum Eispalast. Wir werden tanzen, damit der Schnee fällt, und dann töte ich Ravenna.«
»Und danach?«
Ich kicherte, finster und lieblich zugleich. »Danach bestimme ich die Regeln.«
»Und was wirst du tun?«
»So viele Dinge, Schätzchen. So viele Dinge.«
Ich holte tief Luft und träumte vor mich hin. Ich würde die Dinge in Ordnung bringen. Ich würde Ravennas Chaos beseitigen. Ich würde einige sehr kostbare Koffer an den svedischen König schicken, mit den Köpfen seiner Botschafter und Spione darin, wie Gastgeschenke. Ich würde gefährliche Männer entsenden, um Mr Sweeting in der Ruby Lane zu besuchen und die Überreste meiner Schwester nach Hause zu holen. Ich würde sogar Keens Bild in die Zeitungen setzen lassen und sehen, ob wir sie finden könnten, indem wir eine Belohnung aussetzten, die so groß war, dass sie selbst kommen würde, um sie sich zu holen.
»Ich rede von mir, Ahna. Was wirst du in Bezug auf mich tun?«
»Du wirst Hofkomponist für ganz Moskovia. Ich halte meine Versprechen.«
»Das meine ich nicht.«
Die Art, wie er den Kopf drehte, wie seine Kehle arbeitete – inzwischen war er ganz Bludmann. Vorher hätte ich mich vielleicht noch aus seinem Griff befreien können, aber nun konnte ich bereits seine wachsende Kraft fühlen. Und vorher hätte ich weglaufen können. Jetzt konnte er mich einfangen. Er war stärker, und es spielte keine Rolle, dass ich von königlichem Blud war, eine Prinzessin. Ich konnte der Realität seiner physischen Präsenz nicht entkommen, besonders nicht deren Anziehungskraft auf mich. Und ganz besonders nicht, wenn er es verlangte.
Er wartete, ruhig, aber wachsam, während in mir die Gefühle durcheinanderwirbelten. Er war größer, stärker, und die Bestie in mir wollte sich unterwerfen, sich auf den Rücken rollen und ihm über die Kehle lecken, so wie es die Wölfe in der Wildnis taten. Ich mochte ihn. Er bedeutete mir etwas. Aber ich wusste nicht, ob wir morgen Nacht überleben würden, und falls ja, ob er danach auch nur einen Tag am Schneehof überstehen würde. Er war nicht der Einzige, der den Wunsch hegen würde, an meiner Seite zu stehen, wenn auch die anderen es nur der politischen Macht wegen wollten. War es humaner, es ihm gleich zu sagen oder erst später: Dass die einzige Möglichkeit, wie wir je während meiner Herrschaft zusammen sein könnten, die war, bei der ich die stoische, verheiratete Königin war und er der Hofkomponist, der mein Bett im Geheimen wärmte?
»Ahna. Ahnastasia.«
Er wollte mein Gesicht berühren, doch ich wich mit einem Fauchen zurück – und errötete. Er lächelte, träge und langsam. Dann lehnte er sich zurück, seinen Arm über das Sofa hinter meinen Kopf gelegt, und sagte: »Ich habe dich noch nie zuvor ängstlich gesehen, Liebes.«
Er konnte es fühlen, der Bastard! Ich war so begierig gewesen, ihn zu einem Verbündeten zu machen, den ich benutzen konnte, zu meinesgleichen, dass ich die Fähigkeiten eines Alpha-Bludmannes im besten Alter vergessen hatte.
»Ich bin nicht ängstlich.« Ich stand auf, strich mein Kleid glatt und suchte nach etwas Nützlicherem, das ich tun konnte. Ich konnte jetzt nicht einfach neben ihm auf dem Sofa sitzen, während er meine Gemütsverfassung so deutlich lesen konnte. Ich konnte keine Worte dafür finden, wie ich mich fühlte, und je länger ich hier blieb und je näher ich ihm war, umso schneller würde er die Entscheidung selbst treffen. Doch was ich ihm sagen wollte, würde meine eigene Entscheidung sein, und nur weil er nun ein Bludmann war, würde ich nicht zulassen, dass er mir die nahm. »Aber Verusha hat recht. Wir müssen schlafen. Morgen wird ein langer Tag. Schlaf gut.«
Ohne zurückzublicken, schlüpfte ich in den Flur und hastete die Treppe hinauf. Das erste offene Zimmer war in Burgunderrot gehalten, aber das zweite war in Himmelblau und Altgold, als hätte Verusha es all die Jahre über für mich bereitgehalten. Nachdem ich die Tür hinter mir abgesperrt hatte, entkleidete ich mich rasch, um in ein Bett zu schlüpfen, das fest auf dem Boden stand und weder schaukelte noch über dem Boden schwebte.
Seine Augen in jenem letzten Moment waren warm und sicher und voll tanzender
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