Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
wieder so komisch umgeguckt, hat wohl total Angst davor gehabt, dass ihre Freundinnen uns zusammen sehen. Ich bin mir wie der letzte Loser vorgekommen, aber manchmal ist das auch nur so ein Ding zwischen den Leuten hier aus dem Kaff und den Privatschülern. Ich weiß nicht. Das dachte ich jedenfalls. Wenigstens am Anfang. Wir haben uns dann noch ein paar Mal getroffen. Sie ist mit ihren Freundinnen in die Bibliothek gekommen, dann sind wir irgendwie heimlich hinten raus und haben einfach nur geredet und Musik gehört. Irgendwann hab ich ihr dann von einer Band erzählt, die in Norwalk spielt. Ich hab sie gefragt, ob sie mitkommen will. Sie ist voll blass geworden. Hatte tierisch Schiss. Ich hab gesagt, sie soll cool bleiben und dass sie ja auch nicht mitkommen muss, aber irgendwann meinte sie dann, dass wir es vielleicht versuchen können. Ich hab gesagt, dass ich sie zu Hause abholen kann. Da ist sie total ausgeflippt. Ich meine, echt total.«
Langsam wurde es kühl. Berleand beendete sein Telefonat. Er drehte sich zu uns um, sah unsere Gesichter und wusste, dass es besser war, wenn er sich fernhielt.
» Und was ist dann passiert?«
» Sie hat gesagt, dass ich hinten am Ende der Duck Run Road auf sie warten soll. Sie wollte um neun da sein. Also bin ich kurz vor neun hingefahren und hab da geparkt. Es war echt dunkel. Die Straße hat keine Laternen und ist auch sonst stockfinster. Ich hab auch kein Licht gemacht, nur im dunklen Wagen gesessen und gewartet. Irgendwann war’s dann Viertel nach neun. Plötzlich hör ich ein Geräusch, die Tür neben mir wird aufgerissen, und jemand zieht mich aus dem Wagen.«
Ken brach ab. Wieder hatte er Tränen in den Augen. Er wischte sie weg.
» Dann haut mir jemand voll aufs Maul. Hat mir zwei Zähne rausgeschlagen.« Er zeigte es mir. » Die zerren mich vom Wagen weg. Ich weiß nicht genau, wie viele das waren, aber wahrscheinlich so vier oder fünf Typen. Ich geh nur noch in Deckung, Sie wissen schon, ich roll mich zusammen und leg die Hände vors Gesicht und denke, ich muss sterben. Dann drehen die mich auf den Rücken und halten mich fest. Ich seh immer noch keine Gesichter– und ehrlich gesagt, Mann, ich will das auch gar nicht. Einer hält mir ein Messer direkt vors Gesicht und sagt: › Sie will nicht noch einmal mit dir reden. Wenn du auch nur ein Wort darüber erzählst, was hier passiert ist, bringen wir deine Familie um.‹«
Ken und ich saßen einfach da und sagten einen Moment lang nichts. Ich sah zu Berleand hinüber. Er schüttelte den Kopf. Keine Informationen über eine Carrie Steward.
» Das war alles«, sagte er. » Seitdem hab ich sie nicht mehr gesehen. Auch die anderen Mädels nicht, mit denen sie unterwegs war. Die waren auf einmal alle irgendwie verschwunden.«
» Hast du das jemandem erzählt?«
Er schüttelte den Kopf.
» Und wie hast du deinen Lehrern und Freunden die Verletzungen erklärt?«
» Ich hab erzählt, dass ich nach dem Konzert überfallen worden bin. Sie verraten doch niemandem, dass ich Ihnen das erzählt habe, oder?«
» Nein«, versprach ich. » Aber ich muss sie finden, Ken. Hast du irgendeine Ahnung, wo Carrie sein könnte?«
Er antwortete nicht.
» Ken?«
» Ich hab sie gefragt, wo sie wohnt. Sie wollte es mir nicht sagen.«
Ich wartete.
» Aber ein Mal…«, er stoppte und holte tief Luft, » …bin ich ihr nachgegangen, als sie aus der Bibliothek kam.«
Ken sah zur Seite und blinzelte.
» Dann weißt du, wo sie gewohnt hat?«
Er zuckte die Achseln. » Kann sein. Ich weiß nicht. Ich glaub nicht.«
» Kannst du mir zeigen, wohin du ihr gefolgt bist?«
Ken schüttelte den Kopf. » Ich kann Ihnen den Weg beschreiben«, sagte er. » Aber ich will da nicht mit hingehen, okay? Eigentlich will ich jetzt erst mal nach Hause.«
38
An der Kette, die uns den Weg versperrte, hing ein Schild mit der Aufschrift: Privatstrasse .
Wir fuhren auf der Hauptstraße ein Stück weiter und hielten hinter der nächsten Kurve. Wir befanden uns zwischen einem Wald und ein paar Getreidefeldern. Unsere verschiedenen Quellen hatten bisher nichts über Carrie Steward herausbekommen. Vielleicht war es ein Pseudonym, trotzdem suchten alle noch. Esperanza rief an und sagte: » Ich hab was, das dich vielleicht interessiert.«
» Erzähl.«
» Du hast einen Dr. Jiménez erwähnt, der als Assistenzarzt für Dr. Cox gearbeitet hat, als der dabei war, CryoHope zu gründen.«
» Ja?«
» Jiménez hat Verbindungen zu › Save the Angels‹. Er
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