Von der Liebe verschlungen
Treppe hinaufgingen. Die Pailletten an seinem Jackett waren kalt und hart, und ich war mir nur zu sehr der Tatsache bewusst, dass ich noch immer Coras dünnes blaues Kleid trug. Als er mich in unser leeres Zimmer brachte, fühlte ich mich wie damals als kleine Prinzessin, wenn man mich zu Bett geschickt hatte, während all die Erwachsenen in ihren schönen Kutschen zum Ball eintrafen. Ganz offensichtlich wollte er gleich wieder gehen, doch mir war nicht danach, allein zu sein.
»Ist es schön?«, fragte ich ihn. »Für sie zu spielen?«
Casper legte den Kopf schief und sah mich an. »Ich denke, du weißt ganz genau, dass nichts schön ist, wenn man dazu gezwungen wird. Niemand will auf einem Fest arbeiten, während andere tanzen. Aber wenigstens habe ich immer noch meine Musik, auch wenn die Gesellschaft schrecklich ist. Wenn es zu schlimm wird, kann ich immer noch von Bord springen.«
Er klang viel zu sehr danach, dass er das wirklich so meinte. Als er einen Schluck aus seiner Flasche nahm, ließ ich mich schmollend rücklings auf das Bett fallen und starrte auf die Sternbilder, die an der Decke aufgemalt waren.
»Wie lange noch, bis wir diese Monstrosität wieder verlassen können?«
»Morgen sind wir über Warschau. Nur noch ein paar Tage. Kannst du das aushalten?«
»Ich kann alles aushalten, was mich zurück nach Frostland bringt.«
Er beugte sich über mich, sodass ich ihn kopfüber sah. »Ich wette, dass du das kannst. Nur noch ein wenig länger, Liebes.«
Ich lächelte. Und dann war er verschwunden.
»Verdammt.« Ich trommelte mit den Fersen gegen die Seite des Bettes. Ich fühlte mich eingepfercht und gereizt, und ich konnte es kaum erwarten, von diesem Luftschiff herunter und zur Sache zu kommen, die da hieß: Ravenna töten.
»Verdamm’ dich selbst.«
Überrascht fuhr ich hoch auf meine nackten Füße. Die Worte waren unter dem Bett erklungen, und Stoff raschelte über Holz, als Keen ins Licht der Lampe hervorkrabbelte.
»Ich dachte, du schläfst im Wandschrank.«
»Ich brauchte etwas Beinfreiheit.«
Sie stand auf und streckte sich, und ich bemerkte, dass sie das dünne weiße Gewand gegen die alten Schichten ihrer Schmuddelkind-Montur eingetauscht hatte.
»Wieder als Strolch unterwegs?«
Sie sah mich aus schmalen Augen an, halb wütend und halb verzweifelt, wie ein hungriger Hund.
»Du hast mein Kleid letzte Nacht gesehen. Einer dieser Bastarde hat es zerrissen, als ich nein sagte. Das hier kam mir sicherer vor.«
»Weiß Casper davon?«
»Von dem Vorfall gestern ja, aber es ist schon wieder passiert. Dieses andere Mädchen, Milly – die sie Colette nennen. Ihr gefällt es. Sie geben ihr Süßigkeiten und Kupferlinge, wenn sie sich von ihnen anfassen lässt. Sie hat mich mit dem Wein rübergeschickt und zugesehen, wie er mich begrapscht hat. Ich bin weggelaufen, und als ich geweint hab, hat sie mich ausgelacht.«
»Und was hast du daraufhin getan?«
»Ihr einen Schlag ins eingebildete Gesicht verpasst.«
Sie grinste, und ich grinste zurück, froh darüber, dass sie ihren Schneid nicht eingebüßt hatte. Trotz meiner allgemeinen Geringschätzung für alles, was nicht Bludwesen war, hegte ich plötzlich Beschützerinstinkte für sie. Wenn ich in der letzten Woche etwas gelernt hatte, dann, dass das Leben außerhalb des Palastes nicht für jedermann einfach war. Und ich bewunderte sie dafür, dass sie für sich selbst einstand und sich weigerte, sich für ein paar Münzen befingern zu lassen.
»Wenn ich erst meine rechtmäßige Stellung wieder habe, wirst du solchen Schuften nicht mehr ausgeliefert sein«, sagte ich.
»Och nein. Ich werde nur ein Diener und ein Blutesel sein. Gehalten in einem todschicken Käfig, um mich mästen zu lassen.«
Ich starrte sie entgeistert an. »Ich weiß nicht, was man dir erzählt hat, aber königliche Diener werden geschätzt und verwöhnt. Ich gebe dir meine persönliche Garantie, dass niemand von dir trinken wird, wenn du es nicht wünschst.«
»Wieso zur Hölle sollte ich mir wünschen, Futter zu sein?«
»Du bist kein Futter. Es ist das Anbieten einer Dienstleistung, und die wird reich belohnt. Unsere Diener werden sorgfältig gezüchtet und gehütet –«
Sie piekte mir mit einem Finger ins Gesicht, und ich war drauf und dran, hineinzubeißen. »Da! Hörst du das? Gezüchtet? Gehütet? Das sagt man nicht über Personen. Sondern über Vieh.«
»Aber was sollten Menschen denn sonst in Frostland tun? Es ist kalt und gefährlich dort, und mit
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