Von dir verfuehrt
war. Eine, die ich nie wieder machen würde. Schnell verbannte ich jeden weiteren Gedanken an Nadine aus meinem Kopf und hörte Vivien weiter zu – zumindest tat ich so als ob. Und ich fragte mich, woher sie das Selbstvertrauen nahm, zu glauben, dass ich unbedingt hören wollte, was sie wann, wo, mit wem und weshalb trieb.
Vivien schöpfte den restlichen Milchschaum aus der Tasse und leckte ihn genüsslich von dem Löffel. Dabei ließ sie ihre Zunge über das Silber gleiten, als stellte sie sich einen gut gebauten Männerkörper vor. Ohne, nach der Rechnung zu fragen, legte sie mir sechs Euro hin und stand auf. „Drück mir die Daumen, dass er sich meldet. Ich halt dich auf dem Laufenden.“
Nein, bitte nicht, hätte ich um ein Haar gesagt, verkniff es mir im letzten Moment und rang mir ein Lächeln ab.
Die letzten Gäste verließen mein Lokal, ich räumte auf und verzog mich mit einem Glas Montepulciano und frisch gemachten Spaghetti á la Gambas ins Wohnzimmer. Auf dem Sofa widmete ich mich Davids SMS. Ich las sie mir laut vor:
„ Die Erfahrung in dir zu sein war berauschend, Hannah. Nun brenne ich darauf deine süße Yoni mit meinem Mund zu verwöhnen, mit deiner kleinen Perle zu spielen und deine Erregung auf meiner Zunge zu schmecken.“
Yoni? Aus welcher Schmonzette hatte er denn diese Formulierungen abgegriffen? Ich schüttelte den Kopf, schob mir eine Gabel Spaghetti in den Mund und antwortete:
Dass Du in meinen Sachen rumgeschnüffelt hast, finde ich alles andere als berauschend. Und ich brenne darauf zu erfahren, wie du dazu kommst, mein Skizzenbuch mit deinen Weisheiten zu verunstalten.
Hannah
P.S: Woher hast du meine Handynummer?
Ich spürte erneut die Wut in mir aufsteigen und versuchte meine Verärgerung mit einem großen Schluck Rotwein hinunter zu spülen. Mein Skizzenbuch war mein Heiligtum. Es beinhaltete meine Gefühle, Ideen und Gedanken, die ich in Form meiner Acryl- und Ölgemälde auf Leinwände brachte. Und David hatte darin herumgewühlt, wie ein Maulwurf in einem Blumenbeet. Dieser Mistkerl. Die Vibration meines Handys kündigte die Ankunft einer Nachricht an:
Ich habe Lust auf dich, Hannah. Lass uns Regel Nr. 2 brechen und ich zeig dir, was sich hinter Regel Nr. 4 verbirgt.
Was zum Teufel hatte diese Antwort mit meiner SMS zu tun? Streng genommen war es nicht mal eine. Hatte er sich meine Nachricht vorher überhaupt durchgelesen? Mit keinem Wort ging er auf meinen Vorwurf oder mein P.S ein. Oh, wie ich das hasste. Ich setzte das Glas an meine Lippen, trank es in einem Zug leer und tippte wütend auf meinem Handy herum:
1. Ich breche meine Regeln nicht. NIE!
2. Ich schlafe nicht mit M ännern, die meine Privatsphäre missachten und es nicht einmal für nötig halten, sich dafür zu entschuldigen.
3. Auch ich habe eine Regel für dich: Lass mich in Ruhe!
Die Antwort folgte unmittelbar. So schnell? Wahrscheinlich las er sich meine Nachrichten wirklich nicht durch. Wozu auch? Er würde sie ohnehin übergehen.
Zu 1. Regeln sind dazu da, um gebrochen zu werden.
Zu 2. Du hast vollkommen recht, Hannah. Und ich möchte mich in aller Form für diesen Fehltritt entschuldigen. Vielleicht bei einem Abendessen?
Zu 3. Siehe 1.
Idiot! Ich pfefferte mein Handy auf den Beistelltisch und würgte die restlichen Spaghetti runter. Der Appetit war mir vergangen. „Regeln sind dazu da, um gebrochen zu werden“, äffte ich ihn nach. Glaubte er wirklich, dass ich nach dieser Aktion Lust hatte, Zeit mit ihm zu verbringen, geschweige denn seiner Einladung zu einem Abendessen nachzukommen? Ganz sicher nicht, Bender. Und wenn du dich auf den Kopf stellst und mit deinem hübschen Schwanz vor mir herum wedelst. Die Vorstellung entlockte mir ein Lachen. Ohne David zu antworten, schnappte ich mir mein Skizzenbuch und brachte das Bild in meinem Kopf kichernd zu Papier.
Wütend stampfte ich am Dienstag gegen neun in der Früh in das riesige Gebäude aus Glas und Stahl am Konrad Adenauer Ufer. Wo sonst sollte David Bender sein Büro haben, wenn nicht direkt am Rhein? Mir kamen Männer in perfekt sitzenden Anzügen und Frauen in schicken Kostümchen entgegen. Das riesige Bender Data & Consulting aus Messingschrift an der hinteren Wand neben den Fahrstühlen versuchte ich zu ignorieren. Genauso, wie den abschätzenden Blick der brünetten Empfangsdame.
„Das Büro von Herrn Be nder. Wo finde ich das, bitte?“
„Im obersten Stockwerk. Ohne Termin werden sie
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