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Von Mäusen und Menschen

Von Mäusen und Menschen

Titel: Von Mäusen und Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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abschätzen. »Bin nich sicher, daß du was gehört hast.«
    »Besser, du baust nich auf ’n Zufall. Wenn du nich sicher bist, so is Vorsicht das beste.«
    Sie wandte sich an Lennie. »Bin froh, daß du Curley ’n bißchen verhauen hast. Er hat sich’s selber zuzuschreiben.
    Manchmal wünschte ich, ich könnt ihn selber verhauen.«
    Sie schlüpfte zur Tür hinaus und verschwand im Dunkel der Scheune. Und während sie durch die Scheune ging, klirrten die Halfterketten, einige Pferde schnaubten, und andre stampften mit den Füßen.
    Langsam schien sich Crooks aus den Schutzschichten, die er um sich gelegt hatte, wieder herauszuwinden. »War 88
    das wahr, was du sagtest, daß die Jungs zurückgekommen sind?« fragte er.
    »Sicher, ich habe se gehört.«
    »So – ich hab nix gehört.«
    »Das Tor ist zugeschlagen«, sagte Candy, und er fuhr fort: »Jesus Christus, Curleys Frau kann aber leise treten.
    Wird wohl viel Übung ha’m.«
    Crooks wollte sich auf nichts mehr einlassen. »Vielleicht geht ihr jetzt besser auch. Ich weiß nich, ob ich euch gern noch lange hier haben möchte. Selbst ein Farbiger muß gewisse Rechte haben, auch wenn er sich aus diesen Rechten nichts macht.«
    Candy sagte: »Das hätte diese Hure dir nich sagen dürfen.«
    »Hat nix zu bedeuten«, sagte Crooks trübsinnig. »Daß ihr Burschen zu mir reinkamt und bei mir saßt, hatte mich’s vergessen lassen. Was sie sagte, is wahr.«
    Die Pferde schnaubten draußen in der Scheune, und die Ketten klirrten, und dazwischen rief eine Stimme: »Lennie! O Lennie! Biste in der Scheune?«
    »Das is George«, rief Lennie aus. Und er antwortete:
    »Hier, George! Hier bin ich!«
    Im nächsten Augenblick stand George im Türrahmen und sah mißbilligend drein. »Was tuste in Crooks’ Stube.
    Du solltest nich hier sein.«
    Crooks nickte. »Hab’s ihnen gesagt, aber sie sind doch reingekommen.«
    »Na, warum se nich raussetzen?«
    »Lag mir nix dran, Lennie is ’n netter Kerl.«
    Jetzt erhob sich Candy. »O George! Ich hab gerechnet un gerechnet. Hab ausgeklügelt, wie wir aus den Kaninchen Geld ziehen können.«
    George sah böse aus. »Hab euch doch gesagt, ihr solltet niemand was davon sagen.«

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    Candy fiel in sich zusammen. »Hab zu niemand was gesagt außer zu Crooks.«
    George sagte: »Also, ihr zwei geht jetz hier raus. Jesus, ich kann scheint’s nich ’ne Minute weggehn.«
    Candy und Lennie standen auf und gingen zur Tür. Da rief Crooks: »Candy!«
    »Was?«
    »Weißte, was ich gesagt hab wegen Umgraben und aller-lei Arbeit tun?«
    »Ja«, sagte Candy, »weiß noch.«
    »Dann vergiß es«, sagte Crooks. »War mir nich ernst. Hab bloß Unsinn gemacht. Möchte an keinen solchen Ort gehn.«
    »Also, auch recht, wenn du so willst. Gute Nacht.«
    Die drei Männer gingen zur Tür hinaus. Als sie durch den Stall gingen, schnaubten die Pferde und die Halfterketten klirrten.
    Crooks saß auf seiner Schlafkiste und blickte einen Augenblick zu der Tür. Dann nahm er die Flasche mit dem Mittel zum Einreiben hervor. Er zog sein Hemd am Rük-ken etwas heraus, goß ein wenig von der Flüssigkeit in seine rosige Handfläche, griff damit nach hinten und begann langsam seinen Rücken einzureiben.

    V

    Am einen Ende der Scheune war frisches Heu hoch aufge-stapelt, und über dem Stapel hing die vierzackige Heuga-bel an ihrem Kloben. Wie ein Berghang senkte sich das Heu nach dem andern Ende der Scheune zu, wo noch eine ebene Stelle der neuen Ernte harrte. An der Seite waren 90
    die Futterhaufen sichtbar, und zwischen den Holzstreifen konnte man die Köpfe der Pferde sehen.
    Sonntagnachmittag. Die Pferde knabberten an den Re-sten ihrer Heubündel, stampften mit den Füßen, bissen auf das Holz der Krippen und rasselten mit den Halfterketten.
    Die Nachmittagssonne fiel schräg durch die Spalten der Scheunenwände herein und lag in hellen Streifen auf dem Heu. Ein Fliegengesumme war in der Luft, wie das Sum-men eines trägen Nachmittags.
    Von draußen erklang der Lärm des Hufeisenspiels: das Anschlagen an den Spielpflock und die Zurufe der Leute, bald ermutigend, bald höhnend. Aber in der Scheune war es still, durchsummt, träge und warm.
    Einzig Lennie war in der Scheune, und Lennie saß im Heu neben einer Frachtkiste an dem noch nicht aufgefüllten Ende der Scheune. Er saß im Heu und betrachtete ein totes Hundejunges, das vor ihm lag. Lange sah er es an, und dann legte er seine riesige Hand darauf und streichelte es, den ganzen Körper entlang.
    Und er sagte

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