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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Ecken.
    »Gesegnet seien sie«, flüsterte eine Frau, und eine Hand legte eine Tränenphiole ab und verschwand wieder, noch bevor ich erkennen konnte, wem sie gehörte.
    Ich drehte mich um und musterte den Raum. Hunderte Bludfrauen jeden Alters und Typs plauderten miteinander. Natürlich waren sie alle reich. Einige wenige hatten das traditionelle frostländische Aussehen mit milchweißer Haut, dunklem Haar und hellen Augen. Noch mehr hatten die äußere zigeunerartige Erscheinung von Ravenna, und einige hatten mein eishelles Haar und blaue Augen. Es gab sogar ein paar dunkelhäutige junge Frauen und eine Rothaarige, ein wahres Abbild von Aztarte und schrecklich eingebildet deswegen. Und unter all diesen Frauen gab es welche, die an mich glaubten. Die jeden Tag für mich hofften und beteten. Personen, die ihren Hals riskierten, indem sie mir mit Rosen, Kerzen und Papierstücken, die sie seit Jahren bei sich trugen, Ehre erwiesen.
    Ich war so nahe, dass ich das Vorbeistreifen ihrer Röcke fühlen, das Öl in ihren Haaren riechen konnte, und sie erkannten mich nicht einmal. Aber sie liebten mich, und für den Augenblick genügte das.
    Eine Glocke ertönte, und die Gruppe bewegte sich zur anderen Seite des Zeltes und weiter den Weg entlang. Die Unterhaltungen wurden immer noch lebhaft, doch nun leiser fortgesetzt, aufgeregt, aber respektvoll. Als der Weg wieder eine Biegung machte, rannte ich beinahe an Caspers Seite und nahm seinen Arm.
    »Alles in Ordnung?«, flüsterte ich.
    Er nickte, doch sein Blick war wachsam und seine Miene angespannt. In meiner Nähe zu sein, war an sich schon gefährlich, aber wir hatten unser Gleichgewicht gefunden. Sich zum ersten Mal in einer Menge plötzlich Gleichgestellter zu befinden, voller eingebildeter Männer, die versuchten, ihren Platz an Ravennas Hof zu finden, war selbst für einen geborenen Bludmann unangenehm. Aber sowohl sein Anzug als auch seine Gesichtsbemalung waren unversehrt, was bedeutete, dass er in keine Kämpfe hineingeraten war, und das war ein guter Anfang.
    Inzwischen gingen wir paarweise in einer langen Reihe und durchquerten auf dem weißen Steinweg den hohen stillen Wald. Es war ein Gefühl wie in einer Kathedrale, als würde etwas Größeres als Hände und Herzen, etwas Uraltes von Ferne zusehen. Auf dem Ball des Zuckerschnees war es üblich, dass man nur in Paaren kam, obwohl es jedem frei stand, mit jedem zu tanzen. Ich war immer von einer Reihe langweiliger, muffiger, durch Inzucht gezeugter Lords begleitet worden, die nach strategischen Gesichtspunkten von meinen Eltern ausgesucht worden waren. Bis zum Ende der Nacht hatte ich bisher jeden von ihnen zur Weißglut getrieben, sodass es nie zu einer zweiten Verabredung kam, von einem ständigen Verehrer gar nicht zu reden. Ich konnte anmutig genug tanzen, um den Schnee zum Fallen zu bringen, doch ich konnte meinen Mund nicht halten oder irgendeinem jungen Emporkömmling gestatten, sich auch nur einen Moment lang für etwas Besseres zu halten. Casper war mein erster annehmbarer Partner, und ich konnte nur hoffen, dass wir überleben würden, um eine Wiederholung zu erleben.
    Der Wald um uns war so dicht, dass es war, als würden wir einen Korridor entlanggehen. Hinter den Laternen wurden die Schatten zu einer undurchdringlichen, unheilvoll grün schimmernden Wand mit leisem Rascheln und dem unheimlichen Grollen von Holz, das über Holz rieb. Die kleineren Kreaturen hielten sich für gewöhnlich versteckt, eingeschüchtert von der Macht der Raubtiere. Doch größere Bludgeschöpfe hatte man schon gelegentlich jenseits der Tanzfläche lauern sehen, und ihre Augen hatten gelb oder grün im Dunkel geleuchtet, während sie unserem uralten Ritual ihre Ehrerbietung erwiesen.
    Der Pfad endete an einer einfachen Treppe aus demselben weißen Stein, die nach oben führte, und das Flüstern verstummte. Ich gab Caspers Arm frei, um mein Kleid etwas anzuheben, und hielt den Blick auf die Stufen und den prächtigen Rock der Dame vor mir gerichtet. Als die Stufen oben auf dem Hügel zu Ende waren, fiel mein Blick auf eine Szene, die mir vertraut und zugleich absolut neu war.
    Der Ball des Zuckerschnees wurde auf einer alten Lichtung am Grunde einer schalenförmigen Mulde abgehalten, die so aussah, als sei für eben diesen Zweck ein Berg ausgehöhlt worden. Der Wald erhob sich unendlich hoch um einen großen Kreis aus flachem weißem Stein; ein Ballsaal, beinahe so groß wie der Palast selbst. Die Treppe, die den Hügel

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