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Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens

Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens

Titel: Von Kühlschrankdrachen, Superhelden, Feen und anderen Normalitäten des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Kaiserlos
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Okay, ich zieh die Haut ab, aus der du mir später einen Wams nähen wirst. Aber das Zerteilen und Ausnehmen machst du bitte selbst.“
    Ich gehe Feuerholz sammeln, während sich mein Liebster mit dem Messer an das Fell der Sau wagt. Unser Wigwam ist das einzige auf der kleinen Lichtung. Merkwürdig. Wo sind denn die anderen? Mit einem Stapel trockenem Holz im Arm kehre ich gerade rechtzeitig zurück, um das Ende der blutigen Häutung zu erleben. Mir wird übel, das Holz fällt mir aus dem Arm. Ich halte mir die Hand vor den Mund und haste hinter den Wigwam.
    „Meine sensible Stute“, höre ich Pierres Stimme hinter mir, seine Hand klatscht auf meinen Hintern. „Ich mag es, wenn du so empfindsam reagierst. Bevor du die Sau zerlegst – lass uns ein bisschen Bubu machen.“
    Er meint doch nicht etwa…? Oh doch, er meint. Winnetou Pierre greift nach meiner Hand – zum Glück hatte ich doch nicht kotzen müssen – und führt mich mit einem feinen Lächeln auf den Lippen zum Eingang des Wigwams. Sein Duft dringt in meine Nase. Moschus! Plötzlich finde ich die Vorstellung, meine Nase ein wenig an seiner zu reiben, sehr reizvoll. Gerade haben wir unser Lager erreicht, Pierre senkt seinen Kopf und seine Nase kommt immer näher, da…
     
    „Mama, mir ist langweilig“, höre ich eine Kinderstimme an meinem Ohr.
    Ich werde geschüttelt und komme zu mir, das Buch entgleitet meinen Händen. Wo ist Pierre? Das Zelt ist weg, ich liege auf einer weichen Unterlage. Mein Sprössling guckt mich mürrisch an.
    „Können wir endlich gehen?“
    Seufzend richte ich mich auf und greife nach der Lektüre. Nach einem letzten Blick auf das ‚Leben der Indianer‘ bringe ich es schließlich zurück an seinen Platz. Beim nächsten Mal werde ich mir die Pyramidensache angucken. Vielleicht lande ich dann ja bei Asterix und Obelix, die gerade die Nase der Sphinx im Sand versteckten. Erfreulicher als mein Ausflug zu Winnetou würde das allemal sein. Allein der Gedanke an die verendete Wildsau dreht mir immer noch den Magen um.
    „Was gibt’s heute zu essen?“, erkundigt sich mein Kind als wir die Bibliothek verlassen.
    „Schweinebraten“, sage ich gedankenverloren.
     
    ENDE

Kühlschrankdrache vs. Fegefeuer
    Jo sitzt im Wartezimmer und liest gelangweilt in einer Zeitschrift. Leider liegen nur religiöse Magazine hier herum. Das Bild eines gewaltigen Feuers, in dem Menschen flehend ihre Arme nach oben recken zieht ihn in seinen Bann. Er liest die Beschreibung: Fegefeuer = reinigendes Feuer, bevor die an sich geläuterte Seele in den Himmel darf. Letzte sündige Gedanken werden ausgebrannt und hinterlassen eine vollkommen reine Seele. Aha, denkt Jo, wie interessant…
    +++++ 
    Jo legte die Zeitschrift weg und sah auf seine Uhr. Er wartete jetzt schon eine halbe Stunde darauf, endlich auf den Behandlungsstuhl gerufen zu werden. Seine Zahnschmerzen wurden immer schlimmer. Verärgert rieb es sich über seine geschwollene Wange und überlegte, ob er dem fiesen Zahnarzt den Hals umdrehen – halt! Fegefeuer. Verdammt. Wie lange man dort wohl bleiben musste? Jo riss sich zusammen und im nächsten Moment rief ihn eine freundliche Zahnarzthelferin auf. Der Zahnarzt machte seine Sache gut. Fünfzehn Minuten später war Jos Backe betäubt und der Bohrer auf dem Weg zur Wurzel des Übels. Während Jo versuchte, das fiese Geräusch des Werkzeugs auszublenden, dachte er wieder an das Fegefeuer.
    Endlich wieder auf der Straße beschäftigte Jo immer noch das Fegefeuer. Er war kein Kirchengänger, noch nicht einmal getauft, aber er fühlte sich schon als guter Mensch. Immerhin grüßte er seine Nachbarn regelmäßig und goss seine Blumen. Das war mehr, als so manch anständiger Mensch von sich behaupten konnte, oder?
    Durstig betrat Jo einen Coffeeshop und bestellte sich einen Caffè Latte mittel ‚with extra full vanille flavour’, was auch immer das war. Die süße Blonde hinter dem Tresen lächelte und warf eine umwerfend laute Maschine an. Während Jo auf sein Getränk wartete, lief aus seiner betäubten Lippe Speichel sein Kinn herunter. Entsetzt bemerkte er das Unglück und wischte sich verstohlen mit seinem Ärmel über den Mund, unsicher die Umgebung taxierend. Die Blonde lächelte und zwinkerte ihm zu.
    Oh Gott! Fegefeuer. Die glaubte jetzt bestimmt, er würde wegen ihr sabbern. Als sie das Getränk über den Tresen schob, hob sie die Augenbrauen.
    „Das macht vier Euro.“
    Jo fummelte seine Geldbörse aus der Tasche und schlurfte

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