Von Mäusen und Menschen
uns ’ne andre lausige Arbeit für ’n paar Groschen wie diese. Weißt nich, daß wir unsre eigne Farm ha’m, auf die wir gehn können, un unser eignes Haus. Wir brauchen nich hier zu bleiben. Wir ha’m ’n Haus und Hühner und Obstbäume un ’n Hof hundertmal hübscher als das hier.
Un Freunde ha’m wir, jawoll. Kann sein, daß es mal ’ne Zeit gegeben hat, wo wir Angst hatten, wir würden kaltge-stellt, aber das is vorbei. Wir ha’m unser eignes Land, un
’s is unsers, un wir können hingehn.«
Curleys Frau lachte auf. »Lügenmärchen«, sagte sie.
»Hab zu viel von eurer Sorte gesehn. Wenn ihr in der Welt zwei Groschen besitzt, dann bestellt ihr euch zwei Glas Branntwein dafür und trinkt se bis auf ’n letzten Tropfen aus. Ich kenn euch Burschen.«
Candys Gesicht war feuerrot geworden; aber bevor sie zu Ende war, hatte er sich selbst wieder in der Gewalt. Er war Herr der Situation. »Ich hätte das wissen sollen«, sagte er sanftmütig. »Wär aber doch gescheiter, Sie machen sich auf die Socken. Wir sagen Ihnen nichts mehr. Wir wissen, was wir ha’m, un es is uns gleich, ob Sie’s wissen oder nich. So is es vielleicht besser, Sie trollen sich sofort, denn ’s kann sein, daß Curley es nich gern sieht, wenn seine Frau draußen in der Scheune mit uns Tölpeln is.«
Sie sah von einem zum andern und alle Mienen waren ablehnend ihr gegenüber. Am längsten schaute sie Lennie an, bis er vor Verlegenheit die Augen senkte. Plötzlich sagte sie: »Woher hast du die Beulen im Gesicht?«
Lennie schaute schuldbewußt auf. »Wer – ich?«
»Aber ja, du!«
Lennie blickte Candy hilfesuchend an, und dann schaute er wieder in seinen Schoß. »Seine Hand is in ’ne Maschine geraten«, sagte er.
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Curleys Frau lachte wieder. »Stimmt, Maschine. Ich rede noch mit dir. Maschinen hab ich gern.«
Candy fiel ihr ins Wort. »Laß du den Burschen hier in Ruh. Mach du kein dummes Zeug mit ihm. Ich werde George erzählen, was du sagst. George will’s nich haben, daß du Dummheiten mit Lennie machst.«
»Wer is George?« fragte sie. »Der Kleine, mit dem du gekommen bist?«
Lennie lächelte glücklich. »Das is er. Das is der Bursche, un er wird mich de Kaninchen versorgen lassen.«
»Na, wenn’s das is, was du wünschst, so kann ich ja selbst ’n paar Kaninchen anschaffen.«
Nun stand Crooks von seinem Lager auf und blickte ihr grad ins Gesicht. »Hab es satt«, sagte er kalt. »Hast kein Recht, in die Stube eines Farbigen zu kommen. Hast hier gar nichts zu suchen. Jetz machste, daß du rauskommst, und zwar schnell. Wenn nich, dann wer’n wir dem Chef sagen, er soll dich nie mehr nich in de Scheune kommen lassen.«
Sie wandte sich höhnisch zu ihm. »Hör, du Nigger, weißt du, was ich dir antun kann, wenn ich …«
Crooks starrte sie hoffnungslos an, und dann setzte er sich auf seine Schlafstelle und sank in sich zusammen.
Sie stellte sich dicht vor ihn. »Du weißt, was ich tun kann?«
Crooks schien kleiner zu werden, und er drückte sich an die Wand. »Ja, ich weiß.«
»Also, bleib auf deinem Platz, Nigger. Es wär so leicht, dich mit ’m Strick um ’n Hals an ’nem Baum zappeln zu lassen, daß es nich mal mehr Spaß machen würde.«
Crooks war zu einem Nichts zusammengeschrumpft. Da war keine Persönlichkeit mehr, kein Ich – nichts, was Beifall oder Mißfallen erregen konnte. »Ja«, sagte er mit ton-loser Stimme.
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Einen Augenblick stand sie über ihm, als warte sie, daß er sich rührte, so daß sie ihm noch einen Hieb versetzen könnte. Aber Crooks lag vollkommen ruhig da, die Augen abgewandt, alles Verletzbare gleichsam nach innen gezogen. So wandte sie sich schließlich den beiden anderen zu.
Der alte Candy beobachtete sie wie gebannt. »Wenn du so was tätest, so würden wir’s erzählen. Wir würden er-zählen, wie du Crooks bearbeitet hast.«
»Erzählt nur, Gott verdamm euch«, schrie sie. »Keiner würde auf euch hören, und ihr wißt es. Keiner hörte auf euch.«
Candy gab sich besiegt. »Nein«, gab er zu. »… Keiner würde auf uns hören.«
Lennie jammerte: »Wäre doch George hier. Wäre doch George hier.«
Candy lief zu ihm hinüber. »Gräm du dich nich«, sagte er. »Hab eben die Jungs reinkommen hören. Wetten, daß George schon im Schlafsaal is.« Er kehrte sich um zu Curleys Frau. »Du tust am besten, jetz nach Haus zu gehn.
Wenn du jetz sofort gehst, so werd’n wir Curley nix davon sagen, daß du hier warst.«
Sie sah ihn kühl an, als wollte sie ihn
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