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Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
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die Tür!“, rief Elenor.
    Ich wirbelte herum, doch es war bereits zu spät. Mit einem unerwartet schweren Krachen fiel die Tür ins Schloss.
    „Verdammt!“, schimpfte Elenor.
    „Was ist los?“, fragte Strom-Tom.
    „Die Tür ist zu“, sagte ich und stemmte mich gegen das kalte Metall, welches sich von meinen Bemühungen völlig ungerührt zeigte. „Und dieses Mal wirklich. Wir sind hier eingeschlossen.“
    „Das ist nicht gut“, sagte Strom-Tom. „Das ist überhaupt nicht gut.“
    Der leere, dunkle Raum war nicht nur groß, er war geradezu riesig, wie ich nach einigen ziellosen Schritten in verschiedene Richtungen feststellen musste. Der Lichtstrahl meines Bauches erreichte weder die anderen Wände noch die Decke. Die Finsternis um uns herum schien unendlich zu sein. Sie erinnerte mich an einen Klassenausflug in den Fünf-Finger-Wald, bei dem ich mir beim Versteckspielen so viel Mühe gegeben hatte, dass meine Lehrer ohne mich aufgebrochen waren. Stundenlang war ich allein durch den dunklen Wald geirrt, bis mich schließlich ein Förster gefunden hatte. Plötzlich wurde mir sehr kalt.
    „Was machen wir jetzt?“, piepste Elenor zaghaft, als wolle sie die Stille und die Schwärze nicht stören.
    „Bestimmt gibt es noch einen anderen Weg“, versuchte ich, uns alle zu beruhigen. „Es gibt immer noch einen anderen Weg. Oder?“
    „Wir gehen weiter“, verkündete Strom-Tom mit einem Anflug von Zweckoptimismus. „Das haben wir ja sowieso vorgehabt.“
    „Aber in welche Richtung?“, fragte ich.
    „Da muss irgendwo noch eine zweite Tür sein.“
    „Ich sehe keine.“ Angestrengt starrte ich in die Finsternis am Rande des Lichtscheins. „Es ist zu dunkel.“
    „Mehr Licht geht nicht“, entgegnete Strom-Tom. „Das würdest du nicht überleben.“ Er überlegte. „Geh einfach drauflos! Früher oder später werden wir die Tür schon finden.“
    „Aber bitte lasst uns vorsichtig sein“, tschilpte Elenor und schwang sich mit schnellen Flügelschlägen empor. Anscheinend war es ihr auf meiner Schulter nicht mehr sicher genug.
    Glücklicherweise stellte sich heraus, dass der dunkle, leere Raum doch nur ziemlich groß, aber keinesfalls riesig war, denn bereits nach fünf zaghaften Schritten in dieselbe Richtung schälte sich die gegenüberliegende Wand aus der Dunkelheit.
    „Hier ist eine Mauer.“
    „Na bitte“, sagte Strom-Tom.
    „Und ein Knopf“, fügte ich hinzu. Er war knallrot, etwa untertellergroß und befand ich sich in optimaler Druckhöhe mitten in der Wand.
    „Fass den bloß nicht an!“, zirpte Elenor, während sie um meinen Kopf herumflog.
    Doch es war schon zu spät. Ich zog meinen Finger aus der Vertiefung, in die ich die leuchtend rote Scheibe hineingedrückt hatte und murmelte: „Tschuldigung …“
    „Warum hast du das gemacht? Wir wissen doch gar nicht, wofür der ist!“
    „Er war einfach zu rot …“, war das Einzige, was ich zu meiner Verteidigung vorzubringen hatte.
    „Was ist denn da draußen los?“, wollte Strom-Tom wissen.
    Ich wartete. Nichts passierte. Also sagte ich: „Nichts. Nichts passiert.“
    Elenor ließ sich wieder auf meiner Schulter nieder. „Gutgut, da haben wir noch mal Glück gehabt.“ Sie plusterte ihren kleinen gelben Leib auf. „Dich kann man aber auch nicht für fünf Sekunden aus den Augen lassen!“
    „Manche Dinge im Leben lassen sich nicht berechnen“, entgegnete ich, kam mir jedoch bei Weitem nicht so gewitzt vor, wie ich es erhofft hatte.
    „Ab jetzt wird nichts mehr einfach so gedrückt!“, zwitscherte Elenor. „Okay, Dodo?“
    „Ja, okay …“, lenkte ich ein.
    „Los jetzt, weiter!“, sagte Strom-Tom. „Ich will hier drinnen nicht übernachten.“
    „Das kann dir doch eigentlich egal sein“, entgegnete ich. „Du bist so oder so in meinem Bauch.“
    Davon abgesehen, hatte er aber recht. Wir mussten weiter. Also wandte ich mich nach rechts, glotzte in die Schwärze, wandte mich nach links, glotzte in die Schwärze, drehte mich abermals um und ging schließlich an der Wand entlang. Es dauerte nicht lange, bis mein Lichtschein auf eine Vertiefung in der Mauer fiel.
    „Hier ist die andere Tür“, sagte ich erleichtert und blieb stehen. Sie sah der Metalltür, durch die wir hineingekommen waren, zum Verwechseln ähnlich.
    „Ist sie verschlossen?“, fragte Strom-Tom.
    „Weiß ich doch nicht“, antwortete ich schulterzuckend. „Ich darf ja nichts mehr drücken.“
    „Nicht mehr einfach so“, korrigierte Elenor

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