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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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mich musterte, als würde er nach wunden Stellen suchen.
    »Würde es dir etwas ausmachen …« Ich holte tief Luft und suchte nach den richtigen Worten. Ich war es gewohnt, Leute herumzukommandieren, nicht, um Gefälligkeiten zu bitten.
    Caspers Miene wurde weicher. »Soll ich im Zimmer bleiben, bis du eingeschlafen bist?«
    Ein kleines Lächeln und ein Nicken waren alles, was ich zustande brachte.
    Er holte ein Buch aus dem Koffer und begann im Licht der Wandlampe zu lesen. Nach einem nachdenklichen Blick ging ich ins Badezimmer, um mich zu entkleiden. Es hatte dieselbe Größe wie der Wandschrank und war sehr primitiv, nur eine Toilette, ein Wasserhahn und ein Spiegel; doch die Privatsphäre, die es bot, war alles, was ich brauchte. Es war ein wundervolles Gefühl, das Korsett aufzuschnüren und die schmutzigen Kleidungsschichten von meiner Haut zu schälen. Noch nie hatte ich Kleidung getragen, die so schwer, so eng und so einengend war. Oder so übelriechend. Ich zog das leichte Baumwollnachthemd an, das Reve für mich eingepackt hatte, und ging auf Zehenspitzen zum Bett. Meine beschmutzten Kleider ließ ich auf dem Boden liegen. Casper war so zuvorkommend, nicht aufzublicken, und ich drehte mich auf die Seite und zog mir die Samtdecke bis über die Schulter.
    Während ich versuchte einzuschlafen, ging mir Casper nicht aus dem Kopf; ich horchte, wie er atmete, wie seine bloßen Finger über die Seiten seines Buches flüsterten. Ich hatte ihm beim Trinken zugesehen. Er hatte ein Glas Wein nach dem anderen getrunken und bei jedem Glas heimlich sein eigenes spezielles Gebräu aus dem Flachmann beigemischt. Er hätte betrunken sein müssen. Aber er war es nicht. Entweder das, oder er war ein guter Schauspieler. Und hinter dem Geruch von Rotwein, der die stickige Luft im Zimmer erfüllte, war da immer noch etwas anderes, das mich irritierte, wie eine juckende Stelle, die ich nicht kratzen konnte.
    »Gute Nacht, Ahna«, flüsterte er. Und als hätte ich damit endlich die Erlaubnis dazu, schlief ich daraufhin ein.
***
    Als sich am nächsten Morgen die Tür öffnete, versuchte ich gerade, mich durch Caspers Buch zu arbeiten. Seit ich aufgewacht war, hatte ich weder Casper noch Keen gesehen, und ich langweilte mich bereits. Ich hatte die Nase voll von dem kleinen Zimmer und dem ungewohnten Gefühl der Gefangenschaft. Das Buch war langweilig, nichts als Musiktheorie und verwirrende Abfolgen von Noten. Caspers Gesellschaft wäre eine willkommene Abwechslung, und sei es nur wegen des Geplänkels. Vielleicht war das der Grund, warum meine Stimme einen neckenden Unterton hatte, als ich fragte: »Und wo bist du so gewesen?«
    »Bei der Auswahl des perfekten Gewandes, das deine Augen betont.«
    Die Stimme gehörte einer Frau, und ich unterdrückte meinen Instinkt, auf sie loszugehen, als sie hinter der Tür zum Vorschein kam und mich schelmisch anlächelte. Meine Nase registrierte, dass sie eine Fremde war, und dass sie Casper ähnlich war, darin, dass auch sie diese gelinde üble Geruchsnote an sich hatte.
    »Kann ich Ihnen helfen?« Meine Stimme klang frostig, und mein Blick war unversöhnlich.
    Sie hatte kurzes, glattes Haar, das sich schwarz und glänzend von ihrer cremeweißen Haut abhob, die im orangefarbenen Licht schimmerte. Ihr Kleid war von lockerem, fremdländischem Schnitt, mit fließendem Rock und angepasstem Mieder, und insgesamt fast durchsichtig. In einer Hand hielt sie ein gefaltetes blaues Stoffbündel, und mit der anderen strich sie sich aufreizend über das Schlüsselbein, während sie die Tür schloss und sich dagegenlehnte.
    »Du bist reizend, weißt du«, hauchte sie in kultiviertem Londoner Akzent. »Beim Abendessen gestern konnte ich kaum den Blick von dir lassen.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also sagte ich nichts und sah sie nur finster an.
    »Du könntest eine Menge Geld verdienen. Ich könnte dich unterrichten.«
    »Kein Interesse.«
    »Es ist gar nicht so übel. Ich kann dafür sorgen, dass du Spaß daran hast.« Sie kam auf mich zu, mit wiegenden Hüften und einem schiefen Lächeln auf den bemalten Lippen.
    Das Einzige, was ich noch weniger brauchte als einen halbnackten Imbiss in meinem Zimmer, war eine Prostituierte in meinem Bett. Ich holte tief Luft und öffnete den Mund, als wollte ich schreien, und sie zog sich wieder zurück und seufzte.
    »Och, mach kein Theater. Ich höre ja schon auf.«
    »Wo ist Casper?«
    »Spielt Cembalo zum Frühstück, wenn auch sehr leise.«
    »Warum

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