Von der Liebe verschlungen
belebenden Geruch von Schnee. Ich atmete tief ein und sah Casper in die Augen. Ich wollte wissen, ob er es auch riechen konnte. Sein Gesicht leuchtete vor Faszination, und sein Arm schlang sich besitzergreifend um meine Taille und zog mich an sich.
Gegenüber auf der Lichtung folgte Alex Ravenna, die eine Linie aus roten Steinkristallen entlangschritt, die in den weißen Boden eingelassen war. Sie wiegte die Hüften, und die überbreiten Röcke ihres Kleides schienen sanft dahinzuschweben. Die Menge wartete, atemlos und begierig auf ein Schauspiel. Der Ball begann immer mit einer Ankündigung, und was dabei gesagt wurde und von wem, war immer höchst aufschlussreich.
Das Orchester beendete das Lied genau in dem Moment, als die beiden vor dem kreisförmigen Bludaltar direkt im Zentrum der Lichtung stehen blieben. Er war glatt und wunderschön, aus reinem weißem Stein gemeißelt, mit einer Mulde in der Mitte, in der sich ein Loch befand, das angeblich tief in die Erde und zu Aztarte selbst führte. Alex stand an ihrer Seite: ein deutliches Zeichen, wer hier herrschte.
Meine Feindin lächelte und entblößte scharfe Zähne hinter blutroten Lippen. Ihre Maske schmiegte sich an ihr Gesicht wie aus Mondlicht gesponnene Spitze und betonte dunkle Augenbrauen, schwarzen Kajal, noch schwärzere Augen und ein unheimliches Lächeln.
Der Wind peitschte um sie herum, und die Federn ihres Umhangs bewegten sich mit dem schillernd tintenschwarzen Schimmer einer Rabenschwinge.
»Volk von Frostland«, rief sie, und ihre rauchig-süße Stimme hallte über die ganze Lichtung.
Ein Murmeln ging durch die Menge. Traditionell sollte die Menge sich verbeugen, und doch … niemand tat es. Sie ignorierte es.
»Ich heiße Euch auf dem Ball des Zuckerschnees willkommen. Mögen Eure Füße geschickt, Eure Herzen offen und das Blut Eurer Feinde immer warm sein.«
Die Worte waren weitgehend korrekt, dennoch ging ein Beben der Unbehaglichkeit durch die Menge. Die Ansprache hätte von einem Feodor kommen müssen, von jemandem, der das Blud von Frostland in sich trug. Ravenna war keine aus unserem Volk, geschweige denn ein Geschöpf, das durch Blud und Geburt mit unserem Land verbunden war. Sie konnte nicht einmal das traditionelle Opfer direkt nach dem Fallen des Zuckerschnees darbringen, indem sie ihr Blud in den Altar und damit tief in die Erde bis zu Aztartes Gebeinen fließen ließ. Wahrscheinlich wollte sie dazu Alex heranziehen.
Als Ravenna sich vor der Versammlung verbeugte, verbeugte sich auch Alex, was mir eine Entschuldigung verschaffte, die Geste zu erwidern, ohne damit mein Land zu verraten. Die Menge wartete, und alle hielten den Atem an, als Ravenna die Arme hoch erhob und sie dann in dramatischer Geste wieder sinken ließ. Das Orchester begann zu spielen, und Ravenna wirbelte schwungvoll mit meinem Bruder im traditionellen ersten Walzer über die Tanzfläche. Ich versuchte krampfhaft, durch ein Meer von Leuten, die allesamt größer waren als ich, meinen Bruder zu erspähen. War Alex hungrig und animalisch, stand er unter Drogen, oder hatte die wahnsinnige Zigeunerin es tatsächlich geschafft, ihn so weit zu beruhigen, dass er beinahe normal war? Die Luft roch ziemlich intensiv nach Magie, aber ich hatte nie ein Händchen dafür gehabt, und so konnte ich nicht sagen, was genau Ravenna damit erreichen wollte.
Der erste Tanz dauerte eine Ewigkeit, doch das war immer so. Wenigstens war ich dieses Mal anonym, eingequetscht zwischen Kleidern in der Menge. Es war schwieriger, wenn man selbst diejenige war, die vor dem Bludaltar stand und von der versammelten Menge beglotzt, beurteilt und bemessen wurde. Ein schwerer Rock schubste mich an, und ich trat zur Seite, verärgert, dass ich eindeutig das Kleid mit dem schmalsten Rock trug. Casper drückte meine Hand, als könne er meine Verärgerung fühlen. Gestärkt erwiderte ich den Händedruck.
Endlich war der erste Tanz vorbei, und die versammelten Paare verteilten sich rasch, um das nächste Lied zu genießen. Ich zog Casper weg vom Bludaltar, wo Ravenna und Alex tanzten und dabei wie ein dunkler Klecks unter den strahlenden Juwelen der vom Mondlicht erleuchteten Menge aussahen.
Mit fester und sicherer Hand wirbelte Casper mich von sich weg und zog mich wieder zu sich, ein übermütiges Lächeln im Gesicht. Seine andere Hand packte mich an der Taille in einer förmlichen und zugleich zärtlichen Bewegung, und ich ließ mich von ihm durch den Tanz und seine Schritte leiten. In
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