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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Besseres finden als Lady Gabriellas Uhrwerk-Schuster .«
    Ich errötete und hob das erste Ding auf, das mir in die Hand fiel, eines der Instrumente auf dem Tisch. Dann hatte er also das Buch bemerkt, das ich unter dem Kissen versteckt hatte. Er lachte leise auf, und ich untersuchte das Instrument genauer, um mein Gesicht abwenden zu können.
    Es war ein Fernglas, aber ich konnte den Mechanismus nicht finden, mit dem es sich ausfahren ließ. Casper nahm es mir sanft aus den Händen und drückte einen Schalter – und das Ding verlängerte sich auf eine Weise, die noch skandalöser erschienen wäre, hätten wir uns nicht gerade in einem fliegenden Bordell befunden.
    »Hier beim Fenster ist ein Gestell dafür.«
    Er setzte es darauf und winkte mich heran, und ich sah hindurch auf eine der erstaunlichsten Szenen, die ich je gesehen hatte. Unten war ein Dorf in die Berge hineingebaut, mit pittoresken preußischen Landhäusern, so niedlich wie Kuckucksuhren, die bedenklich über dem schneebedeckten Tal hingen. Das Fernglas ließ mich das Bild so nahe sehen, dass ich Wäsche erkennen konnte, die an den Leinen zwischen den Gebäuden zum Trocknen hing, und Ziegen, die an den Klippen grasten.
    »Es ist bezaubernd.« Ich hielt ihm das Glas hin und er schwenkte es herum und sah nach unten.
    »Es ist wie ein kleines Weihnachtsdorf«, meinte er mit einem überraschten Auflachen. »Die winzigen Flaggen, die Ziegen. Ich kann sogar Knöpfe an der Jacke dieses Jungen erkennen.«
    »Was ist ein Weihnachtsdorf?«, fragte ich.
    »Oh. Nur etwas von da, wo ich herkomme.«
    »Ich glaube, ich habe dich nie gefragt, woher du ursprünglich kommst. Ich hatte einfach angenommen, du kämst aus Sangland. Aber du hast nicht immer den richtigen Akzent. Vielleicht Almerika?«
    »Das stimmt.« Er täuschte Interesse an den Bücherregalen vor. »Von der Ostküste. Aber ich rede nicht gerne über zu hause.«
    »Ich weiß nicht viel über Almerika.« Ich konzentrierte mich auf das Dorf, das ich durch das Fernglas sehen konnte, sodass ich nicht ihn anschauen und mir unbeholfen vorkommen musste. Es war wie ein unbeholfener Tanz, ihm etwas über seine Herkunft zu entlocken. »Meine Lehrer sagten immer, es sei ein wilder Ort, wo die Leute nach anderen Regeln leben. Warst du gern dort?«
    »Sehr gern«, antwortete er leise.
    »Vielleicht gehst du eines Tages dorthin zurück.«
    Urplötzlich wurde die Atmosphäre frostig, und ich sah verwirrt auf. Gerade war ich noch am Rande eines Flirts mit ihm, und jetzt war er angespannt und sah mit undeutbarem Gesichtsausdruck zum Fenster hinaus. Ich hatte ganz eindeutig etwas Falsches gesagt.
    »Genieße die Bibliothek, so lange du möchtest«, sagte er. »Tatsächlich werde ich dich dort einsperren, damit du keinen Ärger bekommst.«
    »Es tut mir leid –«, fing ich an, doch er unterbrach meine höchst ungewöhnliche Entschuldigung.
    »Das muss es nicht. Du kannst gar wissen, was ich verloren habe. Ich kann niemals zurückgehen.«
    Damit drehte er sich um, stürmte zur Tür hinaus und schlug sie hinter sich zu. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, und ich wusste, dass es sinnlos wäre, zu versuchen, die Türen aufzubekommen. Doch mein Zorn verflog, als ein frischer Luftzug durch die riesigen Fensterbrüste hereinwehte und draußen einige Gänse schrien. Meine Neugier jedoch wurde immer größer. Ich musste herausfinden, woher Casper gekommen war und – noch wichtiger – warum er nicht dorthin zurückkonnte.

16.
    I ch war so vertieft in ein Buch über Almerika, dass ich erschrocken zusammenfuhr, als ich hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. In Panik warf ich das dicke Buch aus dem Fenster und wandte mich dem Teleskop zu, damit Casper nicht etwa glaubte, dass ich mehr über seine Heimat herausfinden wollte. Leider hatte ich nichts darin erfahren, das mir half, ihn besser zu verstehen.
    »Darf ich Euch zu Eurem Gefängnis geleiten, meine Dame?«
    Als ich zu ihm aufsah, grinste er. Er trug dieselbe kunstvolle Aufmachung wie im Seven Scars: den glitzernden Frack, enge Hosen und hohe, polierte Stiefel. Aber die Bartstoppel an seinen Wangen waren länger geworden und verliehen ihm ein verwegenes Aussehen, und die Krawatte, die er umhatte, war eine von jenen, mit denen er mich in seinem Zimmer gefesselt hatte.
    Ich erwiderte sein Grinsen. »Da kann ich wohl nicht nein sagen.«
    Er lachte dunkel auf. »Ganz recht.«
    Meine Hand an seinem Arm fühlte sich eigenartig förmlich an, als wir über den Flur und die

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