Von Liebe stand nichts im Vertrag
verkündete er, und sofort ertönte ein allgemeines Aufstöhnen unter den Geschwistern.
Bob sah Dev an. „Am Sonntag erzählt jeder von uns eine Geschichte über ein unerwartetes Ereignis aus der vergangenen Woche, und wie dieses uns zu einem besseren Menschen gemacht hat. Sie kommen erst später dran, damit Sie sehen, wie es gemeint ist.“
Dev warf Noelle einen vorwurfsvollen Blick zu, weil sie ihn nicht vorgewarnt hatte. Sie zuckte entschuldigend die Achseln.
Bob räusperte sich. „Jane kam in dieser Woche zu mir und eröffnete, sie wolle eine Arbeit außerhalb der Kirchengemeinde annehmen. Zuerst war ich böse auf sie. Ich dachte, sie wollte sich unserer Verantwortung gegenüber der Gemeinde entziehen.“ Er lächelte verhalten. „Dabei wusste ich, dass sie ihren Pflichten immer korrekt nachgekommen war. Mein Ärger musste einen anderen Grund haben.“
Bob machte eine Pause. „Schließlich wurde mir etwas klar: Ich war so aufgebracht, weil Jane mir dann sehr fehlen würde. Mein Leben lang konnte ich die Frau, die ich liebe, ständig in meiner Nähe haben. Aber ich weiß auch, dass ich es ertragen kann, einen Teil des Tages von ihr getrennt zu sein. Umso dankbarer werde ich dann für die Stunden sein, die wir zusammen verbringen dürfen.“ Er prostete seiner Frau zu.
Jane lächelte. „Ich danke dir, Honey.“
„Gern geschehen.“
Einer nach dem anderen, die Freundinnen eingeschlossen, berichteten von ihren Erlebnissen, und Dev fragte sich, ob dies wohl der einzige Ort war, wo den Teenagern auch die Erwachsenen ganze Aufmerksamkeit schenkten.
Als Nächstes sollte Noelle ihre Geschichte erzählen. Dev war gespannt.
„Meine Chefin rief mich diese Woche in ihr Büro“, begann sie. „Ich habe euch von Katherine erzählt. Sie wusste, dass Dev und ich zusammen sind.“
Dev hoffte, der Einzige zu sein, der ihr Zögern bemerkt hatte. Als er Katherine gegenüber die Verlobung erwähnte, wirkte sie nicht überrascht. Hatte sie die Wahrheit durchschaut?
„Katherine sagte, manchmal entwickelt sich das Leben anders als erwartet“, fuhr Noelle in ihrer Erzählung fort. „Dann müssen wir für Neues offen sein. Dev sei ein guter Mann, hat sie gesagt, und ich könnte mich glücklich schätzen, ihn heiraten zu können.“
Alle Augenpaare wanderten zu Dev. Er sah Noelle erstaunt an. Es berührte ihn seltsam, dass Katherine mit Noelle gesprochen, und dass Noelle gerade dieses Ereignis als ihre Geschichte gewählt hatte.
„Ich wusste schon, dass du ein guter Mann bist.“ Noelle lächelte Dev an. „Aber es war so schön, die Bestätigung auch von anderer Seite zu hören.“
Alle lachten.
Bei der nächsten Geschichte hörte Dev nicht zu. Seine Gedanken kreisten nur um Noelle. Ihre innere Tiefe beeindruckte ihn. Er entdeckte wirklich nur positive Eigenschaften an ihr. Wenn sie sich unter anderen Umständen kennengelernt hätten … Aber das hatten sie nicht. Zudem gehörte Noelle zu den Frauen, die sich ein Glück bis in alle Ewigkeit wünschten, während Dev nicht viel von romantischer Liebe hielt, weil sie seiner Meinung nach vergänglich war. Schließlich hatte er gesehen, was die angebliche Liebe seiner Mutter angetan hatte.
Die „Liebe“ hatte sie umgebracht.
„Jetzt sind Sie an der Reihe“, sagte Bob wenig später.
Dev stand auf. „Noelle hat mir viel von ihrer Familie vorgeschwärmt. Ich dachte, es sei nur Gerede, aber nachdem ich Sie alle kennengelernt habe, sehe ich, dass Noelle in ihrem Lob noch viel zu bescheiden war. Der Tag mit Ihnen hat mir eine Vorstellung davon gegeben, was Familie bedeutet. Sie könnte eines Tages das Vorbild für meine eigene Familie sein.“
Er hatte seine Rede nicht geplant, und nun offenbarte sie mehr, als ihm lieb war. Dennoch stimmte es: Vielleicht glaubte er nicht an die wahre Liebe zwischen Mann und Frau, aber er glaubte an die Familie.
Er sah, wie Bob und Jane strahlende Blicke miteinander tauschten und ihrer Tochter zunickten. Offensichtlich akzeptierten sie ihn als Schwiegersohn.
Auf einmal fühlte er sich ganz mies. Zum ersten Mal begann er zu zweifeln, ob er wohl das Richtige tat, wenn er zwei durch und durch anständige Menschen betrog. Was für Konsequenzen würden sich daraus später für Noelle ergeben?
Am folgenden Wochenende, bei der Ankunft in Las Vegas auf dem Flughafen, stand ein Chauffeur am Ende der Rolltreppe, ein Schild mit der Aufschrift „Hunter“ in einer Hand.
Jetzt fühlte sich Noelle von der Realität überwältigt. In nur
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