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Von Feuer und Nacht

Von Feuer und Nacht

Titel: Von Feuer und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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des Raums saß ein halb aufgelöstes Geschöpf, von Zellulose überwuchert. Der Pilot.
    Beneto sah einen länglichen Kopf, ein kantiges Kinn und weit nach oben reichende Jochbeine. Die eng beieinander sitzenden vogelartigen Augen schienen kaum mehr zu sein als Holzknoten. Dieses Wesen sollte nicht menschlich erscheinen und war nie menschlich gewesen. Eine unbekannte Spezies.
    Der Pilot drehte langsam den Kopf, und Beneto trat ihm gegenüber. Durch die immens komplexe Bibliothek der Weltwalderinnerungen hörte er geflüsterte Geschichte.
    Lange bevor die Menschen auf der Erde mit dem Bau von Städten begonnen hatten, war ein anderes Volk - von dem man inzwischen nichts mehr wusste; selbst in den Erinnerungen des Weltwalds gab es keine Hinweise mehr - als grüne Priester in den Diensten der Verdani gestanden. Nach so langer Zeit an Bord des Baumschiffs war nur noch ein letzter Rest der ursprünglichen Gestalt übrig, doch das Wesen lebte noch, diente nach wie vor dem Weltwald.
    Der mit dem Kernholz verbundene und halb überwucherte Kopf neigte sich ein wenig zur Seite, und der Blick der vogelartigen Augen richtete sich auf Beneto. Sie teilten ein gemeinsames Schicksal und akzeptierten es beide. Beneto empfing einen wortlosen Strom, der aus den Erfahrungen und dem Wissen des Piloten bestand, aus Warnungen und Freude.
    Das Selbst des Fremden war wie ein Muster aus permanenten Flecken im Holz des Baumschiffs. Beneto erfuhr von der langen Reise aus dem Spiralarm in ferne, unbekannte Weiten der Galaxis. Eine Kaskade aus jahrtausendealten Erinnerungen füllte seinen Geist und vermittelte ihm eine klare Vorstellung von endloser Zeit. Bisher hatte Beneto nicht gewusst, wie sich zehntausend Jahre anfühlten.
    Jetzt begriff er, was ihm bevorstand.
    Die Verdani erwarteten das gleiche Engagement von ihm, die gleiche Bereitschaft, Leben und Zeit zu opfern - und einen anderen Freiwilligen unter den grünen Priestern zu finden.
    Dann baten ihn die Verdani, ihnen dabei zu helfen, mehr riesige organische Schiffe für den Kampf gegen die Hydroger zu schaffen. Viel mehr. Und dafür brauchte er die Unterstützung der Wentals.

50 NIRA
    In der trockenen Jahreszeit waren die Hügel braun geworden. Nira hoffte, dass nicht wieder Feuer ausbrachen, obwohl sich ein Teil von ihr wünschte, dass das ganze Zuchtlager in Flammen aufging. Sie hatte gehofft und gebetet, nie zu diesem Ort zurückzukehren. Doch zweifellos hatte sie nie damit gerechnet, ihn unter diesen Umständen wiederzusehen.
    Osira'h nahm ihre Hand und führte sie zu den schlichten Gebäuden, in denen die Nachkommen der Burton-Kolonisten ihr Leben verbrachten - Männer und Frauen, die dazu gezwungen waren, sich mit Ildiranern fortzupflanzen. Die Gefangenen schufen sich ihre eigenen Nischen eines beschränkten Glücks und lebten mit ausgewählten Partnern zusammen, wenn sie nicht in den Zuchträumen eingesperrt waren.
    Nira schauderte beim Anblick der dunklen Gebäude, in die man sie gezerrt hatte, wenn sie fruchtbar gewesen war. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, ihr - oder den anderen Gefangenen - den Zweck des Zuchtprogramms zu erklären, aber sie vermutete, dass Udru'h seine Freude daran gehabt hatte. Dort am Zaun war sie von den Wächtern geschlagen und anschließend für tot erklärt worden.
    Es zeigten sich keine Blutflecken auf dem Boden. Vier kleine Kinder spielten so am Zaun, als wäre das die normalste Sache der Welt. Schwarze Punkte tanzten vor Niras Augen. Alles in ihr drängte danach, loszulaufen und erneut zu fliehen, durch den Zaun und zu den braunen, trockenen Hügeln. Osira'h spürte den inneren Schmerz ihrer Mutter und drückte ihr die Hand. »Es ist alles in Ordnung. Wir sind jetzt zusammen.«
    Bei ihrer Ankunft traten Menschen in den hellen Sonnenschein, neugierig und erstaunt. Nira musste ziemlich mitgenommen aussehen, aber diese Leute erkannten sie, denn sie hatten nie eine andere grüne Priesterin gesehen. Benn Stoner, das Oberhaupt dieser Gemeinschaft, starrte sie so an, als könnte er seinen Augen nicht trauen. »Wir haben dich für tot gehalten. Sie haben einen Grabstein für dich aufgestellt.«
    »Der Designierte versteht es, schreckliche Taten zu vertuschen.« Nira wusste, dass sie diesen Ort immer hassen würde. Während ihrer vorherigen Zeit im Zuchtlager hatte sie den anderen Gefangenen vom Weltwald auf Theroc erzählt, von der Terranischen Hanse und dem Ildiranischen Reich. Doch diese Leute waren in Gefangenschaft aufge- wachsen und hatten ihr

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