Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
das nicht zu erklären«, sagte Terese.
» Ja, wahrscheinlich nicht.«
Sie sagte es nicht rechtfertigend, wollte keine Verzeihung oder Verständnis. Beide schienen zu wissen, was passiert war.
Terese sagte: » Schade, dass es für euch beide kein besseres Ende genommen hat.«
» Wir haben einen Sohn«, sagte sie. » Matthew. Er ist vier Jahre alt.«
» Hab ich gehört.«
» Und wie hast du von dem Mord erfahren?«
» Ich war in Paris«, sagte Terese.
Das zog eine Reaktion Karens nach sich. Sie blinzelte und rückte etwas weg. » Warst du die ganze Zeit da?«
» Nein.«
» Dann versteh ich das nicht.«
» Rick hat mich angerufen«, sagte Terese.
» Wann?«
Terese erzählte ihr von Ricks Anruf. Karens Gesicht, das sowieso schon wie eine Totenmaske ausgesehen hatte, wurde noch bleicher.
» Rick hat dich aufgefordert, nach Paris zu kommen?«, fragte Karen.
» Ja.«
» Was wollte er?«
» Ich hatte gehofft, dass du mir das erzählen kannst«, sagte Terese.
Karen schüttelte den Kopf. » Wir haben in letzter Zeit nicht viel miteinander gesprochen. Wir hatten eine ziemlich schwierige Phase. Rick war sehr in sich gekehrt. Ich hatte irgendwie gehofft, dass es nur daran liegt, dass er an einer großen Geschichte arbeitet. Du weißt ja, wie er in solchen Situationen war.«
Terese nickte. » Wie lange war er schon so?«
» So ungefähr drei oder vier Monate– seit sein Vater gestorben ist.«
Terese erstarrte. » Sam?«
» Ich dachte, du hättest das mitgekriegt.«
» Nein«, sagte Terese.
» Im Winter, ja. Er hat eine Packung Tabletten geschluckt.«
» Sam hat Selbstmord begangen?«
» Er war krank. Irgendetwas Tödliches, Unheilbares. Er hat es uns mehr oder weniger verheimlicht. Rick wusste überhaupt nicht, wie schlimm es geworden war. Wahrscheinlich war es am Ende aber schon sehr weit fortgeschritten, so dass er beschlossen hat, das unausweichliche Ende vorzuziehen. Rick war völlig am Boden zerstört, dann hat er aber eine neue, große Recherche angefangen. Zum Teil habe ich wochenlang nichts von ihm gehört. Wenn ich gefragt habe, woran er arbeitet, ist er in die Luft gegangen, dann schnell wieder ganz lieb geworden, aber er hat’s mir nicht verraten– oder er hat mir irgendwelche Lügen erzählt.«
Terese versuchte immer noch ihre Fassung wiederzugewinnen.
» Sam war so nett«, sagte sie.
» Ich habe ihn eigentlich nie richtig kennengelernt«, sagte Karen. » Wir sind nur ein paar Mal bei ihm gewesen, und er war schon zu krank, um so weit zu reisen und uns hier besuchen zu kommen.«
Terese schluckte und konzentrierte sich wieder. » Sam hat also Selbstmord begangen, worauf Rick sich in seine Arbeit gestürzt hat?«
» So kann man das sagen, ja.«
» Und in welche Richtung er recherchiert hat, hat er dir nicht erzählt?«
» Nein.«
» Hast du Mario darauf angesprochen?«
» Der hat auch nichts verraten.«
Ich fragte nicht, wer Mario war. Ich ging davon aus, dass Terese mir das später erzählte.
Terese machte weiter. Sie kam langsam wieder in Schwung. » Hast du irgendeine Idee, worum es bei Ricks letzter Recherche gegangen sein könnte?«
Karen sah ihre Freundin an. » Wie gut warst du versteckt, Terese?«
» Ziemlich gut.«
» Vielleicht war er damit beschäftigt. Vielleicht hat er nach dir gesucht?«
» Monatelang hätte er dafür dann doch nicht gebraucht.«
» Bist du sicher?«
» Und selbst wenn, warum hätte er das tun sollen?«
» Ich bemühe mich gerade, nicht zur eifersüchtigen Ehefrau zu werden«, sagte Karen. » Aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man ein paar wichtige Entscheidungen im Leben noch einmal überdenkt, wenn der eigene Vater Selbstmord begeht.«
Terese verzog das Gesicht. » Du meinst…?«
Karen zuckte die Achseln.
» Vergiss es«, sagte Terese. » Und selbst wenn du wirklich glauben solltest, dass Rick versucht hätte… ich weiß nicht… mit mir in Kontakt zu treten oder mich zurückzugewinnen, warum sollte er mir dann erzählen, dass es sich um einen Notfall handelt?«
Karen überlegte. » Wo warst du, als er dich kontaktiert hat?«
» An einem abgelegenen Ort in Angola.«
» Und als er dir erzählt hat, wie dringend das Ganze ist, hast du alles stehen und liegen lassen und bist nach Paris aufgebrochen, stimmt’s?«
» Ja.«
Karen hob beide Hände, als wäre damit alles bewiesen.
» Rick hat mich nicht belogen, um mich nach Paris zu locken, Karen.«
Offensichtlich war Karen nicht überzeugt. Als wir hereinkamen, hatte sie
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