Von der Liebe verschlungen
bist du wirklich hier?«
Sie grinste und zwinkerte mir zu, während sie ein schimmerndes Bündel blauer Seide in die Höhe hielt. »Miss May hat mich gebeten, dir etwas zu bringen, das du anziehen kannst, während deine Kleidung gereinigt wird. Ich dachte mir, das hier könnte dir passen.«
Ich hob eine Augenbraue und griff nach dem Kleid. Es wäre eine willkommene Abwechslung, wieder etwas Hübsches und Leichtes zu tragen. Ich konnte mir schon vorstellen, wie die Seide über meine Haut glitt und bei jedem Schritt leise raschelte. Aber sie zog das Bündel rasch zurück, und ihre Augen glänzten hungrig.
»Du schummelst, Liebes. Erst runter mit dem Nachthemd.«
»Raus hier. Sofort.«
Sie hielt das Kleid hoch und ließ den Rock von ihren bloßen Händen herabfließen, sodass er in der Luft tanzte. Ich verschränkte die Arme und konnte mich gerade noch davon abhalten, sie anzufauchen.
»Du bist wirklich eine Schönheit«, meinte sie seufzend. »Bist du noch Jungfrau? In dem Fall würde Miss May einen Preis festsetzen, der dich dein Leben lang in Seide kleiden würde, weißt du.«
»Ich stehe nicht zum Verkauf, für welchen Preis auch immer. Du hast mir das Kleid gebracht. Jetzt geh.«
»Zuerst musst du den Preis dafür bezahlen, hübsche Kleine«, schnurrte sie. »Auf der Maybuck hat alles einen Preis.«
Sie drapierte das Kleid über das Fußende des Bettes, und die hellblaue Seide glänzte auf dem üppigen Samt. Mit einem selbstsicheren Lächeln beugte sie sich nahe zu mir und legte mir eine weiche weiße Hand an die Wange, als wolle sie mich näher an sich ziehen. Ich erstarrte, als die Bestie in mir aufbrüllte. Ein schimmernder roter Vorhang legte sich über alles, was ich sah, und ich machte einen Satz auf ihren entblößten weißen Hals zu.
Meine Zähne klappten in der Luft aufeinander, kaum ein Haarbreit von ihrer Halsschlagader entfernt, und ihre Hände umrahmten mein Gesicht.
Sie fing doch tatsächlich an zu lachen. »Nicht heute, Schätzchen«, sagte sie.
Weiche, bloße Finger hielten meinen Kopf von ihr weg, mit einer Kraft, die sie gar nicht besitzen sollte. Nicht einmal ihr Puls hatte sich beschleunigt. Bevor sie noch etwas sagen konnte, riss ich mich von ihren Händen an meinem Gesicht los und krabbelte hastig aus dem Bett. Ich würde sie nie wieder unterschätzen.
»Was bist du.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
»Jemand, der so sein will wie du.«
Ihr Blick ruhte auf dem tiefen Ausschnitt meines Hemdes. Ich schnappte mir Caspers Mantel vom Schreibtisch und legte ihn mir um Schultern und Brustkorb. »Ich weiß nicht, was du meinst.«
Sie wies mit dem Kinn auf meine Hände, und da erst bemerkte ich, dass sie die ganze Zeit über unbedeckt gewesen waren. »Du bist eine Bludfrau, die sich versteckt, und das bedeutet, dass jede von uns beiden etwas hat, das die andere will.«
»Erkläre das.«
»Ich will dein Blud, und du willst mein Schweigen. Du gibst mir, was ich will, und ich wahre dein Geheimnis.«
»Versuchst du gerade, mich zu erpressen?«, fragte ich vorsichtig.
Langsam breitete sich ein verträumtes Lächeln auf ihrem Gesicht aus.
So anmutig wie Wasser, das über Steine fließt, lehnte sie sich auf dem Bett zurück und sagte: »Nun, tatsächlich tue ich das. Und jetzt, da ich darüber nachdenke – du hast zwei Dinge, die ich haben will. Und nach dem, was ich gehört habe, wirst du nur an einem davon Gefallen finden.«
»Was soll das bedeuten?«
»Du gibst mir dein Blud oder deinen Körper, oder ich erzähle Miss May, dass sich auf ihrem Schiff ein Monster versteckt. Sie wird dich schneller über Bord ins Meer werfen, als ich mit den Fingern schnippen kann.« Sie hielt ihre langen schlanken Finger hoch und schnippte. »Genau so.«
»Was willst du mit meinem Blud?«, fragte ich. »Was soll dir das bringen?«
Ihre Augen funkelten, als sie sich kokett auf die Unterlippe biss. »Oh, Süße. So naiv kannst du doch nicht sein. Hat man dir nie beigebracht, wie man jemanden verwandelt?«
***
Ich ballte die Hände zu Fäusten, so fest, dass meine Nägel sich in meine Handflächen gruben. Ich hasste es, Unwissenheit zuzugeben. Aber ich hatte absolut keine Ahnung, wovon sie redete. Und ich konnte mich kaum beherrschen, nicht noch einmal auf sie loszugehen, so wie sie sich auf meinem Bett präsentierte, wie Speisen auf einem Tisch. Sie genoss es, mich zu verspotten.
»Offensichtlich nicht«, sagte sie zu sich selbst. Dann setzte sie sich auf und beugte sich vor, wie ein
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