Von Liebe und Gift
machen. Doch da er sich noch ganz entspannt fühlte, wie in Watte gepackt und irgendwie ganz irreal, spürte er lediglich ein schlechtes Gewissen.
Um den Streit endlich beizulegen, rückte er mit der Sprache heraus.
„Ich bin nicht freiwillig zu Dirk gegangen“, erklärte er, „das musst du mir glauben.“
Gero trocknete seine Tränen. Er setzte sich aufrecht hin und schluckte verkrampft.
„Und wie bist du dann in seine Wohnung gekommen?“
Neal senkte den Kopf. Ihm war es sichtlich peinlich, darüber zu reden. Er wich Geros Blick förmlich aus, ja, er stand sogar auf, um die Gardine am Fenster zuzuziehen.
„Nachdem ich die Tür bei Francis aufbekommen habe, bin ich weg und habe mir was gespritzt“, gestand er dann voller Reue. „Ich war beim Bahnhof, bin da wohl ohnmächtig geworden …“ Er griff sich an den Kopf. Nein, er konnte sich tatsächlich an keine Einzelheiten erinnern.
„Ich kann von Glück sagen, dass mich Dirk dort gesehen hat. Er hat mich mit zu sich genommen, mehr nicht.“
Neal kam zurück ins Bett. Nun war es raus.
„Aber, wieso hast du mir das nicht gleich erzählt?“, fragte Gero, wie erwartet.
Auch jetzt blieb Neal sachlich. Er hatte einfach keine Lust mehr zu lügen.
„Es war mir unangenehm“, sagte er. Unzufrieden verzog er das Gesicht. „Erst schaffe ich den Entzug nicht, dann hau ich einfach ab, hintergehe euch … und dann …“
Er schüttelte den Kopf, schien selbst den Tränen nahe.
„Ich bin so ein Versager!“, brach es aus ihm heraus. „Ich bereite dir nur Kummer, nur Sorgen! Das hast du nicht verdient!“
Verzweifelt sah er in Geros Augen, in denen die Tränen noch feucht glänzten. „Dabei liebe ich dich so“, sprach Neal weiter. „Ich liebe dich, wie nie zuvor! So sehr!“
Wie von Sinnen beugte er sich vor, um Gero zu küssen. Sie sanken zurück auf das Bett, wo sie sich stürmisch zu wälzen begangen.
Neals Hände waren plötzlich überall. Gero ächzte. Er ließ sich willig küssen und ausziehen. Als er Neal auf sich spürte, umschloss er ihn mit seinen Armen.
„Sag, dass du mich liebst!“, forderte Neal daraufhin, „bitte, sag es!“
„Ich liebe dich!“, erwiderte Gero. Er konnte sich kaum bewegen in Neals festem Griff.
„Sag es noch mal!“
„Ich liebe dich!“ Wieder schossen Gero die Tränen in die Augen.
„Lauter!“, flehte Neal. Es klang regelrecht verzweifelt.
„Ich liebe dich!“
Geros Tränen lösten sich und rannen seine Wange herunter. Er schloss die Augen. Dann spürte er Neals Lippen, die die Tränen wegküssten. Ihre Körper waren längst warm geworden.
Gero wurde sanft auf den Bauch gedreht. Und noch während ihm die Tränen über das Gesicht liefen, bemerkte er Neals Finger an seinem Spalt. Sie strichen zärtlich darüber, verteilten dort reichlich Gleitmittel. Schließlich vernahm er den warmen Atem von Neal an seinem Ohr, den schlanken Körper auf seinem Rücken. Neal stöhnte leise, aber angestrengt. Wieder bemerkte er, dass er für Sex eigentlich viel zu schwach war, aber er musste Gero haben, jetzt, sofort … Vielleicht war es das letzte Mal?
Er schob sich langsam in ihn hinein und fuhr dann fort, mit sanften Stößen …
Thilo fuhr Schritttempo und kurbelte dabei mühselig die Scheibe seines alten Opel Corsas herunter. „Hey, Nicholas!“, rief er dem Jungen zu, „wieso hast du nicht gewartet?“
Er war sichtlich gestresst. Immerhin sollte er Francis’ Sohn wie abgemacht vom Hort abholen, doch der Junge war einfach, ohne auf Thilo zu warten, alleine losgegangen.
„Ich find den Weg schon“, sagte Nicholas und grinste breit. „Außerdem wollte ich noch zu Papi.“
Thilo nickte. „Das trifft sich gut“, entgegnete er und hielt nah am Bordstein an. „Steig ein, dann fahren wir gemeinsam hin, Partner!“
Nicholas stieg ein. Er hörte auf Thilo, wusste er doch genau, dass der in der Öffentlichkeit seinen eigentlichen Vater symbolisierte. Doch es wurde meist nicht drüber gesprochen, und die beiden hatten eher ein freundschaftliches Verhältnis zueinander.
Als sie an Neals Haus ankamen, flitzte der kleine Junge sofort in den Garten, durch die Terrassentür ins Wohnzimmer.
Thilo plauderte eine Weile mit Diener Ralph, bis er folgte.
Er sah Nicholas vor dem Tresen im Wohnbereich stehen. Auf einem der Barhocker saß Neal, der lächelnd ein kleines Schulheft musterte.
„Oh, schon wieder eine Eins in Mathe“, staunte Neal, mit der Hand fuhr er sich über das Gesicht, als
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