Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
von öffentlich zugänglichen Computern in Bibliotheken oder Internet-Cafés oder so etwas eingerichtet.«
» Und in diesem Fall?«
» In diesen Gesprächen wurde unter anderem ein E-Mail-Postfach erwähnt, das vor acht Monaten in der Mark-Twain-Bibliothek in Redding, Connecticut, eingerichtet worden ist. Redding ist höchstens zehn Meilen von Danbury entfernt.«
Ich überlegte. » Es ist besser als nichts.«
» Ja. Und mehr noch: Die Bibliothek wird von der örtlichen Privatschule, der Carver Academy, genutzt. Wir könnten das Glück haben, dass Ihre › Carrie‹ dort zur Schule geht.«
» Können Sie das überprüfen?«
» Ich habe schon eine Anfrage gestellt. Bis dahin: Redding ist nur rund anderthalb Stunden von hier entfernt. Wir könnten hinfahren und das Foto herumzeigen.«
» Soll ich fahren?«
Berleand sagte: » Das wäre wohl das Beste.«
36
Ich überredete Terese, in Wins Apartment in Manhattan zu bleiben – keine leichte Aufgabe – für den Fall, dass wir in der Stadt etwas brauchten. Ich versprach ihr, sofort anzurufen, wenn wir etwas erfuhren. Sie ließ sich widerstrebend darauf ein. Wir brauchten nicht alle Leute da oben in Connecticut, mussten mit unseren Ressourcen haushalten. Win würde in der Nähe bleiben, vor allem um Terese zu schützen, aber die beiden konnten unterdessen auch noch ein paar andere Hinweise verfolgen. Der Schlüssel für das Ganze war vermutlich › Save the Angels‹. Wenn wir an deren Akten herankamen, konnten wir Carries vollständigen Namen und ihre Adresse erfahren, feststellen, wer ihre Adoptiv-, Leih- oder Wie-auch-immer-Eltern waren und darüber vielleicht auch Carrie ausfindig machen.
Auf der Fahrt nach Norden fragte Berleand: » Waren Sie je verheiratet?«
» Nein. Sie?«
Er lächelte. » Vier Mal.«
» Wow.«
» Am Ende stand immer die Scheidung. Aber ich bereue nicht eine einzige meiner Ehen.«
» Würden Ihre Exfrauen das auch sagen?«
» Da habe ich gewisse Zweifel. Aber ich bin mit allen befreundet. Ich bin nicht gut darin, Frauen bei Laune zu halten, ich kann sie nur gut umwerben.«
Ich lächelte. » Das hätte ich von Ihnen gar nicht erwartet.«
» Weil ich nicht attraktiv genug bin?«
Ich zuckte die Achseln.
» Aussehen wird überschätzt«, sagte er. » Aber wissen Sie, was ich habe?«
» Lassen Sie mich raten. Einen tollen Sinn für Humor, stimmt’s? Laut diverser Frauenmagazine ist Sinn für Humor die wichtigste Eigenschaft, die sie bei einem Mann suchen.«
» Klar, natürlich. Und der Scheck ist in der Post«, sagte Berleand.
» Das ist es also nicht?«
» Ich bin ein sehr witziger Mann«, sagte er. » Aber nein, das ist es nicht.«
» Was dann?«, fragte ich.
» Das habe ich Ihnen schon gesagt.«
» Sagen Sie es mir nochmal.«
» Charisma«, sagte Berleand. » Ich habe ein fast übernatürliches Charisma.«
Ich lächelte. » Da lässt sich kaum was gegen sagen.«
Redding war ländlicher, als ich erwartet hatte, ein verschlafener, zurückhaltender Ort mit alten Gebäuden in typisch neu-englischer, puritanischer Architektur, ein paar aufgemotzten, postmodernen Fertighäusern am Stadtrand, Antiquitätenläden und altmodischen Farmen außen herum. Über der grünen Tür der bescheidenen Bibliothek hing eine Tafel mit der Aufschrift:
Mark Twain Library
Und darunter in kleineren Buchstaben:
Geschenk von Samuel L. Clemens.
Ich fand das seltsam, hatte jetzt aber keine Zeit, mich darum zu kümmern. Wir gingen zum Ausleih-Tresen.
Da Berleand eine offizielle Marke hatte, auch wenn wir weit außerhalb seines Bezirks waren, ließ ich ihm den Vortritt. » Hallo«, sagte er zur Bibliothekarin. Auf ihrem Namensschild stand » Paige Wesson«. Sie sah mit stumpfem Blick zu ihm auf, als hätte er gerade versucht, ein längst überfälliges Buch abzugeben, und eine überaus lahme Entschuldigung dafür vorgebracht, die sie schon tausend Mal gehört hatte. » Wir suchen nach diesem vermissten Mädchen. Haben Sie sie schon einmal gesehen?«
Er hielt seine Marke in der einen, das Foto des blonden Mädchens in der anderen Hand. Die Bibliothekarin sah zuerst auf die Marke.
» Sie sind aus Paris«, sagte sie.
» Ja.«
» Sieht das hier aus wie in Paris?«
» Nicht mal annährend«, stimmte Berleand zu. » Aber es gibt internationale Verwicklungen. Das Mädchen wurde zuletzt in meinem Zuständigkeitsbereich gesehen. Sie war offensichtlich nicht aus freien Stücken da. Wir glauben, dass sie hier in der Bibliothek einen Computer benutzt
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