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Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost

Titel: Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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ganz unrecht. Warum war ich nicht zu ihr gegangen? Oder, um ganz genau zu sein– warum hatte ich nicht zu ihr gehen können?
    » Weil es mir wehgetan hätte«, sagte ich.
    Win wandte sich ab, als ob damit alles gesagt wäre. Das war es nicht. Ich weiß, dass viele Leute glauben, Win pflege seinen Frauenhass, um sich zu schützen, ich hatte ihm das jedoch nie so ganz abgenommen. Die Antwort war mir einfach zu platt.
    Er sah auf die Uhr. » Einen Drink noch«, sagte Win. » Und dann gehe ich ins andere Zimmer, weil– ach, der wird dir gefallen– Mia so geil ist.«
    Ich schüttelte den Kopf. Das Hoteltelefon klingelte. Win nahm den Hörer ab, meldete sich, hörte einen Moment zu, dann legte er wieder auf.
    » Wie müde bist du?«, fragte er.
    » Wieso? Was gibt’s?«
    » Der Polizist, der Tereses Autounfall damals bearbeitet hat. Er heißt Nigel Manderson und ist inzwischen im Ruhestand. Einer meiner Männer hat mir gerade mitgeteilt, dass er sich zurzeit in einem Pub in der Nähe der Coldharbour Lane volllaufen lässt. Falls du mit ihm reden willst.«
    » Dann wollen wir mal«, sagte ich.



14
    Coldharbour Lane ist eine ungefähr anderthalb Kilometer lange Straße im Süden Londons, die Camberwell und Brixton verbindet. Die Limousine setzte uns an einem ziemlich belebten Laden namens Sun and Doves in Camberwell ab. Die zweite Etage des Gebäudes reichte nur über die Hälfte der ersten, was aussah, als ob die Bauarbeiter keine Lust mehr gehabt hätten oder der Architekt sich gedacht hätte: › Ach, was soll’s, mehr Platz braucht man da sowieso nicht.‹
    Wir gingen ungefähr einen Block weiter und bogen in eine Gasse ein. Wir kamen an einem altmodischen Head Shop und einem Bioladen vorbei, der noch geöffnet war.
    » Die Gegend hier ist berüchtigt für Drogenhandel und Bandenkriminalität«, sagte Win wie ein Reiseleiter. » Der Spitzname der Coldharbour Lane lautet– jetzt pass auf– Crackharbour Lane.«
    » Die Gegend mag für Drogenhandel und Bandenkriminalität berühmt sein«, sagte ich, » aber gewiss nicht für ihre kreativen Spitznamen.«
    » Was erwartest du von Drogenhändlern und Mitgliedern krimineller Banden?«
    Die Gasse war dunkel und schmutzig, und ich fürchtete die ganze Zeit, dass Bill Sikes und Fagin irgendwo an eine dunkle Backsteinmauer gedrückt auf uns lauerten. Wir erreichten einen heruntergekommenen Pub namens Careless Whisper. Mir ging sofort der alte George Michael/Wham!-Song mit der inzwischen berühmten Textzeile durch den Kopf, die erklärte, dass der untröstliche Lothario nie wieder tanzen können würde, denn » guilty feet have got no rhythm.« Tiefsinn der Achtziger. Ich ging allerdings davon aus, dass der Name nichts mit dem Song zu tun hatte, sondern eher auf Indiskretionen anspielte.
    Da lag ich falsch.
    Als wir die Tür aufstießen, kam ich mir vor, als beträte ich eine vergangene Dimension. Der alte Madness-Klassiker » Our House« ergoss sich auf die Straße, während zwei Paare uns Arm in Arm entgegenkamen, allerdings wohl eher nicht aus Zuneigung, sondern vielmehr, um sich gegenseitig zu stützen. Der Geruch von Bratfett lag in der Luft. Der Boden klebte. Es war laut und voll, und offensichtlich war ein wie auch immer geartetes Nichtraucherschutzgesetz in diesem Land noch nicht bis in diesen Pub vorgedrungen. Was vermutlich auch auf viele andere Gesetze zutraf.
    Der ganze Laden war im New-Wave-Stil gehalten– also ziemlich altmodisch– und stolz darauf. Auf dem Großbildfernseher war ein trotziger Judd Nelson in Der Frühstücksclub zu sehen . Die Kellnerinnen manövrierten in schwarzen Kleidern, grellem Lippenstift, nach hinten gegelten Haaren und fast weißen Gesichtern wie aus dem japanischen Kabuki-Theater durch die ausgelassene Menschenmenge. Sie hatten Gitarren um den Hals hängen. Wahrscheinlich sollten sie aussehen wie die Models im Robert-Palmer-Video » Addicted to Love«, waren allerdings schon… äh… etwas reifer und weniger attraktiv. Als hätte man ein Remake des Videos mit der Besetzung der Golden Girls gedreht.
    Madness hörte auf, uns von ihrem Haus in der Mitte der Straße zu erzählen, und Bananarama legte los und bot an, unsere » Venus, our fire at our desire« zu sein.
    Win stieß mich kurz an. » Das Wort › Venus‹.«
    » Was«, schrie ich.
    » Als ich jung war«, sagte Win, » dachte ich, sie singen › I’m you’re penis.‹ Das hat mich verwirrt.«
    » Vielen Dank, dass du das mit mir geteilt hast.«
    Die Einrichtung mochte zwar

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