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Von Menschen und Monstern

Von Menschen und Monstern

Titel: Von Menschen und Monstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Tenn
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sich von allen Seiten ein drohendes Knurren erhob.
    Jemand lief zu ihm. Harriet die Geschichtenerzählerin. Ihr Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Sie faßte in ihr aufgestecktes Haar und zog die lange Nadel aus den verfilzten roten Strähnen.
    »Du Fremdgläubiger!« kreischte sie und versuchte, ihm die Augen auszustechen. »Du dreckiger, gemeiner Ketzer!«
    Rasch riß Eric den Kopf zur Seite, aber schon sprang sie wieder auf ihn los. Seine Wachen drängten sie zurück, aber es gelang ihr doch, ihm die rechte Wange mit der Nadel aufzureißen, ehe sie überwältigt wurde.
    »Laß uns auch etwas übrig!« mahnte einer der Wächter, als er wieder zu Eric zurückschlenderte. »Schließlich gehört er der gesamten Menschheit.«
    »Das ist nicht wahr!« schrie sie. »Vor allem gehört er mir. Ich sollte mich nach der Rückkehr von seinem Raubzug mit ihm paaren. Hab' ich recht, Mutter?«
    »Offiziell war nichts vereinbart«, ermahnte Rita die Schatzhüterin ihre Tochter. »War ja auch gar nicht möglich, ehe er seine Männlichkeit nicht bewiesen hatte. Du wirst eben warten müssen, bis du an der Reihe bist, Herzchen, und die Erwachsenen mit ihm fertig sind. Es wird noch genug für dich übrigbleiben.«
    Eric wurde wieder zum Eingang der kleinen Grotte gestoßen. Kaum war er drinnen, versetzte einer der Wächter ihm einen kräftigen Tritt in den Rücken, daß ihm die Luft wegblieb. Er taumelte nach vorn, versuchte, das Gleichgewicht zu wahren und schlug schließlich gegen die Rückwand der Höhle. In der Haupthöhle hinter ihm wurde gelacht. Benommen rollte er sich zur Seite.
    So hatte er sich seine Rückkehr nicht vorgestellt! Was war hier eigentlich los?
    Er wußte, wohin man ihn gebracht hatte. Es war eine winzige Höhle ohne Ausgang. Sie grenzte an die Haupthöhle der Menschheit und wurde hauptsächlich als Vorratskammer benützt. Ab und zu beherbergte sie auch einen kriegsgefangenen Ausländer, für den die Menschheit Lösegeld von seinem Stamm forderte. Bekam sie es nicht ...
    Eric mußte an die eigenartige Tribüne denken, die die Weiber vor dem Königshügel errichteten, und erzitterte. Die hartnäckig verdrängte Erinnerung hatte sich zu Wort gemeldet, und sie stimmte mit Harriets Benehmen überein – und mit der Bemerkung ihrer Mutter Rita der Schatzhüterin.
    Aber für ihn konnten sie das Ding doch nicht errichten! Er war ein Angehöriger der Menschheit, beinahe ein vollwertiger Krieger. Das taten sie nicht einmal Ausländern an, die sie im Kampf gefangen nahmen. Ein Krieger behandelte den anderen stets mit gebührender Achtung. Schlimmstenfalls verdiente er eine anständige, diskrete Hinrichtung. Mit Ausnahme ...
    »Nein!« schrie er. »Nein!«
    Am Eingang war nur ein einziger Wächter zurückgeblieben. Der drehte sich jetzt um und betrachtete ihn belustigt.
    »O doch!« sagte er. »Und ob! Wir werden großen Spaß an euch beiden haben, sobald die Frauen fertig sind.«
    Euch beiden? Zum erstenmal blickte Eric sich in der kleinen Vorratsgrotte um. Sie war beinahe leer, aber an einer Seite sah er im Licht seiner Glühlampe einen anderen Mann an der Wand liegen.
    Sein Onkel!
    Eric zog die Knie hoch und wälzte sich rasch zu ihm. Der Fallensprenger war kaum bei Bewußtsein. Eine dicke Blutkruste klebte in seinem Haar. An der rechten Schulter, über der linken Hüfte, tief in den Lenden, näßten tiefe Stichwunden.
    »Onkel Thomas«, rief Eric ihn an. »Was ist geschehen? Wer hat dich so zugerichtet?«
    Der Verwundete schlug die Augen auf. Stumpfsinnig sah er sich um. Seine kräftigen Arme zerrten an den Knoten, die ihm die Hände hinter den Rücken fesselten. Endlich entdeckte er Eric und lächelte.
    »Hallo, Eric«, murmelte er. »Toller Kampf, wie? Wie ist's denn der übrigen Truppe ergangen – konnte sich jemand retten?«
    »Keine Ahnung, das frage ich dich! Ich kam von meinem Raubzug zurück – du warst fort – die Truppe war fort. Dann komme ich hierher, und alle haben den Verstand verloren. Draußen in unseren Höhlen gehen bewaffnete Ausländer umher. Wer sind sie?«
    Tiefe Qual spiegelte sich in den Augen des Fallensprengers. »Ausländer?« fragte er leise. »Ja, in der Truppe Stephens vom kräftigen Arm haben Ausländer gekämpft. Gegen uns. Unser Häuptling – Franklin – hat sich nach unserem Aufbruch mit Ausländern in Verbindung gesetzt. Sie haben ihre Aufzeichnungen verglichen. Sie müssen schon seit langem gemeinsame Sache gemacht haben. Wenn erst ihre verdammte Väterweisheit

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